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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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Geld bedeute ihr wenig. Einen Monat zuvor hätte er sie wegen des sorglosen Umgangs damit noch ein verdorbenes Früchtchen genannt. Seltsam, dachte er, dass die Liebe Anschauungen so rasch wandeln kann.
    Aufgeregt erinnerte sie ihn daran, dass am nächsten Tag der Schnee-Ball stattfand und sie einen wundervollen Abend mit dem Mann erleben wollte, den zu lieben sie beschlossen hatte. Selbst ein Zyniker wie Randur stellte erstaunt fest, dass auch er sich darauf freute. Er nahm sich vor, auf die neueste Mode der Stadt zu achten und die Trends ein wenig zu überspitzen, da es seine geheime Mission war, Villjamur in Modedingen ein wenig aus der Einfallslosigkeit zu helfen.
    Mit einem Beutel voller Jamún unterm Umhang stieg er die Treppen des Balmacara hinunter und trat auf die Terrasse hinaus, von der man einen herrlichen Blick auf die heute leider im Nebel liegende Stadt hatte. Er konnte nicht einmal halb so viele Türme erkennen wie am Vortag, doch wenigstens schneite es nicht. Ein Garuda segelte über ihm dahin und verschwand im Weiß, doch in letzter Zeit waren recht wenige Leute draußen unterwegs.
    Eine Viertelstunde lang suchte er nach der Straße, in der der bewusste Orden angesiedelt war, und kramte in seinem Gedächtnis nach dem richtigen Weg durchs trügerisch surreale Gassengewirr. Schließlich schien er an den richtigen Ort gekommen zu sein, runzelte aber die Stirn, weil dort keine Tür mehr war, sondern nur eine Gestalt im Mantel, die Wache stand.
    »Morgen!«, sagte Randur und wollte vorbeischlüpfen.
    »Verschwindet!«, fuhr die Frau ihn an.
    »Ich muss zu Dartun«, widersprach er. »Ich hab was für ihn. Wir hatten eine Vereinbarung.«
    »Der ist nicht da«, entgegnete die Frau säuerlich.
    »Aber doch sicher jemand anders vom Orden der Tagundnachtgleiche?«
    Sie funkelte ihn böse an. »Warum wollt Ihr das wissen?«
    Nachdem er es ihr erklärt hatte, brachte man ihn zur weiteren Befragung ins Haus.
    Randur wurde in einen der düsteren Kellerräume geführt, an denen in Villjamur kein Mangel herrschte – einen Ort, wo es kalt war und kaum Licht gab. Man wies ihn an, in der Ecke auf einem unbequemen Hocker zu warten. Randur bekam langsam Panik, da er in den letzten Monaten stets angenommen hatte, er bräuchte dem Kultisten nur das Geld zu geben, und seine Mutter wäre auf wundersame Weise gerettet.
    Eine Metalltür öffnete sich knirschend. Schritte schlurften heran. Jemand atmete schwer … packte ihn an der Schulter und drückte ihn gegen die Wand.
    Eine andere Frauenstimme knurrte: »Warum kommt Ihr Dartun besuchen?«
    Randur blinzelte ins Dunkel, und die Frau packte ihn noch fester. »Ich wollte ihm nur etwas bezahlen, wie wir es vereinbart hatten. Und nun merke ich, dass er nicht da ist und etwas Seltsames vorgeht. Lasst Ihr jetzt bitte meine Schulter los und erzählt mir, was ihm zugestoßen ist?«
    »Der kehrt nicht mehr nach Villjamur zurück.«
    »Aber … was ist mit den anderen Mitgliedern seines Ordens?« Randur verzweifelte zusehends. Dartun hätte an Ort und Stelle sein sollen.
    »Die haben ihn begleitet oder wurden verhaftet. Der Orden der Tagundnachtgleiche ist inzwischen im ganzen Kaiserreich geächtet.«
    »Mist!«, zischte Randur beunruhigt und erklärte dann seine Lage.
    »Jetzt erinnere ich mich«, sagte die Stimme. »Ihr seid der Junge, den ich an Dartun verwiesen habe – zum Ausgleich dafür, dass Ihr mir das Leben gerettet habt. Aber jetzt kann ich nichts mehr für Euch tun.«
    »Aber das müsst Ihr! Unbedingt! Nur deshalb bin ich ja in diese Stadt gekommen!«
    »Bedaure. Aber Ihr dürft immerhin gehen.«
    »Können mir denn keine anderen Kultisten helfen? Ich habe Geld, seht!« Randur stand auf, merkte aber nach einer längeren Stille, dass er allein war. Dann fiel Fackellicht in den Kellerraum, und er wurde nach draußen geführt.
    Seine Welt war in sich zusammengestürzt. Als er später auf Eirs Bett lag, hätte er sich gern übergeben, weinte stattdessen aber wie ein Zehnjähriger, während er ihr alles erzählte. Sie saß neben ihm und ließ ihn zu Ende berichten, und er schämte sich dafür, seine Gefühle so zu offenbaren. Doch trotz ihres Alters besaß sie unerwartet mütterliche Eigenschaften. Er mochte das. Danach stand er auf, verließ den Balmacara, ging zwei Stunden lang über die Brücken der Stadt und kehrte feucht und verfroren zurück.
    Dann weinte er weiter.
    Eir hielt seine Hand. »Es ist völlig verständlich, dass du aufgeregt bist, Rand – sei also nicht so

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