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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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mir vorstellen. Wirst du mir deine Tricks beibringen, Druss, ehe die Nadir kommen?«
    »Nein. Du wirst sie auf die mühsame Art lernen müssen. In kleinen Dingen werde ich dir zur rechten Zeit helfen – sie machen viel aus.«
    »Kleine Dinge? Du machst es spannend. Erzähl mir jetzt etwas.« Orrin nahm einen Becher Roten und lehnte sich zurück. Druss trank aus der Flasche.
    »Na schön«, sagte der Axtkämpfer, als er die Flasche halb geleert hatte, »beantworte mir folgende Frage: Warum bekommen die Männer jeden Morgen Apfelsinen?«
    »Es hält sie gesund und beugt der Ruhr vor. Sie sind billig und erfrischend. Meinst du das?« fragte Orrin verwirrt.
    »Zum Teil«, sagte Druss. »Der Bronzegraf führte Apfelsinen in der Armee ein, zum Teil aus den Gründen, die du gerade genannt hast, aber vor allem, weil man sich den Saft in die Hände reibt, damit man das Schwert auch dann sicher im Griff hat, wenn man schwitzt. Und wenn du dir mit dem Saft die Stirn einreibst, tropft dir der Schweiß nicht in die Augen.«
    »Das wußte ich nicht«, sagte Orrin erstaunt. »Erzähl mir noch etwas!«
    »Nein«, lehnte Druss ab. »Ein andermal. Sag mir, warum hast du bei den Übungen der Culs mitgemacht?«
    Orrin setzte sich auf, seine dunklen Augen auf Druss’ Gesicht geheftet. »Hältst du das nicht für eine gute Idee?«
    »Das hängt davon ab, was du damit erreichen willst. Versuchst du, dir Respekt zu verschaffen?«
    »Große Götter, nein!« rief Orrin. »Dafür ist es zu spät, Druss. Nein, es hat etwas damit zu tun, was du mir neulich abends gesagt hast, als die Männer für dieses Nachtrennen aus dem Bett geholt wurden. Ich habe dich gefragt, ob das klug sei, und du hast gesagt: ›Sie müssen ihre Grenzen kennen.‹ Nun, ich auch. Ich habe nie an einer Schlacht teilgenommen. Ich will wissen, wie es ist, nach einem ganzen Tag Training aus dem Schlaf gerissen zu werden und wieder kämpfen zu müssen.
    Ich habe hier eine Menge Leute enttäuscht. Vielleicht werde ich sie wieder enttäuschen, wenn die Nadir über die Mauern klettern, aber ich hoffe nicht. Doch ich muß stärker und schneller werden. Und das werde ich schaffen. Ist das eine so schlechte Idee?«
    Druss nahm einen Zug aus der Flasche, leckte sich die Lippen und lächelte.
    »Nein, es ist eine gute Idee. Aber wenn du etwas kräftiger bist, dann geh auch zu anderen Gruppen. Es wird sich bezahlt machen.«
    »Bezahlt machen?«
    »Du wirst schon sehen.«
    »Hast du den Grafen gesehen?« fragte Orrin plötzlich. »Syn sagt, es geht ihm schlecht. Sogar sehr schlecht.«
    »Ich glaube nicht, daß ich schon etwas Schlimmeres gesehen habe. Er liegt im Delirium – wie er überhaupt noch durchhält, weiß ich nicht.«
    Die beiden Männer unterhielten sich noch über eine Stunde. Orrin fragte den alten Mann nach seinem Leben und den vielen Schlachten, an denen er teilgenommen hatte, und kam immer wieder auf die unsterbliche Geschichte von Skeln und dem Sturz von König Gorben zurück.
    Als die Alarmglocke der Festung ertönte, reagierten beide Männer unverzüglich. Druss fluchte, warf die Flasche weg und lief zur Tür. Orrin sprang aus dem Bett und folgte ihm. Druss rannte über den Paradeplatz, die kurze Steigung zur Festung empor, unter dem Fallgitter hindurch und die lange steinerne Wendeltreppe zum Schlafgemach des Grafen hinauf. Calvar Syn stand an seinem Bett, zusammen mit Dun Mendar, Pinar und Hogun. Ein alter Diener stand weinend am Fenster.
    »Ist er tot?« fragte Druss.
    »Noch nicht. Aber bald«, antwortete Calvar Syn.
    Druss ging zum Bett und setzte sich neben die zerbrechliche Gestalt. Der Graf öffnete die Augen und blinzelte.
    »Druss?« sagte er mit schwacher Stimme. »Bist du das?«
    »Ich bin hier.«
    »Er kommt. Ich sehe ihn. Er ist schwarz und trägt eine Kapuze.«
    »Spuck ihm mit einem Gruß von mir ins Gesicht«, sagte Druss. Seine riesige Hand strich über die fieberheiße Stirn.
    »Ich dachte … nach Skeln … ich würde ewig leben.«
    »Sei ruhig, mein Freund. Eins habe ich über den Tod gelernt: Er bellt mehr, als er beißt.«
    »Ich kann sie sehen, Druss. Die Unsterblichen! Sie schicken die Unsterblichen!« Der Sterbende ergriff Druss am Arm und versuchte sich aufzurichten. »Hier kommen sie! Bei den Göttern, willst du dir das nicht ansehen, Druss!«
    »Es sind nur Menschen. Wir werden sie fortschicken.«
    »Setz dich ans Feuer, Kind, dann erzähle ich dir davon. Aber du darfst deiner Mutter nichts sagen. Du weißt, sie haßt blutrünstige

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