Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
Vor diesem Hass fürchte ich mich. Vielleicht hatte Ilbi in diesem Punkt recht, dieser Hass würde ausreichen, die ganze Welt zu zerstören. Mir schlagen diese Erinnerungen gewaltig auf die Stimmung“, entgegnete Mo stattdessen.
„Du musst das nicht tun“, sagte Zemal und steckte die Kugel in seine Tasche.
„Oh doch, ich muss. Sonst gäbe es bald keinen Zemal mehr“, widersprach Mo.
„Vielleicht hast du recht. Lass uns das Zelt zusammenpacken, die anderen sind schon bereit zur Weiterreise“, sagte Zemal.
Nur Minuten später zogen Zemal und Mo zusammen mit der Karawane weiter. Sie rasteten nur in den heißesten Mittagsstunden, wanderten die Nächte durch. Die Ausdauer dieser großen Tiere und der Menschen, die sie führten, war bemerkenswert. Auch in dieser Nacht machten sie nur eine einzige kleine Pause. Die Zeit reichte nicht einmal, ein paar frischen Fährten einiger Wüstenratten nachzujagen. Der einzige, der sich darüber beschwerte, war Ker. Er hatte offensichtlich selbst nach den Erlebnissen in der Höhle unterhalb Nadamals noch nicht genug von den Viechern. Seine Lust auf Abenteuer schien unstillbar. Als ihn der Karawanenführer in ein Gespräch über dessen Heimat verwickelte, verflog aber auch Kers Ärger schnell. Kurz nach Sonnenaufgang sahen sie im Norden zum ersten Mal eine in den Himmel aufragende graue Wand. Sie dehnte sich über den gesamten Horizont. Der Karawanenführer nannte sie die große Klippe, das Ziel ihrer Reise.
***
„Es hat sich niemand freiwillig für die Suchexpedition nach Houst gemeldet“, sagte Dilo, „Kein Wunder nach den Berichten der beiden Nachtjäger. Selbst der Hinweis auf unsere wackelige Wasserversorgung half nichts. Das Thema ist nicht akut genug. Jeder redet sich ein, die Pumpen werden ihn schon noch überleben. Houst bekommen wir also nicht zurück, es sei denn wir suchen selbst nach ihm. Ein irrwitziger Gedanke, nicht? Wir benötigen einen Plan für die Wasserpumpen“
„Dilo hat recht. Ein zweites Mal wird uns das Schicksal vielleicht nicht derart gewogen sein und jemanden schicken, der die Pumpen repariert“, stimmte Fuzill zu.
„So schnell sollten wir diese Expedition nicht aufgeben. Die Verdammten drücken sich vor ihrer Verantwortung für die Gemeinschaft. Wir müssen ihnen klar machen, das dies nicht geht“, widersprach Piri.
„Sie haben einfach Angst“, sagte Dilo.
„Diese Stadt der Alten kann doch nicht schlimmer sein als die Einöde. Die Alten waren Menschen, sie haben dort gelebt“, entgegnete Piri.
„Sie sind dort gestorben“, warf Fuzill ein.
„Das wissen wir nicht. Wir wissen überhaupt nichts über die Alten, nutzen ihre Maschinen, ohne sie zu verstehen. Vielleicht ist es an der Zeit, dies zu ändern, vielleicht sollten tatsächlich wir selbst nach Houst suchen“, sagte Piri.
„Für eine derartig beschwerliche Reise sind unsere alten Knochen nun wirklich zu schwach“, widersprach Dilo.
„Jede Familie soll einfach einen Teilnehmer für die Expedition stellen. Es geht schließlich um unser aller Zukunft“, meldete sich Lelli zu Wort.
„Mmh, das wäre eine Option“, überlegte Piri laut, „Einem offiziellen Beschluss des Rates werden die Verdammten nicht ablehnen können. Sie werden zwar murren, aber letztlich tun, was wir von ihnen verlangen. Und wenn sie das Wissen der Alten – mit oder ohne Houst – zurückbringen, wird aller Ärger vergessen sein. Hat jemand Einwände?“
Dilo und Lelli nickten zustimmend, Fuzill verzerrte das Gesicht zu einer skeptischen Grimasse, sagte aber nichts. Adal zuckte nur mit den Schultern.
***
Esrin schwelgte in seinen Erinnerungen, hinkte durch die Stadt. Sein Hut spendete wohltuenden Schatten, die Menschen hielten wohltuenden Abstand, selbst im Gedränge des Marktplatzes. Die Händler beäugten ihn misstrauisch, folgten jedem seiner Schritte. Esrin spürte ihre Nervosität, roch bisweilen ihre Angst. Mit seiner Krücke stocherte er mal in den Auslagen des einen Händlers, schubste einen Krug an einem anderen Stand um oder lamentierte über die schlechte Qualität bei einem Dritten. So sicherte er sich ihre volle Aufmerksamkeit. In Esrins Schatten zog währenddessen eine Gruppe Jungen und junger Männer über den Markt, bediente sich schamlos an den Waren der Händler, hielt sich bisweilen sogar an deren Geldbörsen schadlos. Ein grandioses Schauspiel, eine Inszenierung par Exzellenz, Esrin sonnte sich wollüstig in seiner Performance. Sie versprach reiche Beute. Für einen
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