Die Legende der Dunkelheit: Thriller
als einen Monat.«
»Es macht aber alles einfacher, für die Kinder.«
»Haben Sie Kinder?«
»Was das angeht, habe ich die Hoffnung auch noch nicht aufgegeben. Und Sie?«
»Werde ich nie haben.«
»Man soll nie Nie sagen.«
»Nein, ich will damit sagen, dass ich keine bekommen kann«, erklärte Annie, und dabei lag ein Hauch von Bedauern in ihrem Blick.
»Das tut mir leid.«
»Mir nicht.« KC meinte zu sehen, dass ihre Augen etwas anderes sagten. »Wenn Sie mich richtig kennen würden, würden Sie das verstehen: Ich würde eh keine gute Mutter abgeben. Ich habe zu viel Spaß an dem, was ich beruflich mache.«
KC schaute nach oben auf die Abflugtafel, und im nächsten Moment sank ihre Hoffnung. Ihr Flug hatte nicht mehr Verspätung, man hatte ihn annulliert.
Annie folgte KCs Blick zu der Tafel. »Oh nein.«
KC stand auf und hob ihre Reisetasche vom Boden auf.
»Warum fliegen Sie nicht mit uns?«, bot Annie ihr an. »Die Vereinigten Staaten von Amerika laden Sie ein, was da heißt, dass die Steuern der Bürger endlich mal sinnvoll genutzt werden. Wir wären sonst ja nur zu zweit in einer Maschine, die für sechzehn Personen gedacht ist.«
»Vielen Dank, aber ich gehe lieber los und kümmere mich um einen anderen Flug.«
»Wir wissen beide, dass das vor morgen früh nichts mehr wird. Wir helfen Ihnen sehr gern aus.«
»Nein, das ist schon in Ordnung.« KC hatte keine Probleme damit, anderen zu helfen, aber es fiel ihr sehr schwer, Hilfe anzunehmen. Doch dann ging KC auf einmal auf, was passieren würde, wenn sie keinen anderen Flug bekäme: Dann musste sie wieder nach Hause fahren, zurück zu Michael. Und auch wenn sie das vielleicht wollte, zuerst musste ihre Wut auf ihn verrauchen. Sie musste unbedingt herausfinden, welchen Weg sie einschlagen wollte, nicht nur jetzt, sondern auch im Hinblick auf ihr ganzes weiteres Leben.
»Ich bestehe darauf«, bedrängte Annie sie weiter. »Von Kent sind es nur knapp zwei Autostunden bis London. Bei der Geschwindigkeit, mit der Sie im Moment vorankommen, schaffen sie es nie bis dorthin. Und Sie wollen Ihre Schwester doch bestimmt nicht enttäuschen, oder?«
Ein groß gewachsener Mann mit einem schwarzen Bürstenhaarschnitt betrat die Bar. Er trug einen grünen Seesack über den breiten Schultern und suchte mit seinen dunklen Augen den Raum ab. Als er Annie erblickte, ging er auf sie zu.
»Rick Vajos«, sagte Annie, »das hier ist KC.«
Mit einem angedeuteten Lächeln nickte Rick KC an. »Das Flugzeug ist betankt und startklar, in zwanzig Minuten geht es los.«
Annie drehte sich zu KC um. »Bitte, kommen Sie mit uns. Vor morgen früh bekommen Sie keinen anderen Flug, und das bedeutet, dass Sie frühestens morgen Abend in London sind. Und haben Sie sich schon überlegt, wo Sie heute die Nacht verbringen wollen? Der Fußboden im Terminal sieht nicht gerade bequem aus.«
KC schaute noch einmal auf die Abflugtafel, als hoffte sie, dass man ihren Flug auf magische Weise »entannulliert« hatte. Als sie sich umsah, fragte sie sich plötzlich, ob es richtig war, Michael zu verlassen. Ihr gequältes Herz mahnte sie, zu bleiben, aber … ihr Verstand hatte dahingehend nur Zweifel.
Und dann war da diese Frau hier, die hatte etwas an sich – KC konnte eine innere Verbindung spüren, vielleicht, weil sie beide die gleiche Vergangenheit hatten und Waisen waren. Da war aber noch etwas anderes, sie hätte nur nicht sagen können, was es war.
Sie gingen über das Rollfeld zu dem Bombardier-Jet, der startklar und mit leise säuselnden Triebwerken bereitstand. KC stieg hinter Annie die Gangway hinauf und betrat die luxuriöse Kabine des Business-Jets, in der für mindestens sechzehn Passagiere Platz gewesen wäre.
»Sieht nicht unbedingt nach Militär aus.«
»Nein«, gab Annie zu und stopfte ihre Reisetasche in den Schrank hinter dem Cockpit. »Unser Pilot aber schon, und das Gleiche gilt auch für unser Rufzeichen. Es sorgt immer für ziemlich viel Aufregung, wenn irgendwo ein Militärflugzeug landet. Also verlassen diese Teile hier die Fabrik mit einem schlichten weißen Anstrich.«
Rick verstaute seinen grünen Seesack und setzte sich wortlos in einen der breiten weißen Ledersitze, klappte ihn nach hinten und schloss die Augen. KC und Annie nahmen einander gegenüber Platz, zwischen ihnen war der Gang. »Möchten Sie irgendetwas essen oder trinken?«
»Nein, vielen Dank«, erwiderte KC.
Als die Tür sich schloss und der Druck in der Kabine erhöht wurde, hatte KC
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