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Die Legende der Dunkelheit: Thriller

Die Legende der Dunkelheit: Thriller

Titel: Die Legende der Dunkelheit: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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aus. Ist Ihr Freund schon gelandet?«, fragte KC und bezog sich damit auf die kurze Unterhaltung, die sie vorhin am Ticketschalter geführt hatten.
    »Die Maschine hat Verspätung.«
    »Scheinen sie alle zu haben.«
    Annie wandte sich an den Barkeeper. »Könnte ich einen Weißwein bekommen?«
    Der Barkeeper nickte, schenkte ihr ein Glas ein und stellte es ihr hin.
    »Nach dem Tag, den ich hinter mir habe«, sagte Annie und nippte an ihrem Wein, »habe ich mir einen Drink verdient.«
    »Meiner Meinung nach kann man sich gar nicht genug gönnen, wenn man fliegt. Das macht die ganzen Verspätungen etwas erträglicher.«
    »Kommen Sie aus England?«, fragte Annie wegen KCs Akzent.
    »Aus London, aber ich lebe hier in New York.« KC ertappte sich dabei, dass sie das fast automatisch sagte.
    »Sind Sie viel unterwegs?«
    »Ich war immer ziemlich reiselustig, aber ich habe das letzte Jahr sozusagen Winterschlaf gehalten.«
    »Und wo reisen Sie jetzt hin?«
    »Nach Deutschland und von dort dann weiter nach London.«
    »Ach ja? Das ist aber eine ungünstige Verbindung.«
    »War ein Last-Minute-Flug und der einzige, den ich bekommen habe.«
    »Ich bin unterwegs nach Kent.«
    »Geschäftlich oder zum Vergnügen?«
    »Ein bisschen von beidem. Ich warte nur noch auf meinen Mitarbeiter, und dann nehmen wir den Firmenjet. Und Sie?«
    »Ich fliege nach Hause, um meine Schwester zu besuchen.«
    »Familie ist etwas Schönes.«
    »Wenn die Welt zu chaotisch wird, ist Familie manchmal genau das, was man braucht.«
    »Das muss schön sein«, meinte Annie mit einem Hauch von Wehmut in der Stimme.
    »Haben Sie keine Familie?«
    »Eigentlich nicht«, gab Annie zur Antwort, »man hat mich von einer Pflegefamilie in die andere gesteckt.«
    »Das tut mir leid.«
    »Haben Sie eine große Familie?«
    »Ach nein. Nur meine Schwester und ich. Aber das genügt uns.«
    »Ich hatte mal eine Weile einen Pflegebruder, das war schön.«
    KC nickte. »Meine Mutter ist gestorben, als ich fünfzehn war. Seither sind meine Schwester und ich auf uns selbst gestellt. Es muss hart gewesen sein, in Pflegefamilien aufzuwachsen.«
    »Kein Grund für Selbstmitleid«, erwiderte Annie mit einem Lächeln. »Es hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Es hat mich stark gemacht und mich gelehrt, mich an den kleinen Dingen des Lebens zu erfreuen.«
    KC wusste um die Mauern, die ein Kind um sein Herz errichtete, wenn es keine Eltern hatte.
    »Lassen Sie uns auf die Selfmadefrauen anstoßen!« KC hob ihr Glas und prostete Annie zu.
    »Auf die Selfmadefrauen.« Annie stieß mit ihr an.
    »Was machen Sie beruflich?«, fragte KC.
    »Militärberatung.«
    KC lächelte überrascht.
    »Ich weiß. Danach sehe ich überhaupt nicht aus. Aber Sie sollten mich mal in Tarnkleidung sehen. Und was machen Sie beruflich?«, fragte Annie.
    »Nicht viel«, erwiderte KC mit einem künstlichen Lachen in der Stimme.
    »Sie sehen aber gar nicht aus wie jemand, der ›nicht viel‹ macht.«
    »Ich war Beraterin für die Europäische Union«, erklärte KC und gab damit den angeblichen Beruf an, hinter dem sie sich lange Zeit versteckt hatte.
    »Entschuldigen Sie, dass ich das sage, aber Sie sehen eher aus wie ein Model, das von der Titelseite irgendeines Modemagazins entsprungen ist.«
    KC versuchte, nicht rot zu werden. Michael hatte immer ein Loblied auf ihr Aussehen gesungen, etwas, was sie in ihrer Jugend nie erlebt hatte; sie war nie bewundert und gelobt worden und konnte deshalb nicht gut damit umgehen. »Vielen Dank. Ich bin aber eher ein Naturkind: Klettern, Extremskifahren, Base-Jumping – lauter Sportarten also, bei denen Adrenalin ausgeschüttet wird.«
    Annie lächelte sie wissend an. »Aus dem gleichen Grund bin ich zum Militär gegangen; ich liebe Sport, die abenteuerlichen Sachen, nicht den faden Kram. Ich könnte nie hinter einem Schreibtisch hocken, und sich als Sportler ohne Mannschaft seinen Lebensunterhalt zu verdienen ist ziemlich schwierig.«
    Einen Moment lang schaute sie mit wehmütigem Blick zur Seite, dann wandte sie sich wieder KC zu. »Verheiratet?«
    KC zeigte ihr ihren nackten Ringfinger. »Habe die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben. Und Sie?«
    »Ich glaube nicht an die Ehe. Ich glaube nicht, dass wir uns vor Gott stellen müssen, um unsere Absichten kundzutun.« Annie schwieg kurz. »Und wer will uns vorschreiben, dass die Liebe ein ganzes Leben lang halten muss?«, sagte sie dann und fügte glucksend hinzu: »Bei mir hält sie meistens kaum länger

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