Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
Runde, kontrollierte hier und da die Ladung, verabschiedete sich von einigen Verdammten, die, wenn auch nicht zu Freunden, so doch zumindest zu guten Bekannten geworden waren. Sicher etwas, auf das man zukünftige Handelsbeziehungen aufbauen konnte. Denn auch wenn die Ältesten ihn jetzt quasi aus ihrer Siedlung jagten, sie erwähnten mit keinem Wort, dass er nicht wiederkommen könne. Das hing natürlich davon ab, wie viel Gewinn sich mit den Waren der Verdammten erzielen ließ. Hohe Qualität, robust und langlebig, diese Attribute zählten auch bei den Bewohnern der Stadt etwas. Einzig das zumeist recht graue Design machte nicht viel her. Vielleicht sollte er zumindest die Stoffe in der Stadt noch einfärben lassen.
„Wir können aufbrechen, alles ist bereit“, meldete einer der Kameltreiber.
Sie würden wieder ausschließlich in den Morgen und Abendstunden reisen müssen, keiner dieser Nachtjäger begleitete sie. Seine Bitte um einen Abgesandten hatte der Rat der Ältesten ausgeschlagen. Verdammte seien sie, allein schon ihr Stolz verböte es ihnen, auch nur in die Nähe der Stadt zu gehen, aus der sie einst verbannt wurden. Nach Jahrhunderten eine völlig überzogene Reaktion, fand der Karawanenführer, aber ändern konnte er sie nicht. So zogen sie also allein nach Norden, hinein in die endlose Weite der Einöde, ließen die Siedlung der Verdammten und einige Kinder, die ihnen noch eine Weile nachliefen, schnell hinter sich. Im ruhigen Wetter kamen sie zügig voran, rasteten lediglich für die heißesten Mittagsstunden und bauten ihr Nachtlager beinahe in völliger Dunkelheit auf. Hielten sie dieses Tempo durch, würden sie bis zur Stadt wohl lediglich zwei Wochen benötigen. Gerade eben wollte sich der Karawanenführer zur Nachtruhe betten, als am Rand des Lagers Aufregung entstand. Eine Gruppe Verdammter besuchte sie, der Karawanenführer kannte sie nicht aus der Siedlung. Zwei kräftige junge Männer, zwei ebenso junge Frauen, ein Junge an der Schwelle zum Erwachsensein und eine Frau in ihren besten Jahren standen ihm gegenüber.
„Mein Name ist Beo“, begrüßte ihn die ältere Frau, „Wir möchten Euch um etwas Wasser bitten. Unsere Vorräte sind knapp und unser Weg noch weit“
„So wie unser Weg“, entgegnete Der Karawanenführer, „Wir können kaum etwas entbehren. Die Einöde hat sich als ein unberechenbarer Ort erwiesen, ich möchte meine Männer wohlbehalten nach Hause bringen“
„Wo liegt Euer Zuhause?“, wollte eine der jungen Frauen wissen.
Ihre Augen schimmerten bisweilen seltsam. So etwas hatte der Karawanenführer noch nie gesehen.
„Weit im Norden, die Stadt oberhalb der großen Klippe. Aber ihr seht aus wie die Verdammten aus der Siedlung. Sie ist nur einen Tagesmarsch entfernt“, sagte der Karawanenführer.
„In der Siedlung sind wir nicht mehr willkommen“, entgegnete Beo.
„Wir könnten Euch begleiten, Euch führen“, schlug die junge Frau vor.
„Nein, wir müssen nach Süden! Die Erinnerungen, sie müssen bekannt gemacht werden“, widersprach einer der jungen Männer.
Seine Stimme klang seltsam entrückt, hatte einen starken Akzent. Er blickte entschlossen, beinahe bedrohlich. Erinnerungen an die Stadt der Alten flammten im Geist des Karawanenführers auf. Ein kalter Schauer strich über sein Genick. Die junge Frau fasste den Mann am Arm, ihre Augen leuchteten deutlich auf. Nach einer Weile entspannten sich seine Gesichtszüge. Er nickte einige Male, schüttelte dann wieder den Kopf, so als würde er sich mit der Frau ohne Worte unterhalten. Der Karawanenführer sah dem Schauspiel staunend zu. Die anderen Verdammten schwiegen betreten.
„Einverstanden“, sagte der Mann schließlich ohne diesen Akzent von vorhin, „Wir werden Euch nach Norden bringen. Mit uns müsst ihr in der Nacht nicht mehr rasten, uns reicht das Licht der Sterne. Damit kommt ihr schneller voran und spart mehr als die Vorräte, die Ihr mit uns teilt“
Diese Gruppe Verdammter war mehr als seltsam, gerade der junge Mann und die Frau mit den komischen Augen machten keinen allzu vertrauenserweckenden Eindruck. Unschlüssig wog der Karawanenführer seine Optionen ab.
„Also gut. Können wir heute Nacht noch weiterziehen?“, sagte er schließlich.
Die Aussicht auf eine schnellere Heimkehr hatte gesiegt.
***
Beugen, strecken, beugen, strecken. Mit schier unendlicher Gelassenheit spulte die Maschine ihr Programm ab, bewegte Esrins neues Bein. Stunde um Stunde, Tag für Tag. Ein wahrhaft
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