Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
misstraute Kirai. Der Staub breitete sich immer weiter aus, webte ein Netz zwischen den Menschen, als seien hier tausende Spinnen am Werk. Der Staub kroch den Leuten in die Ohren und in die Nase, Fäden klebten auf ihren Augen. Die Menschen drehten sich, kicherten, spielten mit den seltsamen Strukturen. Nur wenige wichen so wie Kirai ängstlich zurück. Bis die ersten erstarrten und kurz darauf entsetzt aufschrien.
Wahnsinn
„Haben Sie sich in mein Institut geschlichen, um meine Forschungen auszuspionieren, Wim. Oder wollen Sie nur meine Mitarbeiter gegen mich aufbringen?“, fragte Georg Waldberger.
Wim Kluge stand zusammen mit einigen von Georgs Wissenschaftlern vor dem Monitor in einem der Konferenzräume des Instituts. Es rumorte, Georgs Mitarbeiter waren unzufrieden. Sie zweifelten an ihrer Arbeit, daran, dass sie das Richtige taten. Vielen sah Wim auch die Angst an. Nicht unbegründet, kurz vor Wims Eintreffen im Institut hatte sich ein Attentäter im Cafe gegenüber in die Luft gesprengt und einige Angestellte des Instituts, die dort gern ihre Mittagspause verbrachten, mit in den Tod gerissen. In Wim hatten die Blaulichter, die Absperrungen schmerzhafte Erinnerungen hervorgerufen. Zudem hatte ihn auch noch seine Frau vor dem Institut abgepasst, darauf bestanden, ebenfalls mit Georg reden zu wollen. Beinahe wäre er wieder abgereist. Doch persönliche Dinge mussten zurückstehen, es ging hier nicht nur um ihn. Georg musste endlich zur Vernunft kommen.
„Georg, Sie wissen, dass dies nicht meine Absicht ist. Wir sollten sachlich bleiben. Die Entwicklungen der letzten Jahre sind beängstigend …“, sagte Wim.
„Beängstigend in der Tat, da gebe ich Ihnen recht. Beängstigend engstirnig. Der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten. Auch nicht mit Bomben!“, fiel ihm Georg Waldberger ins Wort.
„Fortschritt um jeden Preis? Ist es Ihnen egal, wie viele Menschen dabei sterben? Das kann ich nicht glauben, Georg“, entgegnete Wim bitter.
„Sie sind nicht objektiv, Wim, der Verlust Ihrer Kinder hat Sie verbittert. Das kann ich verstehen. Doch es war nicht ich, der die Waffe geführt hat. Wollen Sie mich jetzt für den Tod Ihrer Töchter verantwortlich machen? Nur weil ein irrer Amokläufer in der Schule um sich geballert hat? Das hat es früher, vor meinen Nanosonden auch schon gegeben“, rechtfertigte sich Georg.
Wim atmete einmal tief durch und drehte sich besorgt um. Einen hysterischen Anfall seiner Frau konnte er jetzt nicht gebrauchen. Doch der Anfall blieb aus, er sah seine Frau nicht einmal. Vielleicht war sie wieder gegangen. Sie gab Georg die Schuld am Tod ihrer Kinder, er selbst wehrte sich stets dagegen. Aber war Georg wirklich nicht verantwortlich? Immerhin standen seine Nanosonden mittlerweile im begründeten Verdacht, bei psychisch ohnehin bereits labilen Menschen zu ernsthaften Krankheitszuständen zu führen. Hätte Georg dies voraussehen können? Voraussehen müssen? Wohl kaum. Die Wirkungen zeigten sich erst nach Jahren, die genauen Zusammenhänge waren immer noch unklar. Und gerade hier im Institut forschte man fieberhaft nach den Ursachen, suchte nach einer Lösung. Nein, persönlich verantwortlich war Georg sicher nicht. Wims Frau sah das natürlich ganz anders.
„Gerade die Wissenschaft hat eine moralische Verantwortung. Das können Sie nicht einfach ausblenden, Georg. Vielleicht müssen gerade wir manchmal ein wenig konservativer mit unseren Ideen umgehen“, versuchte es Wim noch einmal.
„So konservativ wie Ihr Sonnenkraftwerk? Hat es da nicht erst kürzlich einen ernsten Störfall gegeben, der nur mit viel Glück nicht zu einer Katastrophe globalen Ausmaßes geführt hat? Das ist doch alles lächerlich, Wim. Ihnen wird ja eine gewisse Nähe zu diesen radikalen Naturalisten nachgesagt. Aus Ihnen spricht deren Ideologie“, schmetterte Georg auch diesen Einwand ab.
Wims Frau hatte sich den Naturalisten angeschlossen, war aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Mit einem dieser teuflischen Wissenschaftler konnte sie nicht mehr zusammen leben. Vorhin vor dem Eingang, hatte Wim sie kaum noch erkannt. Die Prozedur, mit der die Naturalisten die Nanosonden aus dem Körper spülten, hinterließ in der Regel gravierende Spuren. Viele überlebten sie nicht einmal. Wahrscheinlich hatte seine Frau es versucht. Obwohl, er konnte ihre Gedanken noch immer spüren, irgendwo in einem der Nebenräume. Es ist also wohl bei einem Versuch geblieben, vielleicht lebte sie nur deshalb
Weitere Kostenlose Bücher