Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
meine Mutter überwacht jeden meiner Schritte. Zudem hat sie mit Kirai bereits in drei Tagen den Hochzeitstermin festgelegt. Kirai hat dabei die Rückkehr der Alten versprochen, insofern hat unser Plan funktioniert. Allerdings bin ich mir nicht sicher, wie viel er wirklich weiß. Dass er die Alten von sich aus ansprach, sich allzu leicht in die von uns gewünschte Richtung bewegte, macht mich misstrauisch. Sollte er sein Versprechen nicht einhalten – und nach allem, was wir wissen, kann er dies nicht – habe ich dennoch nichts gegen ihn in der Hand. Zwar streue ich auch weiterhin Gerüchte, doch diese zwingen Kirai zu nichts. Weder meine Mutter noch mein Vater haben dafür ein offenes Ohr. Die Hochzeit lässt sich kaum mehr verhindern. Bin ich erst mit ihm verheiratet, endet mein Leben!
Ich sehe nur einen Ausweg, wir müssen fliehen. Am Tag der Hochzeit sind die Tore zum Palast geöffnet, Kirai möchte Publikum. Für sein Scheitern haben wir hoffentlich gesorgt, es wird Tumulte geben. Dies ist unsere Gelegenheit zur Flucht. Du musst mich da rausholen, bitte! Wir gehen irgendwohin, in die fernen Lande oder bis hinter die Einöde. Wir können uns ein neues Leben aufbauen, nur du und ich. Ich liebe dich, Kex.
Nomo
„Was steht drin?“, wollte Petel wissen.
Kex hielt ihm den Brief hin.
„Du weißt, dass ich nicht lesen kann!“, beschwerte sich Petel.
„Sie möchte, dass ich mit ihr zusammen aus der Stadt fliehe“, sagte Kex.
Petel grinste und pfiff kurz durch seine Zahnlücke.
„Und, wirst du?“, fragte er.
Kex schwieg.
***
„Ich bin ein Priester des Tempels in eiliger Mission. Lasst mich sofort los“, rief Jarol.
Doch der Mann hörte nicht auf ihn, schleifte ihn wortlos weiter hinein in die königlichen Gärten. Einige Passanten – Beseelte, Diener und sogar zwei Wachen – schauten kurz, halfen Jarol aber nicht. Jarol schlug den Mann mit beiden Fäusten. Dieser griff ihn nur noch fester, hob ihn sogar ein wenig vom Boden ab, so dass Jarol auf Zehenspitzen den Hügel zu einer Gartenlaube hinauf tippeln musste. Die Laube war offensichtlich das Ziel der Entführung.
„Der erste Priester wird nicht erfreut über diesen Vorfall sein. Der ganze Zorn des Tempels soll Euch treffen“, drohte Jarol lautstark.
„Was soll dieser Lärm“, beschwerte sich Königin Isi und blickte müde von ihren Kissen auf.
Der Mann und Jarol hatten den kleinen Pavillon inzwischen erreicht.
„Meine Königin, wie befohlen bringe ich Euch Kirais kleinen Handlanger“, meldete der Mann und schubste Jarol zu Isi, „Dies hier hatte er bei sich“
Mit einer tiefen Verbeugung reichte der Mann Isi das Gerät der Alten. Isi betrachtete es mehr oder minder gelangweilt.
„Was ist das?“, wollte sie wissen.
„Mach den Mund auf, oder ich prügel die Antwort aus dir heraus“, herrschte der Mann Jarol an, als dieser schwieg.
Königin Isi beschwichtigte ihn mit einer kurzen Geste. Sicher schreckte sie vor Gewalt nicht zurück wenn es notwendig erschien, mit ansehen mochte sie diese aber nicht. Der Priester war jung, unerfahren und bereits jetzt ängstlich. Für ihn benötigte Isi lediglich die richtigen Worte.
„Ein Gerät der Alten“, sagte Jarol, „Nichts ungewöhnliches in den Händen eines Priesters, möchte ich anmerken“
„Wie wahr, wie wahr. Ich muss mich für meinen Leibwächter entschuldigen, er ist ein wenig grob. Nehmt es ihm bitte nicht übel. Es gehört einfach zu seinem Charakter. Wollt Ihr Euch nicht ein wenig zu mir setzen“, bat Isi und rückte ein Stück zur Seite.
„Ihr entschuldigt, Königin Isi, aber der Tempel wartet auf die Lieferung des Gerätes. Kann ich es bitte wiederhaben und meinen Weg fortsetzen“, lehnte Jarol ab.
„Er lügt. Ich habe ihn auf halben Weg zwischen dem Tempel und Kirais Anwesen aufgegriffen“, mischte sich der Leibwächter ein.
„Scht … er ist jetzt mein Gast und Gäste beleidigt man nicht“, wies Isi den Leibwächter zurecht.
„Entschuldigt, meine Königin“, sagte der Leibwächter, verbeugte sich noch einmal und trat in den Hintergrund.
„Und Ihr, Priester, Ihr werdet doch eine Bitte Eurer Königin nicht ausschlagen. Mein Geist verlangt nach spirituellem Beistand“, sagte Isi und klopfte dabei auffordernd auf das Kissen neben ihr.
Widerwillig setzte sich Jarol hin. Die Königin betrachtete ihn für eine Weile, ließ ihre Finger über sein Gesicht gleiten. Jarol wich zurück. Isi ließ ihre Hand sinken und lächelte amüsiert.
„Wozu ist das gut?“,
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