Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
lassen“, brüllte ihm der zweite Mann erbost hinterher.
Es fühlte sich falsch an. Nur scheinbar gingen die Menschen der Stadt ihrem gewohnten Tagwerk nach. Immer wieder kam es vor, dass jemand mitten auf der Straße stehen blieb, sich nach allen Seiten umsah und dann kopfschüttelnd in die Richtung lief, aus der er gerade gekommen war. Unweit schlug eine Frau ihren Kopf mehrfach gegen die Wand. Ihre Stirn blutete bereits.
„Verschwindet aus meinem Kopf!“, rief sie dabei immer wieder.
Der Eindruck von Chaos verstärkte sich, je weiter Kex, Nomo und deren Mutter in die Gassen eintauchten. Gerade bildete sich eine kleine Menschenansammlung auf einer Kreuzung.
„Der Eingang war immer hier. Ich irre mich nicht“, sagte ein Mann.
„Und warum ist hier dann weit und breit keine Treppe zu sehen? Ich habe dir gleich gesagt, die U-Bahn ist zwei Straßen weiter“, erwiderte eine Frau.
„Ich erinnere mich auch genau“, mischte sich ein anderer Mann ein, „Die U-Bahn Station ist genau hier. Vielleicht ist das ein Scherz und sie haben den Eingang einfach zugeschüttet“
„Ein blöder Scherz wäre das. Wie soll ich jetzt zur Arbeit kommen“, meckerte ein weiterer Mann erbost.
Außer dem Anstrich der anliegenden Häuser hatte sich an dieser Kreuzung seit seiner Kindheit nichts verändert, wunderte sich Kex. Dass diese Leute in der Sprache der Alten redeten, fiel ihm hingegen gar nicht mehr auf. Im Beisein von Nomo hatte er sich bereits daran gewöhnt. Sie hielt Kex immer noch für irgendeinen anderen. Die Namen variierten dabei ständig, Kex konnte sie sich nicht einmal alle merken. Am häufigsten sah sie in ihm einen gewissen Wim. Kein gebräuchlicher Name, Kex wusste nicht einmal ob er männlich oder weiblich war. Aber das schien ohnehin irrelevant. Mittlerweile korrigierte Kex Nomo nicht mehr, sie reagierte sowieso nicht. Doch plötzlich stoppte Nomo abrupt, zog Kex am Ärmel. Er drehte sich gelangweilt zu ihr um, erwartete wieder eine ihrer wirren Reden.
„Wo gehen wir hin, Kex?“, flüsterte sie und benutzte einmal nicht die Sprache der Alten, „Warum ist meine Mutter mitgekommen?“
Kex starrte Nomo nur an. Wohl hatte er ihre Frage akustisch verstanden, doch derart perplex dauerte es eine Ewigkeit, bis sie auch in sein Bewusstsein drang. Zwei Frauen hetzten an ihnen vorbei.
„Die anderen sind schon alle am Tor, wir müssen uns beeilen. Wim wird nicht auf uns warten“, sagte die eine.
„ Wir kommen, wir kommen “, skandierte Nomo, obwohl die Aufforderung der fremden Frau nicht für sie bestimmt war.
Dann eilte sie schnellen Schrittes ihrer Mutter hinterher und ließ Kex einfach stehen. Dieser atmete einmal tief durch. Was machte er eigentlich hier? Dennoch rannte er los und schloss zu Nomo auf. Ein lauter Knall ließ Kex nach oben schauen. Auf einem der Dächer ganz in der Nähe des Marktes sprühten helle Funken. Ein Mann rutschte fluchend über die dunkel glänzenden Platten der Alten, die auf dem Dach befestigt waren. Bald schon züngelnden erste Flammen aus dem Dach, die schnell größer wurden. Der leichte Wind fachte das Feuer zusätzlich an. Passanten blieben entsetzt stehen. Nicht mehr lange und die Flammen würden auf das anliegende Haus überspringen. Wenn sich nicht bald jemand fand, der sie löschte, würde die halbe Stadt abbrennen.
„Hat schon jemand die Feuerwehr gerufen“, fragte jemand.
„Ich versuche es schon die ganze Zeit, aber ich erreiche niemanden. Ich bekomme einfach keine Verbindung“, antwortete ein anderer.
Einige wenige Passanten schleppten Eimer mit Wasser herbei. Sie versuchten, eine Kette zu bilden. Allerdings gelang dies nur lückenhaft. Zudem scherte immer wieder jemand aus der Kette aus, wanderte ziellos umher oder stellte sich zu den Schaulustigen. So kamen die Löscharbeiten nicht recht in Gang.
„Was ist in euch gefahren. Jetzt steht nicht einfach nur herum und gafft. Helft uns!“, forderte ein Mann aufgebracht.
„Was machen die da mit den Eimern? Die Feuerwehr muss doch jeden Moment hier sein. Die werden das Feuer doch nicht mit ein paar lumpigen Eimern löschen wollen“, wunderte sich eine Frau.
„Ich bekomme immer noch keine Verbindung zur Notrufzentrale. Da ist einfach nichts. Haben diese verdammten Naturalisten etwa die Sendemasten sabotiert und legen jetzt hier Feuer? Das würde ihnen ähnlich sehen“, regte sich der Mann von vorhin auf.
„Ich habe die Sendemasten erst vor zwei Stunden kontrolliert, die funktionieren“, erwiderte
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