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Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Titel: Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Thiele
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Diener ein Glas Wein reichen und setzte sich an einen Tisch in einer kleinen Nische an der Wand. Von hier aus konnte sie den ganzen Saal überblicken. Die anfängliche Neugier der Gäste an Nomo war inzwischen erloschen, kaum einer beachtete sie noch. Selbst ihre Halbbrüder machten einen Bogen um sie. Ihr Vater, der König, hatte sie noch nicht einmal begrüßt. Stets umringten ihn mehrere Beseelte, banden seine Aufmerksamkeit. Die anderen Gäste standen oder saßen in kleinen Grüppchen verteilt und unterhielten sich angeregt. Hier und da war Gelächter zu hören. Diskret wuselte ein Dutzend Diener zwischen ihnen umher und versorgte sie mit Getränken.
    „Man kann viel lernen, wenn man nur das richtige Auge dafür hat“, sagte Hem, der unbemerkt neben Nomo getreten war, „Wer spricht mit wem und wie lange? Ist die Haltung dabei offen oder reserviert, wird gescherzt? Wer duckt sich, wer reckt selbstbewusst die Brust? Oft muss man die Gespräche nicht einmal belauschen, um zu wissen, um was es geht“
    Hem leitete den königlichen Geheimdienst, Nomo fröstelte es in seiner Nähe immer ein wenig. Vielleicht lag dies an seinen stechend blauen Augen, vielleicht auch an seiner ungewöhnlich hageren, feingliedrigen Gestalt. Wahrscheinlich war es aber der Hauch des Geheimnisvollen, der Hem umwehte. Niemand konnte sagen, wo Hem eigentlich herstammte, kannte seinen Weg zum königlichen Geheimdienst, wusste, ob er eine Frau oder Kinder hatte. Einige sprachen ihm sogar jegliches Privatleben ab. Fehlendes Wissen wird gern mit Vermutungen ersetzt. So war es auch bei Hem. Unzählige, teils wilde Gerüchte über ihn kursierten unter den Beseelten. Eines behauptete sogar, Hem sei der Letzte der Alten. Hem bestätigte keines der Gerüchte, widersprach ihnen jedoch auch nicht.
    Nomo beobachtete den Saal, versuchte zu sehen, was Hem sah. Ihre Mutter und Königin Isi hatten sich inzwischen zu ihrem Vater gesellt. Lebell redete scheinbar aufgeregt auf den König ein, Isi zeigte sich darüber amüsiert. Schließlich hob der König beide Hände abwehrend in die Höhe, er hatte den Disput offensichtlich verloren. Kurz darauf räusperte er sich vernehmlich und bat um die Aufmerksamkeit der Gäste.
    „Ich freue mich, dass so viele Beseelte heute zusammen gekommen sind und Anteil an meiner Freude über die Befreiung meiner Tochter, der Prinzessin nehmen. Nomos Rückkehr verdanken wir vor allem dem Beseelten Kirai. Ohne ihn wäre die Prinzessin heute nicht hier, ja vielleicht nicht einmal mehr am Leben. Damit hat er seine Wertschätzung für Nomo hinlänglich bewiesen. Ich, der König und Lady Lebell geben deshalb hiermit die Verlobung unserer Tochter Nomo mit dem Beseelten Kirai bekannt“, sagte er.
    Nomo rutschte ihr Weinglas aus der Hand und zerschellte am Boden in tausend Scherben.
    „Nein“, flüsterte sie.
    ***
    Das Klopfen schwerer Fäuste an der Tür dröhnte durch das ganze Haus. Es durchbrach die morgendliche Stille, über dem Palastbezirk lag noch das diffuse Licht der Dämmerung. Housts Wachen, die an der Tür eingenickt waren, schreckten auf. Einer der Männer schlug sich dabei seine Lanze gegen den Kopf. Eiligen Schrittes kam einer der Diener die Treppe heruntergelaufen, das Haar völlig zerzaust. Im Gehen knöpfte er sich noch seine Jacke zu. Erneut trommelte jemand von draußen heftig gegen die Tür.
    „Sofort aufmachen!“, erklang eine tiefe Männerstimme, „Der Blutrichter begehrt Einlass“
    Die beiden Wachen sahen sich gegenseitig an, unschlüssig was zu tun sei. Der Diener war inzwischen bei ihnen angekommen.
    „Wer macht denn hier einen solchen Lärm“, wollte er von den Wachen wissen.
    „Irgendein Blutrichter steht vor der Tür“, sagte eine der Wachen.
    „Wenn Ihr die Tür nicht sofort öffnet, werden wir sie einschlagen!“, rief die Stimme von draußen und unterstrich ihre Drohung mit einem besonders heftigem Schlag.
    Eines der Bretter an der Tür brach und einige Holzsplitter flogen herum. Die Wachen zogen ihre Köpfe ein.
    „Ich werde den Großwesir wecken“, sagte der Diener und hastete die Treppe wieder hinauf.
    Auf halben Weg kam ihm Houst bereits entgegen. Er trug noch den Morgenmantel.
    „Ein gewisser Blutrichter verlangt Einlass, Herr“, keuchte der Diener.
    „Kirai! Natürlich lässt er es sich nicht nehmen, mein Haus zu durchsuchen“, murmelte Houst.
    „Lasst ihn herein“, rief er dann laut zu den Wachen herunter.
    Kaum hatten die Wachen die Tür geöffnet, strömten ein Dutzend von

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