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Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Titel: Die leere Wiege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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war aufgehoben.
    Rose Wilks war hochgewachsen und schlank. Sie trug ihre eigene Kleidung. Es war ein Zugeständnis an alle weiblichen Gefangenen. Doch Roses Kleidung war zu groß, als hätte sie abgenommen, seitdem sie die Sachen gekauft hatte. Es waren einfache dunkle Teile, die kaum Rückschlüsse auf die Trägerin zuließen. Auf den rechten Ärmel ihrer Bluse war ein roter Stoffstreifen genäht worden. Cate wollte jedoch ihre Unwissenheit nicht zeigen und fragen, was der rote Streifen bedeute.
    Das Gesicht der Gefangenen wirkte steif und beherrscht, die Augen bildeten eine Schranke, die besagte: Zutritt verboten. Das nahezu schwarze Haar fiel Rose in Wellen über die Schultern. Es verlieh ihr etwas Hippiehaftes, ebenso wie die fahle Haut und die schweren Lider über den grünen Augen. Rose Wilks sah aus wie vierzig, doch aus der Akte wusste Cate, dass die Frau vor ihr erst dreiunddreißig war. An ihrem Hals glitzerte etwas Goldenes, eine Kette, die im Ausschnitt ihrer Bluse verschwand.
    Die beiden Frauen gaben sich die Hand. Cate wusste, dass sie zum Schwitzen neigte und ihre Handflächen feucht waren, hoffte jedoch, die andere habe es nicht bemerkt. Sie winkte Rose zu einem Stuhl.
    »Hallo, ich bin Cate Austin.«
    »Rose Wilks.«
    »Ich werde Ihr Bewährungsgutachten verfassen. Die Kommission tagt in fünf Wochen.«
    »Das weiß ich. Ich zähle die Tage bis dahin.«
    »Das kann ich mir denken. Wie kommen Sie in Bishop’s Hill zurecht?«
    Die Gefangene saß gerade auf ihrem Stuhl. Gefasst. »Wissen Sie das nicht?«
    Cate ignorierte die Provokation. »Ich bin noch nicht im Besitz Ihrer Akte. Außer einer Liste von Daten habe ich bisher nichts in der Hand, hoffe aber, dass ich bei unserem nächsten Gespräch die Unterlagen aus Highpoint zur Verfügung habe. Heute kann ich mich lediglich auf Ihre Informationen verlassen.«
    Daraufhin schwiegen sie beide. Rose nutzte die Stille, um Cate zu taxieren, und versuchte offenbar, sie auszuloten. »Ich bin jetzt seit sechzehn Monaten hier«, begann sie schließlich, »und komme ganz gut zurecht. Eben wie jeder Mensch, der zu Unrecht verurteilt worden ist. Darf ich mal fragen, wie alt Sie sind?« Ihr Akzent wies auf Suffolk hin, und ihre Stimme wanderte am Satzende in die Höhe, sodass das Gesagte in der Luft zu schweben schien, ehe es verklang.
    Cate war diese Frage gewohnt. Sie war gleich nach dem Studium in den Bewährungsdienst eingetreten, wusste aber, dass sie jünger als neunundzwanzig aussah. Am liebsten hätte sie erklärt, sie sei erstens keine Anfängerin mehr und zweitens gehe ihr Alter Rose nichts an, doch dann entschied sie sich für einen Kompromiss. »Mein Alter spielt keine Rolle. Aber ich arbeite seit sieben Jahren als Bewährungshelferin und habe schon etliche Gutachten geschrieben. Ich nehme an, das war es, was Sie wissen wollten?«
    Rose lächelte, und ihre Schultern entspannten sich ein wenig. »Also bin ich in guten Händen.«
    Und schon versucht sie, mich zu manipulieren, dachte Cate. Aber auch solche Dinge war sie gewohnt. »Wie Sie wahrscheinlich wissen, ist es meine Aufgabe, ein ausgewogenes Gutachten zu schreiben und eine Empfehlung auszusprechen, nach der Sie vorzeitig auf Bewährung freikommen oder nicht. Ihr Urteil lautete auf Totschlag, und das möchte ich zum Ausgangspunkt nehmen. Abgesehen davon muss ich überprüfen, ob Sie Ihr Verbrechen bereuen oder ob ich den Eindruck habe, dass Sie rückfällig werden könnten.«
    »Wie wollen Sie das beurteilen?«
    Cate ließ sich Zeit, ehe sie die Frage beantwortete, denn sie zielte auf den Kern ihrer Arbeit, auf das Abwägen von Worten und Gefühlen, auf das feine Geschick, die Schichten einer Psyche zu durchdringen. Letztlich ging es darum, die Motive eines Menschen zu erkennen und zu erfassen, wer der andere war. Darin war sie gut. Deshalb liebte sie ihre Arbeit oder hatte es getan, ehe Amelia auf die Welt gekommen war, Tim sie verlassen hatte und sie derart verzweifelt gewesen war, dass sie jegliches Selbstvertrauen verloren hatte. Sie sagte sich, dass sie nur aufgrund ihrer Depressionen begonnen hatte, an ihren Fähigkeiten zu zweifeln. Jetzt ging es ihr wieder besser. Sie war bereit und würde es schaffen.
    »Vertrauen Sie mir«, entgegnete Cate mit vorgetäuschter Zuversicht. »Ich weiß, was ich tue.«
    »Umso besser, denn ich sollte gar nicht hier sein. Ich möchte endlich wieder frei sein, denn es ist nicht leicht, immerzu eingesperrt zu sein. Nach einer Weile verliert man den

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