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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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schneite. Die Lichter der Kneipen folgten im weiten Bogen der Bucht, während es im Norden – der Richtung, aus der die Invasoren kommen würden – stockduster war. In der Siegloch-Taverne ging es stets rauflustiger zu, da immer mehr Händler und Fischer sich an der Theke sammelten, um sich im Dämmerlicht über Geschäftliches zu unterhalten. Vor allem Männer schlurften kältegebeugt vorbei; viele wollten keinen Blickkontakt mit einem Soldaten aufnehmen, als wäre sein Auftauchen ein schlechtes Omen. Brynd war das nur recht.
    Bald kam ein stoppelbärtiger, kapuzenbewehrter Mann auf ihn zu. Seine Kleidung war teuer geschneidert, und er trug einen dicken grauen Wollmantel, auffällige Stiefel und die rote Maske: Brynd wusste sofort, dass es sich um Malum handelte.
    »Ich habe Eure Nachricht bekommen«, sagte er.
    »Ihr stellt gern das Offensichtliche fest, Albino.«
    »Und Ihr seid zu einer Entscheidung gekommen, ob Eure Leute im kommenden Krieg die Stadt mitverteidigen werden?«, fragte Brynd.
    »Ja. Weder die Bloods noch die Screams werden sich an dieser Farce beteiligen.«
    S elbstsüchtiger Mistkerl . »Und Euch ist bewusst, dass diese feige Entscheidung das Ende der Stadt bedeuten kann?«
    »Ihr wollt mir mit Feigheit kommen?«
    »Der Untergang Villirens wäre der Beginn einer dunklen Zeit für den gesamten Archipel. Wir haben bereits eine Insel verloren, und nacheinander werden sie alle erobert. Und wenn man nichts unternimmt, geschieht es noch schneller.«
    »Das Problem ist«, stellte Malum fest, »dass keiner von uns an der Seite eines Mannes wie Euch kämpfen will.«
    »An der eines Soldaten des Kaiserreichs?«
    »An der eines Mannes, dessen Kompass in die falsche Richtung zeigt. Eines Mannes, der unnatürlich ist.«
    »Ich fürchte, ich verstehe Euch nicht, Sir.«
    Malum erklärte dem Kommandeur, man habe ihn beschatten lassen und beobachtet, wie er es mit einem Mann getrieben habe; dieser Prostituierte sei aufgespürt worden, habe vor Zeugen ein Geständnis abgelegt und sei per Kopfschuss mit der Armbrust hingerichtet worden.
    Das Gespräch war so unwirklich, dass sich Brynds Puls binnen Sekunden verdreifachte. Von Wort zu Wort zog er sich weiter in sich zurück und empfand nackte Panik, weil sein Geheimnis so fahrlässig gelüftet worden war – noch dazu von so einem Ganoven! Auch wenn hier nur Aussage gegen Aussage stand, konnte das unterschriebene Geständnis seine Karriere zerstören.
    Als Brynd zum Schwert greifen wollte, fauchte Malum ihn an: »Was soll das? Denkt Ihr, Ihr könnt mich hier umbringen? Fünfzig Männer lauern in Sichtweite. Eine falsche Bewegung, und die bringen Euch zur Strecke – auch wenn Ihr Euch für den besten Kämpfer haltet. Und die Veröffentlichung dieses Geständnisses würde Euch und Eure verdammte Armee trotzdem ruinieren.«
    Das Ganze mochte ein Bluff sein, doch kaum analysierte Brynds militärisch geschultes Hirn die Wahrscheinlichkeiten und Risiken der Situation, erkannte er, dass die Chancen schlecht für ihn standen. »Was wollt Ihr?«, knurrte er.
    »So gefallt Ihr mir«, wisperte Malum in verträglicherem Ton. »Ihr werdet mir mehrere Tausend Jamún zukommen lassen – sagen wir so viele, dass ich den Großteil der Stadt kaufen kann. Es wird natürlich eine andere Stadt sein, weil es dieses Villiren in einigen Wochen nicht mehr geben wird.«
    »Warum droht Ihr dem einzigen Mann, der eine Hoffnung bietet, die Stadt zu verteidigen? Ich könnte Hunderttausende Leben retten!«
    Es war hinter der Maske schwierig zu erkennen, doch der Ganove schien diese Frage eine Zeit lang zu bedenken.
    Brynd hörte die Boote im Wind aneinanderstoßen – ein endloses dumpfes Trommeln, das einen verrückt machen konnte.
    »Ich bin ein echter Mann«, knurrte Malum schließlich. »Einer von Eurer Sorte würde das nicht verstehen.« Dann gab er ihm einige knappe Anweisungen, wo er das Geld deponieren solle, schärfte ihm ein, unbedingt allein zu kommen, und verschwand mit höhnischem Grinsen im Nebel.
    Brynd hatte das Gefühl, alles ringsum sei verschwunden. Seine Welt war gerade in sich zusammengestürzt.
    Brynd sah in der Offiziersmesse vorbei. Mehrere seiner Männer lümmelten sich lesend auf Stühlen oder spielten unter einem großen Stadtplan Karten. »Auf ein Wort, Leutnant.«
    »Natürlich, Kommandeur.« Nelum legte sein Buch beiseite und sah kurz zu den anderen, die grinsten, als steckte er in der Bredouille. Einer witzelte: »Der Leutnant muss Latrinen putzen«, und die

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