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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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aber immerhin wirkte sie durchaus fröhlich. Gewisse Dinge schienen das süße junge Mädchen in ihr wieder zum Vorschein zu bringen, und so lächelte er bloß und konzentrierte sich auf den Mann auf der Bühne.
    Wie jeder Golemist verteilte auch er mehrere hüfthohe, speckbäuchige Figuren auf der fackelerleuchteten Bühne und zog sich dann – gefolgt von der weißen Pterodette – durch die Mitte zurück.
    Ein Gitarrist schlug Akkorde, vor allem kleine Terzen, und einige magische Blitze später erwachten die Steinfiguren erwartungsgemäß nacheinander zum Leben und begannen sich zu einem hypnotischen Rhythmus um sich selbst zu drehen.
    Die vielen Besucher änderten die chemische Zusammensetzung der Luft, und der Einzelne verlor seinen individuellen Geruch. Nanzi arbeitete sich mehrere Stockwerke abwärts, ließ sich auf die Decke des eigentlichen Zuschauerraums hinunter, schwebte dann über der Bühne und besah sich Kulissen und Theaterapparat. Seile liefen abwärts ins Scheinwerferlicht, und ein roter Vorhang hing in traurigen Falten wie ein uraltes Gesicht herab. Nanzi musterte die Zuschauer lange, ehe sie Jeryd und Marysa weit hinten und ein wenig abseits entdeckte. Zwar waren viele Leute gekommen, doch es hätten noch einige Hundert mehr ins Theater gepasst. Die trockenen und soliden Wände schienen bestens zum Krabbeln geeignet.
    Nanzi huschte über ein kleines Metallgeländer von der Bühne. Der Golemist sah nur kurz auf, als sie im Halbdunkel verschwand.
    Das ist wirklich nichts Neues , dachte Jeryd. In Villjamur haben sie das zehnmal besser gemacht als dieser Schwachkopf. Und ich hab Unsummen für die Eintrittskarten bezahlt! »Großer« Iucounu? Gute Güte!
    Etwas flimmerte seitlich von ihm an der Decke, doch es war zu dunkel, als dass er wirklich etwas hätte erkennen können. Vielleicht suchte er ja einen Vorwand, dieser lahmen Vorführung nicht länger zusehen zu müssen.
    Auf der Bühne eierten die Golems herum, als würden sie gleich Hungers sterben, während der »Große« Iucounu aus seiner halben Verbeugung fast entschuldigend aufblickte. In Villjamur sah man diese Geschöpfe am Ende der Vorführung im Zuschauerraum herumfliegen – was also würde diese Niete sich einfallen lassen? Jeryd schüttelte seufzend den Kopf. Jemand in der Nähe buhte, und er hätte sich ihm angeschlossen, wenn seine Frau die Vorstellung nicht so teilnahmsvoll verfolgt hätte.
    Mit exakten Schritten wich Nanzi den großen Wandporträts aus. Sie musste vorsichtig sein, weil Jeryd bereits einmal in ihre Richtung gespäht hatte. Da sie den Leuten in den ersten Reihen zu nah gekommen war, kletterte sie fast zehn Meter aufwärts und an die Decke, von wo sie kopfüber in den Zuschauerraum sah. Als sie sich lotrecht über dem Beutepaar befand, würgte sie Seide hervor, stellte befriedigt fest, dass das Material sie tragen würde, und ließ sich behutsam an einem dicken Faden ab, damit niemand sie bemerkte und – ein Schrei, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Jeryd sah nach links und rechts und auf die vorderen Reihen und den unbegabten Trottel auf der Bühne, doch da war nichts … und dann ging alles ganz schnell. Das Ding kam von oben – eine Spinne , die einfach herabsank! – , und er schrie mit hämmerndem Herzen: »Bitte nicht!«, empfand größte Beklemmung, wollte nicht, dass das Wesen ihn berührte –
    Plötzlich riss Marysa ihn beiseite und schob ihn unter die Sitze. Lautlose Schreie geisterten ihm durch den Kopf, und er schlug die Arme vors Gesicht und spähte zwischen den Fingern nach seiner Frau, die mit einem Messer dahin und dorthin zielte, um die riesigen Spinnenbeine zu treffen. Sie bewegte sich dabei ungemein anmutig und wich den Streichen aus, die das Tier ihr im Gegenzug zu versetzen suchte. Doch Jeryd musste sich abwenden. Der Sitz neben ihm wurde zerfetzt, er begann zu zittern, und alles verschwamm ihm vor Augen, und das Schreien wurde leiser, und er …
    »Jeryd … «
    Die Stimme seiner Frau war unglaublich wohltuend.
    Dann bekam er einen Schwall Wasser ins Gesicht. Das war weniger wohltuend.
    Er rieb sich trocken und blickte sich um, nun blitzwach und sehr nervös. »Was ist passiert?«
    »Du warst ohnmächtig«, erklärte Marysa peinlicherweise.
    »Stramme Leistung«, meinte jemand, und einer der Theaterbesucher, die auf ihn heruntergafften, lachte.
    Jeryd lag auf einigen Mänteln im Foyer, dessen schicke Fackelhalter und elegante Dekors im Hintergrund zu sehen waren.
    »Ist mir

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