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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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… ich habe ein … ein Geräusch gehört, ich … ich dachte, das käme aus der Backstube«, stotterte Gieselbert.
    »So, so«, bemerkte Meister Ebert drohend. »Dann schwör mir, dass du diese leichten Brote nicht gebacken hast.«
    »Ich habe sie nicht gebacken«, erwiderte der Sohn trotzig.
    »Das ist kein Schwur!«, brüllte der Vater und rannte ohne eine Erklärung aus der Backstube.
    Kaum war er draußen, zeigte Gieselbert sein wahres Gesicht. »Wenn du wüsstest, wie ich dich hasse. Dich und diese dumme Gans Agnes. Wärt ihr nicht gekommen, hätte Anselm Lukarde geheiratet, und Meister Burchard hätte mich als Gesellen in der neuen Bäckerei übernommen, weil sie seinem Schwiegersohn gehört hätte …« Erschrocken unterbrach er sich.
    »Ach deshalb? Du glaubtest, nach der Hochzeit hätte Meister Heller in seiner eigenen Bäckerei nichts mehr zu sagen? War es deine Rache oder die von Meister Burchard?«
    Gieselberts gesamtes Gesicht war nun mit kleinen roten Pusteln übersät.
    »Ach, was weißt du schon? Eine hergelaufene Bauerntochter, die sich als Bäckerin aufspielt. Wo gibt es denn so etwas? Aber freu dich nicht zu früh! Mein Vater wird dir nicht glauben.«
    »Bist du dir da ganz sicher?«, hallte nun die donnernde Stimme Meister Eberts durch die Backstube.
    Gieselbert zuckte zusammen, und der Vater drückte dem Sohn ein Schmuckstück in die Hand. Der sah aus, als hätte man ihm ein glühendes Eisen gegeben.
    »Schwör bei deiner seligen Mutter, dass du diese Brote nicht gebacken hast, um Meister Heller damit zu schaden!«, brüllte Meister Ebert wie von Sinnen.
    Gieselbert öffnete die Hand und starrte das Amulett an, das seiner geliebten Mutter gehört hatte. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Er klappte den Mund auf und wieder zu. Tränen traten ihm in die Augen.
    »Ich habe gesagt, du sollst schwören!«, wiederholte Meister Ebert mit kaum gezügeltem Zorn.
    Gieselbert schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Benedicta hatte fast ein wenig Mitleid mit ihm. Er war doch fast noch ein Kind. Sie war ganz sicher, dass Meister Burchard ihn dazu angestiftet hatte.
    »Gieselbert, versündige dich nicht! Lass nicht zu, dass Meister Heller zum Hohn der Menge in einem Käfig in den Fluss getaucht wird. Er hat es nicht verdient. War er jemals ungerecht dir gegenüber? Soll er sich zum Gespött der Stadt machen? Soll sein Ruf für alle Zeiten zerstört sein? Das willst du doch nicht. Gieselbert, wach auf!«
    Da brach der Lehrjunge in lautes Schluchzen aus, schleuderte das Amulett seiner Mutter von sich und warf sich vor dem Vater auf die Knie. »Bitte, Vater, vergib mir! Ja, ich habe die Brote gebacken, deretwegen Meister Heller nun im Lochgefängnis sitzt. Ich war es!«
    Der Vater zog den Sohn am Ärmel seines Hemdes hoch und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige. Und eine zweite.
    »Du Nichtsnutz«, schrie er und immer wieder, »du vermaledeiter Nichtsnutz!« Auf Gieselberts Wange zeichneten sich die fünf Finger seines Vaters ab.
    Benedicta konnte das Elend nicht länger mit ansehen. Sie blickte zur Seite und dachte plötzlich an das friedliche Leben im Kloster. Hätte ich mich so sehr nach dem Leben jenseits der Klostermauern gesehnt, wenn ich gewusst hätte, wie hart es in der Welt hier draußen zugeht? Schwester Walburga schien ihr in der Erinnerung wie ein zahnloses Ungeheuer. Sie wollte gar nicht daran denken, was ihr seitdem alles widerfahren war. Und trotz allem verspürte sie keine Reue, dass sie dem klösterlichen Leben entflohen war.
    Meister Ebert schimpfte immer noch auf seinen Sohn ein. Benedicta versuchte nicht hinzuhören, denn einige der Wörter, die er gegen seinen Sohn verwendete, hätten im Kloster schon als Gotteslästerung gegolten.
    Gieselbert wimmerte schließlich nur noch leise vor sich hin, bis sein Vater lauernd fragte: »War es Meister Burchard, der dich dazu angestiftet hat?«
    Der Lehrjunge wurde noch bleicher. »Nein, ich habe mir alles allein ausgedacht. Meister Burchard weiß nichts davon.«
    »Schwörst du?«
    »Ich schwöre, Vater.«
    »Gut, dann wirst du allein dafür büßen.«
    Benedicta konnte sich nicht helfen, sie vermochte nicht zu glauben, dass dieser Jüngling, der einen Ausschlag bekam, wenn er nur log, diesen abgefeimten Plan wirklich allein ausgebrütet hatte.
    Meister Ebert aber mahnte zum Aufbruch. Er wollte auf schnellstem Wege zum Lochgefängnis eilen, damit Gieselbert seine Lügen vor Meister Heller und vor allem vor dem Gericht

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