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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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reiches Mädchen wie Ihr schon von Pferden und ihren Blähungen?« Randur ließ sich in der Kammer, die er für die Tanzstunden bestimmt hatte, auf einen Stuhl sinken. Das Feuer prasselte für seinen Geschmack zu laut, obwohl der Zugluft wegen Wandteppiche vor den Fenstern hingen. Immerhin war er für das Halbdunkel dankbar, denn sein Kopf begann zu dröhnen, kaum dass er eine Kerze sah. Seine Schülerin trug heute eins ihrer grünen Seidentrikots, und er musste zugeben, dass sie darin ungemein gut aussah.
    Wenn sie nur länger als einen Moment den Mund halten könnte …
    Er stützte das Gesicht in die Hände und massierte sich die Kopfhaut. »Oh Bohr!«
    »Und darf ich fragen, wie Ihr Euch in diesen Zustand laviert habt?«, wollte Eir wissen.
    »Nein«, ächzte Randur und sah zu ihr hoch. In ihrer Miene stand eine Entrüstung, die er bei Frauen nicht gewohnt war. Er war immerhin für Fragen des Stils und des Auftretens zuständig – also lagen die Dinge für ihn nicht allzu gut.
    »Ist Euch klar, mit wem Ihr redet?« Sie klang empört.
    »Na sicher«, erwiderte Randur.
    »Und doch bringt Ihr mir offenkundig keine Achtung entgegen?«
    »Tut mir leid.« Er erhob sich und verbeugte sich so spöttisch vor ihr, wie sein Kopfschmerz es zuließ. Ihm war nicht nach dieser unsinnigen Förmlichkeit.
    Ihrer Miene nach schien sie unschlüssig zu sein, ob er das ernst meinte. »Wolltet Ihr keinen Trommler bestellen, der uns den Takt vorgibt?«, fuhr sie beharrlich fort. »Vielleicht hat der sich ja auch in Probleme geritten?«
    »Ich hatte keinerlei Probleme«, widersprach Randur und rieb sich die Augen. »Ich komme auf Villjamurs Straßen sehr gut zurecht.«
    »Davon bin ich überzeugt«, erwiderte Eir spitz. »Und nun sagt mir gefälligst, wo Ihr wart und was Ihr getrieben habt.«
    »In den Höhlen war ich, wenn Ihr es unbedingt wissen wollt.« In der Hoffnung, seine Kopfschmerzen loszuwerden, ging er im Zimmer auf und ab und trat mitunter ans Fenster. Die kalte Luft schien ihm das Frischeste zu sein, was er je geatmet hatte.
    »In den Höhlen?«, fragte Eir stirnrunzelnd. »Was habt Ihr denn da gemacht? Solange Ihr im Palast wohnt, solltet Ihr Euch schicklicher betragen. Haltet Ihr es nicht für unbesonnen, Euch bei all den Strolchen herumzutreiben? Ich habe von jungen Dienerinnen gehört, die sich in die falsche Straße gewagt haben und … «
    »Habt Ihr eine Ahnung, was da unten wirklich vorgeht?«, fuhr Randur sie an, warf ihr einen verzweifelten Blick zu und schüttelte den Kopf. Bei Bohr, wie verdorben die Leute im Palast sind!
    »Nun«, gab Eir zurück, »ich habe gehört, dass sich dort alle möglichen Diebe und Mörder herumtreiben. Und Soldaten, die auf die schiefe Bahn geraten sind.«
    »Davon mag es dort unten einige geben«, räumte Randur ein. Dann war es eine Zeit lang so still, dass man den Wind durch den Balmacara wehen hörte. Als er begriffen hatte, was Eirs Worte eigentlich bedeuteten, setzte er hinzu: »Ihr habt also all die Jahre über in Villjamur gewohnt, ohne je dort gewesen zu sein?«
    Eir zuckte ungehalten die Achseln. »Ich habe nicht die Zeit, um mich darum zu kümmern, was solche Leute treiben. Warum sollte ich mich in diese Dunkelheit wagen?«
    Randur ächzte, um nicht auflachen zu müssen. Wie kann dieses Mädchen die Staatsgeschäfte auch nur übergangsweise führen, wenn sie von der Hälfte derer, die in ihrer Stadt leben, keinen Schimmer hat? Was bin ich froh, nicht in einem Palast aufgewachsen zu sein!
    Er war müde und wusste, dass er – wie stets, wenn er zu wenig geschlafen hatte – mürrisch wurde. Und der Kater, den er obendrein hatte, ließ ihn stocksauer sein. »Was hat es mit dieser Stadt, diesem legendären Zufluchtsort auf sich? Diesem Edelstein des Kaiserreichs Jamur? Der größten Stadt des Archipels, vor deren Toren Tausende Flüchtlinge lagern, während die Regierenden Millionen einfacher Bürger glatt ignorieren, weil sie keine Ländereien besitzen oder sich an der Fron unterworfener Stämme – eigentlich am Lohnsklaventum – keine goldene Nase verdient haben? Diese Menschen sind gar nicht real für Euch, oder?«
    » Jeder ist für mich real«, widersprach Eir.
    »Haltet Ihr Euch überhaupt für real?«, höhnte Randur. »So verwöhnt, wie Ihr hier im Palast lebt?«
    »Ich führe ein pflichtbewusstes Leben, bin seit Jahren eingespannt und habe jede Menge Aufgaben zu erfüllen.«
    »Aufgaben! Aber sicher! Ich wette, dass Euch stets noch die kleinste Mühe abgenommen

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