Die Lebküchnerin
die Seite legte.
»Was hat er dir angetan?«, sprach Benedicta auf das geschundene Tier ein, während sie ihm über das glatte, weiche Fell strich.
Erst als Agnes gellend um Hilfe schrie, vergaß sie das Elend des hilflosen Tieres, und ihr Kopf fuhr herum. Was sie sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Der Knecht hielt ihrer Freundin von hinten ein Messer an die Kehle und geiferte: »Besser, als die Schwester ins Kloster zurückzubringen, ist es doch, mir euch gottlose Weiber zu Willen zu machen.«
Er ließ das Messer kurz sinken, tat einen Schritt zurück und trat der Küchenmagd mit solcher Wucht ins Kreuz, dass sie stolperte und in hohem Bogen auf dem Waldboden landete.
»Agnes!«, rief Benedicta erschrocken, sprang auf und stolperte auf den Knecht zu, doch der hielt ihr die Spitze des Messers entgegen.
»Einen Schritt noch, und ich spieße Euch bei lebendigem Leib auf!«, keuchte er, bevor er sich näherte und ihr mit der anderen Hand grob ins Gesicht schlug. Er hat doch mehr Kraft als vermutet, dachte sie noch, während sie ins Straucheln geriet und mit dem Kopf gegen einen Baum schlug. Sie fiel der Länge nach hin und wunderte sich noch, dass es so weich unter ihr war, doch dann schwanden ihr die Sinne.
23
Benedicta erwachte von dem lautem Fluchen ihrer Freundin Agnes. »Du Ausgeburt einer Kröte, wenn
du das tust, bist du tot!«
Nachdem Benedicta mühsam den pochenden Hinterkopf gehoben hatte, sah sie ihre Freundin mit dem Rücken an einen Baum gedrückt stehen. Der Knecht hatte ihre Handgelenke gepackt und hielt sie fest, während sie ihn zu treten versuchte.
»Schön langsam macht es mir Spaß, du Tier!«, keuchte der Mann und ließ ihre rechte Hand los, um seine Bruche aufzubinden. Diesen Augenblick nutzte Agnes und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige, doch er brach nur in Hohngelächter aus. »Ihr seid wie ein züngelndes Feuer. Ich mag solche Weiber!«
Ehe sie sichs versah, hatte er auch ihren anderen Arm losgelassen und ihr mit der freien Hand links und rechts ins Gesicht geschlagen. Blut rann ihr aus Nase und Mund. Ihr schmerzerfülltes Aufheulen nutzte der Knecht, um sich seiner störenden Bruche zu entledigen. Das leinene Untertuch fiel zu Boden.
Obwohl Benedictas Kopf zu platzen drohte, versuchte sie aufzustehen und Agnes zu Hilfe zu eilen. Sie wusste zwar nicht genau, was der Fremde mit ihrer Freundin vorhatte, aber es war widerlich, wie er keuchte und stöhnte. Erst in dem Augenblick, als sie sich auf dem Waldboden abstützen und am Baum in die Höhe ziehen wollte, merkte sie, dass sie an etwas hängen blieb und dass es kein Waldboden war, auf dem sie kauerte, sondern ein Toter.
Es fehlte nicht viel, und sie hätte einen gellenden Schrei ausgestoßen, denn der zertrümmerte Schädel lag in einer zähen, gelben Masse, in die sie mit den Händen gegriffen hatte.
Ihr wurde übel, aber sie konnte den Brechreiz gerade noch unterdrücken, denn ein verzweifelter Aufschrei ihrer Freundin erinnerte sie daran, dass sie schnellstens etwas unternehmen musste. Sonst würde der Knecht Agnes mit Sicherheit umbringen.
Benedicta schaffte es aufzustehen, obwohl ihre Beine jeden Augenblick nachzugeben drohten und die Knie sich weich wie Grütze anfühlten. Doch leise, ganz leise setzte sie einen Fuß vor den anderen. Der Rücken des Knechtes war jetzt zum Greifen nahe, ebenso sein entblößtes Hinterteil, wie Benedicta angeekelt feststellte.
»Wag es nicht, wag es nicht!«, schrie Agnes immer wieder, während Benedicta fieberhaft überlegte, wie sie den Mann wohl am besten dazu brachte, von ihrer Freundin abzulassen. Da sah sie den Knüppel am Boden liegen, mit dem der Knecht auf den Hund eingeprügelt hatte. Vorsichtig bückte sie sich, und gerade, als sie ihn aufheben wollte, fuhr der Knecht herum und versetzte ihr einen so heftigen Tritt, dass sie kopfüber auf dem Waldboden landete. Noch während ihr Gesicht im sattgrünen Moos lag, hörte sie ein furchterregendes Knurren und dann einen Schmerzensschrei, der nicht aus Agnes’ Mund kam.
Als Benedicta sich aufrichtete, wurde sie Zeugin, wie der Hund dem Knecht ins Bein biss. So kräftig, dass Blut tropfte. Doch der Knecht bückte sich ganz plötzlich unter lautem Fluchen und hob blitzschnell sein Messer vom Boden auf. Wie von Sinnen wollte er damit auf den Hund einstechen, doch der war flink, tänzelte zur Seite und ging erneut zum Angriff über. Als Agnes die Gelegenheit zu nutzen und ihrem Peiniger zu entkommen versuchte, brüllte
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