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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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hatte sie einen glaubwürdigen Vorwand gefunden: den entlaufenen Hund und die Suche nach seinem Herrchen.
    Ein älterer Mann von auffallend kraftvoller Statur öffnete ihr die Tür.
    »Was führt dich zu mir?«, fragte er ein wenig verwundert.
    Hoffentlich hört er nicht, wie laut mein Herz klopft, dachte Benedicta und zeigte auf Artemis. »Mir ist ein Hund zugelaufen, und ich habe überall nachgefragt, wer ihn wohl vermissen könnte. Da hat man mir gesagt, er gehöre einem Fechtmeister von Ehrenreit, der bei Euch im Haus wohne. Kann ich wohl zu ihm?«
    Meister Arnolds Miene verfinsterte sich.
    »Nein, leider nicht. Er ist seit geraumer Zeit verschwunden, und wir sind in großer Sorge …«
    Benedicta konnte sich gerade noch zurückhalten, ihn zu fragen, wen er mit »wir« meinte, als eine hübsche junge Frau neben ihm auftauchte.
    »Ich hörte den Namen des Fechtmeisters. Hast du ihn gesehen? Weißt du, wo er sich aufhält.« Die Wangen der jungen Frau glühten vor Aufregung.
    »Nein … nein, ich … ich …«, stammelte Benedicta, während sie sich fragte, was die junge Frau wohl mit Julian zu tun hatte. Ihrem Verhalten nach zu schließen, stand sie ihm nahe.
    »Sie weiß nichts über ihn«, mischte sich der alte Fechtmeister ein. »Sie ist nur zu uns gekommen, weil dieser Hund angeblich Julian gehört.«
    Die Augen der jungen Frau füllten sich mit Tränen, und Meister Arnold legte ihr tröstend den Arm um die Schultern. An Benedicta gewandt, bemerkte er entschuldigend: »Meine Tochter Alisa ist mit dem Fechtmeister verlobt, musst du wissen, und sie macht sich entsetzliche Sorgen …«
    Meister Arnolds Worte rauschten an Benedicta vorbei, die Knie wurden ihr weich, und ihr dröhnte nur noch der eine Satz unbarmherzig im Ohr: Meine Tochter Alisa ist mit dem Fechtmeister verlobt …
    Dann wurde ihr schwarz vor Augen.
    Meister Arnold konnte sie gerade noch auffangen und musterte ratlos ihr wachsweißes Gesicht. Als sie die Augen aufschlug, atmete er erleichtert auf.
    »Verzeiht mir«, hauchte Benedicta. »Ich erwarte ein Kind, und da …« Sie entwand sich den Armen des Fechtmeisters und war froh, dass ihr so schnell eine Erklärung in den Sinn gekommen war. Aber auch nur deshalb, weil Agnes gestern in Ohnmacht gefallen war und die Baderin ihr erklärt hatte, dass dies bei schwangeren Frauen öfter vorkomme.
    »Willst du ins Haus kommen? Dich hinsetzen?«, fragte Alisa fürsorglich.
    »Nein, nein, es geht schon wieder. Also nichts für ungut. Wenn der Hund dem Fechtmeister nicht gehört, dann muss ich wohl weitersuchen.«
    Benedicta wollte schnell fort von hier, denn nur mit Mühe konnte sie die Tränen zurückhalten. Wenn sie sich vorstellte, dass sie mit einem Mann aus dem Kloster geflohen war, der einer anderen die Ehe versprochen hatte … Dabei mochte sie die junge Frau mit dem dichten blonden Haar vom ersten Augenblick an gern.
    Brüsk wandte sich Benedicta von Meister Arnold und Alisa ab und stolperte die Gasse hinunter, doch sie kam nicht weit.
    »Halt!«, rief ihr der alte Fechtmeister hinterher. »Wir wissen aber, wem der Hund gehört und wo du seinen Herrn findest.«
    Wenn er wüsste, wie gleichgültig mir das ist, nach dem, was ich soeben erfahren musste, schoss es Benedicta durch den Kopf, während sie kehrtmachte, als wäre nichts geschehen.
    »Dann nennt mir seinen Namen! Ich suche ihn sofort auf.« Benedicta war redlich bemüht, gefasst zu wirken. Ihr Gesicht aber war wie versteinert.
    Alisa sah Benedicta besorgt an. »Und du bist wirklich wohlauf?«
    Benedicta nickte schwach.
    »Der Hund gehört nicht dem Fechtmeister, sondern seinem Bruder«, erklärte Meister Arnold.
    »Seinem Bruder?«
    »Ja, warum schaust du so entsetzt?« Alisa musterte Benedicta durchdringend. Als käme sie ihr mit einem Mal seltsam vor.
    »Dann bringe ich ihm den Hund schnell«, erwiderte Benedicta hastig und eilte tränenblind davon. Sie fragte nicht einmal, wo er wohnte, denn sie dachte gar nicht daran, Artemis zu seinem Herrn zurückzubringen.
    Erst als Artemis mit der Schnauze gegen ihre Hand stieß, als wolle sie sie trösten, hörte sie auf zu weinen. Entschlossen wischte sie sich mit dem Ärmel der Kotte das verräterische Nass aus dem Gesicht und schlug den Weg über den Hauptmarkt ein. Den Kopf gesenkt, hetzte sie durch die Gassen. In ihr brodelte es. Wie hatte Julian sich nur so versündigen können? Nach allem, was sie soeben von Meister Arnold und dessen Tochter erfahren hatte, war es ihr nun völlig

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