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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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Rauch aufstieg, zogen Karren. Vier Trilobiten folgten einem Hafenarbeiter in eine Seitengasse. Jeryd roch, dass ärgerlich weit entfernt Brot gebacken wurde.
    Ein Stück die Straße hoch fielen ihm drei ältere Leute in dunklen Umhängen auf, die sich recht seltsam verhielten. Sie bückten sich über einen wunderlichen Gegenstand, und ihr Auftreten ließ ihn sofort annehmen, sie seien Kultisten. Alle trugen verschiedenfarbigen Tweed, wie er ihn lang nicht mehr gesehen hatte. Die Frau war groß, die beiden Männer so klein wie er. Jeryd mühte sich, etwas zu verstehen, und vernahm die Worte Bernstein und Kopffüßer.
    »Sele von Jamur!«, sagte er, als er zu ihnen trat, und die drei wandten sich abrupt zu ihm um. »Was wird das denn hier?«
    »Guten Morgen, Sir!«, erwiderte die Frau. »Nur eine kleine Untersuchung.« Sie war dünn und grauhaarig, und ihre Züge waren wohlproportioniert. Lachfalten deuteten auf ein liebenswürdiges Wesen, und die blauen Augen strahlten warm. Auch hatte sie ein wunderbares Parfüm aufgelegt.
    Der eine Mann hatte ein rundes Gesicht mit dickem grauem Schnauzbart und trug eine flache Kappe, während der andere eine Glatze besaß und recht schweigsam wirkte.
    »Geht es da um Dinge, von denen wir in der Inquisition wissen sollten?«, fragte Jeryd.
    »Äh … nein«, antwortete die Frau. »Will sagen: nichts von zweifelhafter Natur. Wir sind bloß Kultisten, die sich hier etwas Ungewöhnliches näher ansehen. Wir sind nicht mal von hier, Sir.«
    »Kultisten … vielleicht kann ich eure Weisheit brauchen. Darf ich euch drei auf ein Getränk einladen?«
    Der Mann mit dem Schnäuzer grinste. »Gern, ich habe noch nie eine Einladung abgelehnt und bin schon zweiundsiebzig!«
    Jeryd führte die drei in ein anständiges Bistro im besseren Teil von Port Nostalgia. Der Morgentrubel war verebbt, und nur noch ein junger Soldat saß schreibend an einem Tisch neben dem Tresen. Zwei alte Damen studierten unentschlossen die Speisekarte. Hinter ihnen prasselte ein Holzofen.
    Die Kultisten hielten im Gänsemarsch auf eine Nische im hinteren Teil des Lokals zu, deren Tische – nach dem noblen Schnitzwerk zu urteilen – aus alter Zeit stammten. Jeryd setzte seinen Hut ab und sah aus dem Fenster. Unten auf der Straße zog eine zerlumpte Familie mit einem Wagen voll sperriger Teile vorbei. Die Armee hatte schon viele Leute zu deren Sicherheit in Wohnungen am anderen Ende der Stadt umquartiert, doch es war zweifellos demoralisierend, aus seinem Haus vertrieben zu werden.
    Ein Junge mit seltsam weiblicher Maske nahm ihre Teebestellungen auf. Jeryd überlegte, auch eine Pastete zu nehmen, bedachte dann aber, was in der Füllung sein mochte, und entschied sich dagegen. Sie stellten sich einander vor. Die Blauäugige hieß Bellis, der Dicke mit Schnauzbart Abaris, der Glatzkopf Ramon. Jeryd hatte schon viele seltsame Gestalten kennengelernt, doch Ramon hatte etwas überaus Unheimliches. Dass seine linke Iris blau, die rechte braun war, verstärkte diesen Eindruck nur.
    Kurz darauf wurde der Tee gebracht.
    »Heutzutage kommt kaum noch ein Rumel nach Villiren«, begann Bellis. Sie machte einen kultivierten, gelegentlich aber auch etwas rauen Eindruck, und Jeryd mochte diese Mischung sofort, obwohl er nicht recht wusste, was er davon halten sollte, als sie schwungvoll einen Flachmann aus der Tasche zog und sich einen Schuss in den Tee gab. »Sherry?«, fragte sie.
    Jeryd schüttelte den Kopf.
    »Was ich fragen wollte, Sir: Ist Euch hier nie jemand feindselig begegnet?« Sie schlürfte ihren Tee, als hätte sie seit Tagen nichts zu sich genommen.
    »Mitunter kommen mir Leute ablehnend, aber ich nehme das gelassen. In Villjamur, wo ich herkomme, war das auch so, aber dort herrscht ziemliche Unterdrückung. Frauen werden dort noch mieser behandelt als wir Rumel. Diese Animositäten haben mich wohl nie belastet, weil ich weiß, wie kaputt eine männlich dominierte Gesellschaft sein kann. Wahrscheinlich habe ich zu viel erlebt, als dass ich mich noch über solche Dinge ärgern könnte.«
    »Dann seid Ihr schon ein altes Schlachtross, was?«, fragte Bellis kichernd.
    »Mit über zweihundert Sommern auf dem Buckel«, gab Jeryd trocken zurück. »Man sieht das Leben langsam klarer, wenn man die hundertfünfzig hinter sich hat.«
    »Hast du gehört, Abaris.« Sie stieß ihren Kameraden vergnügt in die Seite. »Bloße Kinder sind wir im Vergleich zu ihm. Kinder!«
    Abaris strich sich lächelnd den grauen Schnauzer. Zwar

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