Die Lebküchnerin
nicht zum Rat gegangen ist. Stell dir vor, er hätte dich angezeigt. Das war kein Streich, sondern ein Verbrechen.«
»Aber Vater, wenn Burchard deswegen vor Gericht gestellt wird … Er hat mir geschworen, dass es mir schlecht ergeht, wenn ich den Mund zu weit aufreiße. Und schließlich hat er mich überredet und mir Geld zugesteckt.«
»An die Arbeit!«, knurrte Anselm. »Und solche Faulheiten, wie sie mein Vater durchgehen ließ, dulde ich nicht. Knete den Teig, aber hurtig!«
Gieselbert zögerte, aber sein Vater versetzte ihm eine Kopfnuss und fuhr ihn an. »Hörst du nicht, was dein zukünftiger Meister dir befiehlt?«
Benedicta, Anselm und Meister Ebert beratschlagten, was zu tun sei. Anselm war dafür, Meister Burchard beim Rat anzuzeigen, doch Meister Ebert wollte verhindern, dass Gieselbert vor dem Gericht aussagen musste, weil dann auch dem Jungen eine Strafe drohte.
In diesem Augenblick klopfte es an der Tür, und ohne eine Antwort abzuwarten, betrat Meister Burchard die Backstube. »Anselm, ich schlage dir ein Geschäft vor!«, rief er. Als er Meister Ebert bemerkte, hielt er inne. Sein Gesicht lief tiefrot an.
»Das trifft sich gut«, sagte Meister Ebert mit kalter Stimme. »Wir wollten dir auch ein Geschäft vorschlagen.«
»Ihr?«
»Ja, der Anselm und ich. Du wirst morgen auf der Versammlung in der Zunft eine flammende Rede halten, in der du bereust, so schlecht über Anselm Heller gesprochen zu haben, und in der du die Empfehlung aussprichst, dass er das Bäckerhaus seines Vaters übernimmt.«
»Niemals! Warum sollte ich das tun?«
»Damit Anselm dich nicht beim Rat anzeigt und ich nicht bei Ulman Stromer vorspreche und ihm berichte, wie übel du meinem Sohn mitgespielt hast.«
Meister Burchard rang nach Luft. »Wer behauptet so etwas? Wer das sagt, der lügt. Das war dieser verdammte Bengel.«
»Gieselbert, komm her!«, befahl Meister Ebert streng. »Und nun sag unter Zeugen aus, wer dich angestiftet hat, Meister Heller leichte Brote unterzuschieben!«
Der Lehrjunge heftete den Blick auf den Boden. »Meister Burchard hat mir ein paar Pfennige gegeben und mir versprochen, dass er mich später als Geselle übernimmt. Und ich war wütend, weil die da« – er wies auf Benedicta – »sich in der Backstube so aufgespielt hat.«
»Du lügst!«, brüllte Meister Burchard und wollte sich auf Gieselbert stürzen, aber da warf sich der Vater beschützend vor ihn. Im Nu war eine Prügelei zwischen den beiden Bäckern in Gange, aus der Meister Ebert schließlich als Sieger hervorging. »Und das eine sage ich dir, Burchard«, zischte er. »Wenn du meinen Sohn noch einmal bedrohst, nehme ich nicht so viel Rücksicht darauf, dass du keine Kraft in den Armen hast. Und noch etwas: Wenn du in Zukunft auch nur die kleinste Hinterhältigkeit gegen mich oder Anselm im Schilde führst, spreche ich beim großen Stromer vor. Verstanden?«
Mühsam rappelte sich Meister Burchard vom Boden auf. Sein linkes Auge war geschwollen, und darüber schimmerte es rötlich blau.
»Ich frage dich, ob du mich verstanden hast?«, wiederholte Meister Ebert. Der Weißbäcker nickte und verließ die Backstube wie ein geprügelter Hund.
»Nun kannst du das Bäckerhaus deines Vaters übernehmen. Morgen ist die Versammlung, und ich gebe dir mein Ehrenwort, dass es gut für dich ausgehen wird. Ich sage dir gleich danach Bescheid. Doch denk du schon einmal über dein Meisterstück nach. Wir erwarten, dass du dein Handwerk beherrschst und uns mit einem ungewöhnlichen Brot überraschst. Es muss nicht die üblichen Maße haben, aber du solltest uns davon überzeugen, dass du ein Meister des Teiges bist. Dass du ein einfaches Roggenbrot backen kannst, wissen wir.«
Als Meister Ebert gegangen war, fiel Benedicta Anselm erleichtert um den Hals. Dann wandte sie sich dem Lehrjungen zu. »Bist du dabei, wenn wir mit vereinten Kräften ein überzeugendes Meisterwerk schaffen?«
Gieselbert bekam rote Ohren, und zum ersten Mal, seit Benedicta ihn kannte, hellte sich sein Gesicht auf. »Ich danke dir, Brunhild! Und ich werde alles tun, damit Meister Heller dort oben im Himmel stolz auf mich sein kann.«
Wieder klopfte es an der Tür zur Backstube, und ein Fremder trat ein. Im ersten Augenblick wusste Benedicta nicht, wo sie ihn schon einmal gesehen hatte. Doch dann fiel es ihr ein, und sie lächelte den gut aussehenden Zeidler in seiner feschen Tracht wohlwollend an.
»Der Zeidler Jost. Wie schön! Wir haben gerade frisches Anisbrot
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