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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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verabschiedete ihn mit einer wegwerfenden Geste. Der Flugleutnant zuckte zusammen, was einen kleinen Windstoß auslöste, und verließ das Zimmer.
    Urtica trat an einen Wandteppich und schlug ihn zurück. Er blickte durch das Fenster über die Stadt und sah den Garuda über die Türme und Brücken nach Osten davonfliegen.
    Dann bedachte er die missliche Lage. Natürlich durfte er keinem von seinen geringfügigen Manipulationen erzählen – die Leute mochten die größeren Zusammenhänge einfach nicht sehen. Aufgrund der Beweise, die ihm bestochene Schurken in Dalúk geliefert hatten, verfügte das Kaiserreich nun über eine Rechtfertigung für einen Angriffskrieg. Der Verlust einiger Nachtgardisten bewies nur, dass diese aufgeblasenen Schwachköpfe längst nicht so wunderbar waren, wie sie gern von sich dachten. Das Kaiserreich konnte sich nun weitere Rohstoffe – ob Holz, Nahrung oder Erz – verschaffen, was angesichts der aufziehenden Eiszeit nur von Vorteil war. Und sie konnten einen weiteren Staat im Osten erobern und das alte Jamur noch ruhmreicher werden lassen.
    Das waren die größeren Zusammenhänge.

KAPITEL 25
    Brynd musste sich mit dem Sternenlicht zufriedengeben, um durchs Labyrinth der Straßen zu finden, die sich mal mehr, mal weniger wanden und krümmten. Ihm fiel ein, wie sehr es ihn vor Jahren bei seiner ersten Erkundung verblüfft hatte, dass sie oft richtige Kehren machten und ihn geradezu in die Gegenrichtung führten. Kaum kürzte man hier ab oder nahm da einen versteckten Seitenpfad, schon kam man an unbekannte Kreuzungen und befand sich nicht allein im geografischen, sondern auch im psychologischen Sinne in neuem Gelände.
    An diesem Abend aber war es anders. Er wusste genau, wohin er ging.
    Der Stein, aus dem die Stadt errichtet war, schimmerte stets etwas unwirklich, und Reisende empfanden die Bauten oft als geisterhaft und surreal. Auch Brynd hatte den Eindruck, durch einen Traum zu wandeln.
    Schließlich fand er die richtige Tür, klopfte an und wartete. Papus persönlich, die Leiterin des Dawnir-Ordens, öffnete ihm. Sie war ganz in Grau gekleidet. Nur ihr Gesicht war unter der Kapuze zu erkennen, mit der sie ins Mondlicht trat. Unter dem Kinn war ihr Medaillon nur gerade eben zu sehen, doch das Symbol darauf – eine erhobene Handfläche – sagte ihm nichts.
    »Ich habe Eure Nachricht erhalten«, flüsterte sie, und ihre Worte wurden in der kalten Luft zu Nebel.
    »Meint Ihr, Ihr könnt mir helfen?« Etwas Dringliches hatte sich in seine Stimme geschlichen. Von einem Fuß auf den anderen tretend, rieb er sich ungeduldig die Hände.
    »Schon möglich.« Sie warf einen raschen Blick in die Dunkelheit hinter sich, schloss die Tür und trat hinaus in die Gasse.
    Sie gingen durch die Nacht, überstiegen immer wieder Müllhaufen, die sich im Rücken des Häusergewirrs angesammelt hatten, und brauchten eine Stunde bis zu den Höhlen.
    Der Hafen wurde von Fischern genutzt, die mit Kajaks oder größeren Booten in ständigem Kommen und Gehen Tag und Nacht in den angrenzenden, mitunter auch weiter entfernten Fischgründen ihre Netze auswarfen und Villjamur ernährten. Trotz Schließung der Tore war der Hafen offen geblieben und bot inzwischen den einzigen freien Zugang in die Stadt und ins Umland. Überall waren Soldaten postiert, damit keine Flüchtlinge eingeschmuggelt wurden. Die Wächter erkannten ihren Kommandeur und grüßten ehrerbietig. Am Ende einer schmalen Gasse zu seiner Linken sah Brynd Sterne im Wasser funkeln.
    Papus schwieg lieber, als dass sie redete, und Brynd war das sehr recht. Er hatte ohnehin vieles zu durchdenken. Sie hatten schon zusammengearbeitet, und der Kommandeur hatte ihr bereits von seiner kommenden Aufgabe und seinem Bedarf erzählt.
    Den meisten Orden lag wenig daran, in die Belange des Kaiserreichs verwickelt zu werden. Mitunter waren sie ein echtes Rätsel und verfolgten aufgrund geheimer Informationen eigene Absichten. Über Nacht konnte sich das Gleichgewicht der Kräfte zwischen ihnen ändern, sodass neue Vereinbarungen auszuhandeln waren. Über ihre Relikte wusste er noch weniger, da die Kultisten ihre eigenen Methoden hatten, ihr Wissen für sich zu behalten. So ging es seit Jahrtausenden, und einige Orden waren so alt wie die Stadt selbst.
    Er führte Papus zu einem der großen Granitbauten am anderen Ende des Hafens, einem nichtssagenden Gebäude mit fensterloser Fassade. Dort klopfte er. Eine Soldatin der Zweiten Dragoner öffnete ihm und

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