Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)
Alter?«
»Wir könnten diesen zusätzlichen Schutz gut brauchen. Außerdem weiß ich nicht mehr genau, wie man von hier nach Norden reist. Es wäre also sehr nützlich, wenn Ihr uns führen würdet. Seht Ihr Euch dazu in der Lage?«
»Pah, ich bin zu alt. Und Leute wie ich ändern sich nie – wie gesagt.«
Randur nahm ihm das nicht ab. Wie er seine Fechttechnik über die Jahre vervollkommnet hatte, hatte Munio sich wohl auch so in seiner Misere eingerichtet, dass er verinnerlicht hatte, wie man der wirklichen Welt aus dem Weg ging.
Randur bestürmte ihn mit gesteigerter Überredungskraft. »Ich weiß, dass Ihr über Geld gesprochen habt – besser gesagt: über dessen Fehlen – , aber wenn Ihr mit uns reist, braucht Ihr Euch darüber keine Gedanken zu machen. Womöglich können wir uns dann auch erzählen, was wir in all den Jahren erlebten. Ich hab Euch immer sehr geachtet, alter Freund. Ich hatte ja keinen Vater, und … « Er verstummte, als erwartete er schon, Munio würde sagen, was er dann auch aussprach:
»Und ich keinen Sohn.« Mit diesen Worten entwaffnete sich Munio, machte sich verletzlich und hatte nun nichts mehr, womit er ihn abwehren konnte.
Nach einer Pause sagte Randur: »Jedenfalls keinen, von dem Ihr wisst, alter Schwerenöter. Ihr reist also mit uns, ja?«
»Ich denke darüber nach.«
Die beiden lachten, und Munio sah nun viel besser aus.
»Vielleicht täte es mir gut, wieder zu reisen. Immerhin besteht mein Leben hier nur daraus, betrunken und allein durch Staubschwaden zu torkeln.«
Eir kam wieder rein und sagte: »Jetzt meditiert sie.«
»Eir, Mädchen! Er hat mir alles über euch beide erzählt«, platzte Munio heraus.
»Was denn?« Sie musterte Randur misstrauisch, als er an ihre Seite trat.
»Nichts Schlechtes.«
Als der Alte ein Schwert zog, fuhr sie herum.
»Er meinte, Ihr branntet darauf, Vitassi zu lernen«, sagte Munio. »Schauen wir doch mal, ob er als Lehrer so faul war wie damals als Schüler.«
»Rand, holst du mir bitte mein Schwert?«, sagte sie ungerührt.
»Bin ich etwa dein Diener?« Er stampfte davon, kehrte aber gleich mit der dünnen Klinge zurück, mit der sie sich ihren Weg aus Villjamur gebahnt hatte.
Sie nahm die Waffe und wandte sich ihrem Herausforderer zu. »Mal sehen, was Ihr so könnt«, meinte Munio.
Seine Klinge zielte energisch auf ihren Oberkörper, und minutenlang wurde Eir von einem Meister der Technik in der Küche regelrecht vorgeführt. Bei jedem ihrer Angriffe schien er genau zu wissen, was sie vorhatte. Er bellte Korrekturen, doch als er schließlich zu singen begann, verlor sie ihr sicheres Auftreten gänzlich und glitt aus, wobei ihre Waffe klirrend vor Randurs Füßen landete. Er gab sie ihr grinsend zurück, denn er wusste, dass er sich bei einer Bemerkung einen Zornesblick einfangen würde, wie sie ihn so meisterlich zu werfen verstand.
»Ihr dürft Euch, wenn ich angreife, von nichts, was ich sage, ablenken lassen«, erklärte Munio. »Ihr dürft nur Eurem Säbel lauschen. Zuhören könnt Ihr mir hinterher.«
»Die Feinde werden mir im Gefecht vermutlich keine Ratschläge geben, oder?«, murmelte Eir außer Atem.
»Kommt drauf an«, erwiderte Munio, »ob Ihr wisst, wer Euer Feind ist. Na, ihr drei braucht offensichtlich meine Unterstützung, und ich gebe zu, dass es eine angenehme Vorstellung ist, mal wieder nicht sesshaft zu sein. Deshalb schließe ich mich euch an. Außerdem habt ihr nicht die leiseste Chance, es durch die vielen Wälder nach Norden zu schaffen, wenn nicht einer wie ich euch den Weg weist.«
Randur sprang zu Munio und schlug ihm auf den Rücken. »Ich wusste doch, dass Ihr nicht widerstehen könnt.«
»In der Tat«, erklärte Munio förmlich. »Aber ich habe noch was in der Stadt zu tun. Wir können also erst morgen früh aufbrechen.«
KAPITEL 23
E iner der Bloods – angeblich ihr Anführer – meinte, eine Entscheidung über Truppenverstärkung müsse her; er sagte, Ihr würdet Männer bevorzugen; eventuell Personalabsprachen. Geografische Einzelheiten umseitig.«
Brynd hatte am Vormittag die Nachricht bekommen, sich bei Sonnenuntergang mit Bandenchef Malum vor der Siegloch-Taverne zu treffen. Lange hatte er den Zettel in den Händen gehalten und ins Weite gestarrt.
Zum angegebenen Zeitpunkt wartete er in der eisigen Kälte am Hafen. Einmal mehr wurden die Straßen mit jener Salzlösung besprüht, die das restliche Eis wegspülen sollte, während es aus einem trostlosen Abendhimmel unverwandt
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