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Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Titel: Die leere Wiege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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Vorhänge angebracht hatte. Mein Blick fiel auf den Kinderwagen mit dem schönen Karomuster, und ich berührte den Griff und ließ ihn wippen.
    Nach dem Kaiserschnitt hatten sie mich wieder, so gut es ging, zusammengeflickt, aber meinen Uterus hatten sie nicht retten können. Ich hatte mein Baby verloren und keine Möglichkeit mehr, erneut eines zu bekommen.
    So saß ich, bis es langsam auf sechs Uhr zuging und ich wusste, dass du bald nach Hause kommen würdest. Ich stand auf. Eigentlich hätte ich duschen müssen, aber ich wollte meinen nackten Körper nicht sehen. Die Narbe an meinem Bauch erinnerte mich daran, dass er es nicht geschafft hatte, ein gesundes Baby hervorzubringen. Ich streifte mir einen Pullover über die Schafanzugjacke und ersetzte die Hose durch Schwangerschaftsleggings. Sie schlabberten um meine dünne Taille, aber es war ein weiterer Schritt voran.
    Als du mit der üblichen braunen Tüte vom Chinesen nach Hause kamst und mich sahst, warst du zufrieden, gabst mir einen Kuss auf den Mund und nahmst mich in die Arme. »Du siehst schon viel besser aus.«
    »Ich war bei der Ärztin.« Ich entzog mich deinen Armen. »Sie hat mir Tabletten verschrieben.« Es war eine kleine Notlüge, um dich glücklich zu machen.
    Zum Abendessen setzte ich mich zu dir an den Tisch und stocherte in dem Reis mit Huhn herum. Danach rietest du mir nie mehr, einen Psychiater aufzusuchen.
     
    Am nächsten Morgen wusste ich, wie man sich nach einem Marathonlauf fühlt, aber du merktest nicht, wie erschöpft ich war. Du warst guter Dinge und gingst davon aus, dass meine Genesung begonnen hatte. Ich wollte dir die Illusion nicht rauben, zog den Morgenmantel über, den du mir reichtest, und folgte dir nach unten.
    »Warum gehst du heute nicht ein bisschen an die frische Luft? Mach dir eine Freude und kauf dir was Hübsches zum Anziehen.« Dein Blick glitt über meinen schlabbrigen Schlafanzug.
    Hetz mich doch nicht so, dachte ich, denn bei dem Gedanken, draußen Menschen zu begegnen, die zielstrebig irgendwohin eilten, verkrampfte sich mein Magen. Doch ich musste mich dazu zwingen, wenn ich dich weiter bei Laune halten wollte.
    Ich musste es tun, um dich zu behalten.
    Also fuhr ich zu einem großen Supermarkt in Ipswich, in dem ich noch nie gewesen war und mich niemand kennen und ansprechen würde. Aber ich erkannte trotzdem jemanden und wurde angesprochen.
    Zuvor konzentrierte ich mich auf meinen Einkauf, warf Äpfel in eine Tüte, suchte Gemüse aus. Ein paar Kleidungsstücke lagen schon in meinem Einkaufswagen, einfache Dinge wie blaue Jeans, schwarze Leggings, ein Sortiment T-Shirts. Ich entdeckte sie, als ich in den nächsten Gang einbog.
    Emma.
    Ich erkannte sie kaum wieder, denn sie sah vollkommen anders aus: abgekämpft, nachlässig gekleidet, das Haar zu einem unordentlichen Nackenknoten gebunden. Auf dem Kindersitz ihres Einkaufswagens schlief Luke.
    »Rose!«
    O Jason, du kannst dir nicht vorstellen, wie es war, Luke wiederzusehen. Er war dein Sohn, weshalb ich ihn im ersten Moment schnappen und mit ihm nach Hause laufen wollte. Ihn in seiner hellblauen Babykleidung und dem hellblauen Mützchen friedlich schlafen zu sehen war eine Qual.
    Plötzlich drehte sich alles um mich, dann wurde mir schwarz vor Augen.
    Meine Ohnmacht dauerte nur wenige Sekunden. Als ich wieder zu mir kam, kniete Emma neben mir, hielt meinen Kopf und verscheuchte die Kunden, die neugierig um uns herumstanden. Dann half sie mir hoch und stützte mich.
    »Komm, Rose, wir gehen irgendwohin, wo du dich setzen kannst.« Sie schleuste mich durch die Kasse. »Wie fühlst du dich?«
    »Schwindelig. Ich glaube, fahren kann ich noch nicht.«
    »Dann nehme ich dich mit zu mir. Dort kannst du dich ausruhen, und ich mache dir was zu essen. Hinterher bringe ich dich zurück zu deinem Wagen.«
    Auf der Fahrt zu Emma schaute ich aus dem Seitenfenster und bekämpfte den Drang, mich umzudrehen und einen Blick auf Luke zu werfen. Sie wohnte nicht weit von dem Supermarkt entfernt, in einem großen Haus in der Altstadt. Wenn ich das Gebäude mit einem Wort beschreiben müsste, würde ich es »sicher« nennen. Aber du kennst es ja ohnehin, du warst ja oft genug da.
    Wortlos sah ich zu, wie Emma Luke aus dem Kindersitz befreite und sein Mützchen zurechtrückte. Er war wach geworden und fing an zu weinen. Emma nestelte an dem Gurt seines Sitzes und tröstete ihn mit müder, teilnahmsloser Stimme.
    Im Haus war es so drückend warm wie in einem Krankenhaus. Luke

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