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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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als blassrosa Dunst zur Erde sank. Dann fiel der Mann vornüber und war still.
    Binnen Sekunden tauchte eine Banshee im Durchgang auf, als hätte sie den Vorfall die ganze Zeit verfolgt. Sie war in einen Umhang gehüllt, und ihr ausgemergeltes Gesicht hob sich markant von ihrem zerzausten pechschwarzen Haar ab. Mit abwesendem Blick holte sie tief Luft und begann ihre Totenklage, wobei sie den Mund unfassbar weit öffnete.
    Die gesättigten Blutkäfer waren davongekrabbelt, und schon warf ein wachsender Menschenauflauf seinen Schatten auf den Leichnam. Da Randur der Appetit vergangen war, gab er seine Pastete einem Gassenkind in schmutzigen Lumpen.
    »Willkommen in Villjamur«, murmelte er in sich hinein.

KAPITEL 2
    Der Knall weckte ihn, ein tiefes Beben, das den Boden unter ihm zu verschieben schien. Kommandeur Brynd Lathraea schlug die Augen auf, atmete kalte Luft ein, hob den Kopf und stellte fest, dass er in einem Birkenwäldchen auf dem Boden lag und morsche Äste ihm in den Rücken stachen. Mit den Fingerspitzen ertastete er nasse Baumwurzeln und wollte sich an ihnen aufrichten, bekam sie aber nicht richtig zu fassen und fiel wieder auf den Rücken. Ihm war übel.
    Er versuchte zu begreifen, was geschehen war.
    Durch die Bäume war eine korkenzieherartige Rauchwolke zu erkennen, und Äste bogen sich im kalten Wind. Ihm klangen die Ohren. Weiße Strähnen wehten vor seinen Augen.
    Wie war er hierhergekommen?
    Ich war an Deck eines Schiffs.
    Dann ist etwas in die Luft gegangen.
    Er rappelte sich auf und merkte, dass sein gesamter Körper schmerzte.
    Neben ihm lagen die Reste einer Holztür, die er als Luke seines Langschiffs erkannte. Sein Säbel und sein Beil waren nirgendwo zu sehen. War das Messer noch im Stiefel? Ja – gut!
    So benommen er war, kehrten doch langsam die Gedanken zurück.
    Als Kommandeur der Nachtgarde war er in Erfüllung der nutzlosen Befehle des Kaisers kürzlich hier angelandet. Er war von Villiren aufgebrochen, einer so weitläufigen wie hässlichen Handelsstadt, um Villjamur mit einem guten Vorrat an Feuerkorn zu versorgen, ehe das eisige Wetter zu rau wurde. Das hatte er für eine sinnlose Aufgabe gehalten.
    Endlich gelang es ihm, auf die Beine zu kommen. Brynd torkelte durch den dunklen Buchenwald und hielt zwischen den marmorierten Stämmen nach Bewegung Ausschau. Während er nach Ästen griff oder auf moosigen Steinen ausrutschte, nahm er Einzelheiten wahr. Bald kam er an dem in Stücke zerrissenen Leichnam eines Nachtgardisten vorbei und erkannte an dessen reichverziertem Bogen, dass es Voren war. Hundeartige schwarze Gheele umgaben den Toten, und ihre Dreifachzungen und doppelten Augenpaare zuckten rhythmisch um die offenen Wunden – ein Ritual, das so alt war wie das Land selbst. Knochen wurden zermalmt.
    Silhouetten zogen links und rechts durchs Halblicht, und er fragte sich, was sie zu bedeuten hatten.
    Er erkannte die Umrisse des Kullfjords, der zu beiden Seiten von hohen Hügeln umgeben war, die sich in der Ferne verloren. Es handelte sich um Dalúk, einen Naturhafen, der außerhalb militärischer Kreise kaum bekannt war. Von seinen steinigen Ufern ging es ein gutes Stück zum Salzwasser hinunter.
    Am Horizont flogen schwarze Seeschwalben im Bogen nach Norden. Trotz des unheilschwangeren Himmels über der verschneiten Tundra war die Atmosphäre seltsam heiter. Brynd bemerkte, dass an einem dunklen Hang die Steine zu einem Upsul angeordnet waren. Der auf der Insel ansässige Aes-Stamm war also schon weiter nach Westen gezogen, vielleicht, um seine Winterquartiere zu erreichen. Dort würde er lange bleiben.
    Trotz der unaufhörlich an die Felsküste krachenden Brandung waren überall am Ufer Schreie zu vernehmen.
    Er humpelte um einen Waldzipfel herum, der bis ans Wasser führte.
    »Scheiße!«
    Zwei seiner drei Langschiffe waren völlig zerstört. Der Geruch flammenden Öls stach ihm in die Nase. Lodernde Wrackteile schwammen auf dem Wasser; zersplittertes Holz und geborstene Fracht waren an der Küste verteilt; einst stolze Segel hatten sich in brennende Lumpen verwandelt, die vor seinen Augen mit ihren Masten versanken. Drei Nachtgardisten trieben bäuchlings im Wasser. Einige Soldaten fochten noch an der Küste. Gerade sank einer unter einer Pfeilsalve nieder. Seine Männer waren in einen Nahkampf verstrickt, und Dutzende von Clansleuten waren bereits tot oder starben zu ihren Füßen.
    Weitere Stammeskrieger strömten mit Äxten in den Händen aus dem Wald auf sie zu.

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