Die Legende der Dunkelheit: Thriller
die Reisetasche abnahm und sie in den Kofferraum stellte. »JFK?«
»Ja bitte«, erwiderte KC und drehte sich dann noch einmal um, schaute auf das Haus, überlegte, ob sie vielleicht einen Fehler machte. Im nächsten Moment dachte sie an Michael und an seine Abreise vor zwei Tagen. Sie fragte sich, ob er wohl das Gleiche gedacht hatte, als er in die Limousine gestiegen war und sich auf den Weg nach »Chicago« gemacht hatte, was ihm wohl durch den Kopf gegangen war, als er sie zum Abschied geküsst hatte. Hatte er die gleiche Reue empfunden wie sie jetzt? War ihm in den Sinn gekommen, dass er vielleicht einen Fehler machte?
»Würden Sie mich bitte noch mal kurz entschuldigen?«, sagte sie zu dem Chauffeur, der ihr den Wagenschlag aufhielt.
»Natürlich«, erwiderte der Mann.
KC drehte sich um und ging zum anderen Ende der Auffahrt, wo die drei Hunde auf einem riesigen Felsen lagen, von dem aus man das ganze Gelände überblicken konnte, und auf Michaels Rückkehr warteten. Schnell rief sie ihn auf seinem Handy an; vielleicht würde sie sich das Ganze noch einmal überlegen, wenn sie seine Stimme hörte. Es interessierte sie nicht, ob er immer noch in seiner Besprechung war, er musste das Gespräch annehmen.
Aber Michaels Telefon war abgeschaltet, der Anruf wurde gleich zur Mailbox weitergeleitet. Michael schaltete sein Telefon nie aus, und für diese Regel gab es nur zwei Ausnahmen: Wenn er in einem Flugzeug saß oder wenn er nicht mit ihr sprechen wollte. Und in diesem Fall hier wusste sie, dass Letzteres der Grund war.
Sie klappte ihr Telefon zu und lief zurück zu dem wartenden Wagen.
»Sind Sie so weit?«, fragte der Chauffeur.
»Ja.« Und KC stieg ein.
Kapitel 4
D er Verhörraum war etwa zehn Quadratmeter groß, und in der Mitte standen sechs Stühle um einen schwarzen Resopaltisch. Ein dicker Teppichboden, eine geflieste Decke, die Wände waren lärmschutzisoliert, was zusammengenommen sämtliche Nebengeräusche aus der Luft filterte, sodass Michael nur noch seinen eigenen Atem hören konnte, der ihm in den Ohren dröhnte.
Die Beleuchtung in dem kleinen Raum war gedämpft, keine Schatten, keine Fenster. Die schwere schwarze Tür hatte keine Klinke, was eine Flucht selbst im günstigsten Fall schwierig gestaltete.
Die Cops, die ihn mit dem Opfer im Arm vorgefunden hatten, hatten ihm Handschellen angelegt, ihn zu ihrem Streifenwagen geführt und dort eingesperrt, während sie die Zeugen befragt hatten. Ein Krankenwagen war gekommen, aber Michael wurde weggebracht, bevor er sehen konnte, was sie noch ausrichten konnten.
Bis jetzt hatte man ihn noch nicht vernommen und auch noch nicht unter Anklage gestellt, und er saß jetzt schon seit drei Stunden hier, ohne mit einem einzigen Menschen ein Wort gesprochen zu haben.
Schließlich ging die Tür auf, und ein Mann, den er bereits kannte, betrat den Raum. Er hatte mehrere dicke Akten dabei, die er auf den Tisch legte, dann drehte er sich um und schloss die Tür. Er setzte sich genau gegenüber von Michael hin und nahm die erste Akte vom Stapel. Sie war bezeichnet mit Kreml . Er schlug sie auf und ging sie in aller Ruhe durch, las sich durch Zeitungsartikel, Zeugenaussagen und Polizeiberichte, wobei jedem Dokument eine Übersetzung beilag. Zwischendurch schaute er immer wieder kurz auf und sah Michael an, als hätte er gerade etwas ganz Neues über ihn erfahren. Dann schloss er die Akte und griff nach der zweiten auf dem Stapel, auf der Vatikan stand. Er las sich durch ähnliche Übersetzungen von Zeitungsartikeln und Polizeiberichten. Zwanzig Minuten lang arbeitete er sich durch den Stapel: London, Brasilien, Istanbul, Schweiz.
Michael spürte, dass ihm heißer und heißer wurde. In all den Jahren war er nur ein einziges Mal verhaftet worden, und das war hier in New York gewesen. Er hatte seine Gefängnisstrafe abgesessen. Doch was er jetzt vor sich sah … bei seinen Transaktionen im Ausland war er nie geschnappt worden, man hatte ihn nicht einmal verdächtigt. Michael war gründlich und fast schon zwanghaft, wenn es um Vorbereitung, Planung und Ausführung ging.
Und doch lag hier jetzt, auch wenn das völlig unverständlich war, ein ganzer Stapel von Akten, und jede einzelne war mit einem Ort beschriftet, den er aus Gründen besucht hatte, die absolut nichts mit Tourismus zu tun hatten. Wenn er auch nur für eines der Verbrechen, die er dort im Ausland begangen hatte, verurteilt wurde, würde er den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen.
In
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