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Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Titel: Die leere Wiege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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Zeugenstand wäre ich beinah zusammengeklappt. Noch heute kann ich nicht fassen, wie ruhig Rose dagegen war. Und als ich Emma wiedersah …« Er fuhr sich durch die Haare und wandte den Blick ab.
    Cates Gedanken schweiften zu der Frau, deren Kind damals umgekommen war. »Ich vermute, für Emma wird es am schlimmsten gewesen sein.«
    Jason stand auf und trat ans Fenster. Cate schaute ihm nach und blinzelte in das einfallende Sonnenlicht. Er war jetzt nur noch eine dunkle Silhouette.
    »Ich hatte sie seit einer ganzen Weile nicht gesehen. Das letzte Mal, kurz bevor es geschah. Ich war entsetzt. Emma war immer so schön gewesen, so … lebendig und sprühend. Im Gerichtssaal schien sie kaum zu wissen, wer sie war, und stolperte auf dem Weg in den Zeugenstand. Ihr Mann trat sehr viel sicherer auf. Im Zeugenstand hat er Rose keine Sekunde aus den Augen gelassen. Dieser Dreckskerl.« Jason wandte sich um.
    »Er hat getan, als wäre Rose eine Mörderin. Hat sie sogar so genannt. Ein Segen, dass die Geschworenen ihm nicht geglaubt haben.«
    »Und Sie haben nie an ihr gezweifelt?«
    »Ich sagte doch, dass es ein Unfall war.« Mit raschen Schritten kam er auf Cate zu und packte sie am Arm. »Ich muss Ihnen etwas zeigen.«
    Cate befreite sich und stand auf. »Wenn Sie mich noch einmal anfassen, gehe ich.«
    »Bleiben Sie. Wenn Sie Rose verstehen wollen, müssen Sie das sehen.« Jason stürmte aus dem Zimmer. Cate folgte ihm zögernd über den Flur, vorüber an der Küche und dem Bad. Sie hielten vor einer geschlossenen Tür.
    Jason öffnete sie.
    Cate fuhr zurück. Vor ihr war ein Kinderzimmer. Sie erkannte ein kleines Gitterbett aus Kirsche mit ordentlich gefaltetem Bettzeug, des Weiteren einen Schaukelstuhl und einen Wickeltisch, darauf eine ungeöffnete Packung Windeln. Doch am herzergreifendsten fand sie die Reihe Strampelanzüge an den winzigen pastellfarbenen Kleiderbügeln. Sogar die Preisschilder hingen noch an der Babykleidung. In der Ecke stand ein Kinderwagen, mit dem unverkennbaren Burberrystoff aus hellbraunen und beigefarbenen Karos bezogen.
    Schweigend betrachtete sie den kleinen Raum, der perfekt eingerichtet war.
    »Das werde ich mir nie verzeihen«, sagte Jason wie für sich.
    »Was?«
    Er zuckte zusammen, als hätte er ihre Anwesenheit vergessen. »Ich wollte die teuren Sachen verkaufen, aber Rose wollte nichts davon wissen. Als sie aus dem Krankenhaus kam, saß sie hier stundenlang und starrte ins Leere. Dort drüben in dem Schaukelstuhl saß sie, mit einem Spielzeug oder einem Strampelanzug in den Händen. Ich dachte, das würde sie trösten, aber inzwischen glaube ich, dass es schädlich für sie war. Sie hat sich in ihren Kummer hineingesteigert.«
    Cate suchte nach einer Antwort, doch sie wusste, ganz gleich was sie sagte, es wäre unzulänglich.
    »Schauen Sie sich dieses Zimmer in Ruhe an. Nichts durfte verändert werden. Glauben Sie, dass eine Frau, die so viel Liebe in sich hatte, einem Baby etwas angetan hätte?« Jason sah Cate an. »Rose hat Luke ebenso geliebt, wie sie Joel geliebt hat. Sie hätte ihm kein Haar gekrümmt.«

35.
     
    Eintrag in mein schwarzes Buch
     
    Nach Joels Tod versuchten wir, die Scherben unseres Lebens wieder zu kitten, aber nichts ergab einen Sinn. Wenn das Telefon ging, ließ ich es läuten, denn die einzigen Worte, die ich hören wollte, würde mir niemand sagen. Auch die Post öffnete ich nicht, denn die Nachricht, die ich hören wollte, würde nie kommen. Es gab keine Menschen, die mir mitteilen würden, dass Joel noch lebte. Morgens, wenn ich wach wurde, war mein erster Gedanke, dass mein Sohn gestorben war.
    Ab und zu arbeitetest du im Auberge, aber dort war so wenig los, dass du zusätzlich eine Halbtagsstelle in einem Schallplattenladen annehmen musstest. Der Job gefiel dir, denn du mochtest die laute Musik, die deine Gedanken betäubte. Wenn du morgens aus dem Haus gingst, lag ich im Bett, wenn du abends zurückkamst, fandest du mich dort noch immer vor. Mir war das einerlei, ich wusste ohnehin nicht, was ich dir sagen sollte. Du wiederum wusstest nicht, wie du mit der Fremden, zu der ich geworden war, umgehen solltest, und suchtest Zuflucht in Welten, die du verstehen konntest, wo dich Musik und belangloses Geplauder umgaben.
    Nach einer Weile gewöhnte ich mir an, mich in Joels Kinderzimmer zu setzen. Das Bettchen war hergerichtet mit dem passenden hellblauen Babybettzeug. Die winzigen weißen und blauen Strampelanzüge rochen noch neu nach Baumwolle statt

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