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Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Titel: Die leere Wiege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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Gewalt. Doch der Bericht allein wird nicht für meine Freilassung sorgen. Das größte Gewicht hat das Gutachten der Bewährungshelferin.
    Sobald ich an das Treffen mit dieser Frau denke, werden meine Hände feucht. Gleich wird ein Wärter kommen, meine Zelle aufschließen und mich zu ihr bringen. Sie wird sich garantiert nach dir erkundigen, Jason. Und mich über Luke ausfragen. Das haben sie bisher alle getan, die ganzen Psychologen und Psychiater, die mich in den letzten Jahren in den Gefängnissen untersucht haben. Alle haben gehofft, etwas zu entdecken, das die Ereignisse von jener Nacht erklärt. Sie möchten, dass ich die Tat zugebe und sage, dass meine brennende Zigarette das Feuer ausgelöst und Luke getötet hat.
    Aber ich werde nicht lügen. Nicht einmal, um von hier wegzukommen.
     
    Der Schlüssel dreht sich im Schloss. Jetzt ist es so weit. Die Wärter klopfen weder an, noch warten sie auf eine Antwort. Selbst wenn ein Gefangener gerade die Toilette benutzt, wird seine Privatsphäre nicht geachtet. Nicht einmal die einfachsten Anstandsregeln gelten hier. Ich muss den Eintrag in mein schwarzes Buch beenden, muss mit diesem langen Brief aufhören, den ich dir immerzu schreibe, auch dann, wenn ich weder Papier noch Stift bei mir habe. Denn im Geist schreibe ich dir pausenlos und unterhalte mich mit dir, mein lieber Jason.
    Mark Burgess, der neue Wärter, öffnet die Zellentür.
    »Komm, Wilks. Bewährungsgespräch. Zeit, deine neue Freundin kennenzulernen.«
    Ich folge Burgess. Wir lassen die Zellen hinter uns und betreten den Ausbildungstrakt, in dem die Kurse stattfinden. Er lässt mich vor einem Klassenzimmer stehen und verschwindet.
    Ich spähe durch das Fenster in der Tür. Die Bewährungshelferin ist schon da und wartet.
    Sie sitzt am anderen Ende des Raums und schaut durch ein Fenster auf die Gefängnismauer gegenüber. Ich sehe ihr Gesicht im Profil. Obwohl es warm ist, hat sie die Jacke ihres blauen Kostüms zugeknöpft. Mit den Fingern trommelt sie auf ihren Schenkel, als lausche sie einer inneren Musik. Auf ihrem Schoß liegt meine Akte. Mein Schicksal liegt in ihrer Hand.

7.
     
     
     
    Während Officer Burgess loslief, um Rose Wilks zu holen, wartete Cate in dem Klassenzimmer. Sie trat an das vergitterte Fenster und sah den Möwen zu, die draußen über den Rasen hüpften, aufflogen und über die Mauer in Richtung Meer davonflatterten. Die Frauen dagegen waren eingeschlossen. Sie stellten eine Gefahr für andere Menschen dar, weshalb man sie von der Außenwelt fernhalten musste. Und sie war mit ihnen eingeschlossen.
    Nur fünfzehn Meilen entfernt kümmerte sich Julie um Amelia. Irgendwo führte Tim sein neues Leben mit einer anderen Frau. Einer Frau, mit der man gut zusammen sein könne, hatte er gesagt. Die ihn zum Lachen bringe und das Leben nicht so ernst nehme. Ich will hier nicht sein. Ich will zu Hause sein. Ich bin noch nicht so weit, um wieder arbeiten zu gehen . Cate knöpfte ihre Jacke zu und strich sie glatt. Ich kann das. Kein Problem. Es ist schließlich nur ein Job .
    Rose Wilks würde jeden Moment vor ihr stehen. Um ihre Anspannung zu vertreiben, ließ Cate die Schultern kreisen und sagte sich, dass sie schon früher mit Bewährungskandidaten gesprochen habe, dass schon alles klappen werde. Es war genau wie beim Fahrradfahren.
    Um gelassener zu wirken, setzte sie sich auf einen Stuhl und schlug die dünne Akte auf. Das Dokument enthielt die einzigen Informationen, die sie über Rose Wilks zur Verfügung hatte – abgesehen von dem, was Paul über die Frau gesagt hatte. Sie waren sehr dürftig, darunter eine Liste der Gefängnisse, in denen Rose bisher gewesen war. Anfangs hatte sie in Hochsicherheitsanstalten gesessen: sechs Monate lang in Holloway, dann für zwei Jahre in Durham. Anschließend folgte offener Vollzug in Highpoint, dann kam sie wieder unter Verschluss hier in Bishop’s Hill an der Küste von Suffolk. Dass die Täter von einem Gefängnis zum anderen verlegt wurden, war normal, doch dass Rose von einem niedrigen Sicherheitsrisiko wieder auf ein hohes eingestuft worden war, deutete auf gravierendes Fehlverhalten in ihrer Zeit in Highpoint hin. Im Strafregister war lediglich von einem »Schuldspruch« die Rede, ohne weitere Erklärung.
    Plötzlich war es Cate, als hätte sich irgendetwas verschoben, und sie blickte auf. Draußen stand eine dunkelhaarige Frau und spähte durch das Fenster in der Tür zu ihr herein. Gleich darauf ging die Tür auf, und die Trennung

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