Die Lebküchnerin
sie meinte.
»Sie war vorhin bei uns und suchte Euren Bruder. Man hatte ihr gesagt, dass der Hund Fechtmeister von Ehrenreit gehöre, und sie verlangte ihn zu sprechen. Sagt, habt Ihr Nachricht von ihm?«
Konstantin aber hörte ihr gar nicht mehr zu. Also doch, dachte er, sie ist Benedicta und wollte Alisa über Julians Verbleib ausfragen. Welch listiges Weib!
»Wisst Ihr, wo sie wohnt?«, fragte er.
»Nein, aber wenn ich ehrlich bin – irgendetwas stimmt nicht mit ihr. Sie erlitt eine Ohnmacht, als mein Vater ihr erklärte, ich sei Julians Verlobte.«
Das konnte sich Konstantin lebhaft vorstellen. Nun verstand er auch das Gebaren der jungen Frau. Wie hintergangen musste sie sich gefühlt haben! Sein Zorn auf Julian wuchs. Und nun sollte er der Tochter des Fechtmeisters auch noch eine Botschaft überbringen, die sie sicher bitter enttäuschen würde.
»Habt Ihr etwas von ihm gehört? Wie geht es ihm?«, fragte Alisa noch einmal eindringlich.
»Ja, ich soll Euch etwas von ihm ausrichten …«, begann Konstantin zögernd.
»Wollt Ihr nicht ins Haus kommen? Dann kann mein Vater es auch gleich hören. Er macht sich ebenso große Sorgen um Julian wie ich.«
Konstantin räusperte sich. »Ich habe meinen Bruder am Sterbebett unseres Vaters gesehen. Der Tod des alten Herrn hat ihn so getroffen, dass er weit fortgegangen ist.«
Alisa wurde bleich.
»Er kann besser vergessen, wenn er durch ferne Städte zieht, so sagte er mir.«
»Ich werde warten«, seufzte Alisa hingebungsvoll.
Konstantin schluckte trocken. »Julian wird niemals mehr nach Nürnberg zurückkehren. Ich soll Euch sagen, dass Ihr damit berechtigt seid, die Verlobung zu lösen.«
»Das werde ich nicht tun«, erwiderte Alisa trotzig. »Ich weiß, dass er sein Versprechen eines Tages einlösen wird.«
»Alisa, er hat mir aufgetragen, Euch zu sagen, dass er für immer weggegangen ist.«
Die Tochter des Fechtmeisters blickte Konstantin aus großen Augen an. Tränen rollten ihr über die Wangen. »Ich werde auf ihn warten.«
»Gut, mehr kann ich nicht für Euch tun«, stöhnte Konstantin und betrachtete die junge Frau mitleidig. Sie hatte Besseres verdient, als vergeblich auf einen Mann zu warten, der sein Herz längst an eine andere verloren und sich aus dem Staub gemacht hatte.
»Komm, Artemis!« Konstantin merkte sofort, dass er sich versprochen hatte, aber insgeheim musste er zugeben: Der Name besaß in der Tat einen besseren Klang als Schwarzschnauz.
»Konstantin, sagt mir doch, was hat es mit dieser Frau auf sich? Sie ist wie eine Magd gekleidet, aber sie spricht wie eine Hochwohlgeborene. Ist Euch nichts Ungewöhnliches an ihr aufgefallen? Habt Ihr nicht gesehen, welch schöne Zähne sie hat? Welch zarte Hände, die keine Spuren harter Arbeit tragen? Welch feine Züge?« Alisa sah ihn verzweifelt an.
»Ich habe sie mir nicht so genau angesehen«, log Konstantin von Ehrenreit.
37
Verlegen trat Meister Ebert von einem Bein auf das andere, als er vor Anselm in dessen Backstube stand.
»Es tut mir so leid um deinen Vater, und es schmerzt mich, dass mein Sohn schuld an seinem Tod ist.«
Traurig wandte sich Anselm dem mächtigsten Bäcker seiner Zunft zu. »Er hatte ein schwaches Herz.«
»Anselm, du weißt genau, dass ihn das allein nicht umgebracht hat. Meister Heller war ein anständiger Bäcker, und die Aussicht, unter dem Gejohle der Menge als Betrüger in die Pegnitz getaucht zu werden, hat ihn getötet. Und wenn Gieselbert ihm nicht die leichten Brote untergeschoben hätte … Den Jungen hat der Tod seines alten Meisters übrigens bis ins Mark getroffen. Er greint wie ein Säugling, aber das geschieht ihm gerade recht.«
»Seht Ihr in ihm immer noch den Alleinschuldigen?«, mischte sich Benedicta ein, die das Bäckerhaus in der Torgasse inzwischen als ihr Zuhause betrachtete. Seit sie von Julians Verrat und dessen Tod erfahren hatte, war sie fest entschlossen, bei Agnes und Anselm zu bleiben. Und je mehr Zeit verging, desto besser gelang es ihr, ihr früheres Leben als Klosterschwester hinter sich zu lassen.
»Glaubst du denn immer noch, dass Meister Burchard dahintersteckt?«
Benedicta nickte entschieden.
»Gieselbert hat geschworen, dass er die Tat allein beging.«
»Und ich würde schwören, dass Burchard der Anstifter war«, entgegnete Benedicta kämpferisch.
»Was führt Euch eigentlich her? Ihr seid doch bestimmt nicht gekommen, um mir Euer Bedauern auszusprechen.« Misstrauisch musterte Anselm den Bäckermeister.
Meister
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