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Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat

Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat

Titel: Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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begriffen hast, ist es ganz einfach.“
    Nyrocs Gesicht hellte sich wieder auf. „Du meinst, ich soll meinen Onkel Soren hassen?“
    „Richtig.“
    „Das ist ganz leicht. Ich hasse ihn nämlich schon lange!“ Nyroc sah vor sich, wie er seinem Onkel mit den Kampfkrallen seines Vaters das Rückgrat brechen würde. Er hörte schon die Wirbel knacken. Nyra beobachtete voller Befriedigung, wie Nyrocs Augen einen harten Glanz annahmen. Er hat die gleichen Augen wie sein Vater – Mörderaugen! Die plötzliche Ähnlichkeit verschlug ihr den Atem.
    Sie nahm sich zusammen und fuhr fort: „Du siehst, jemanden zu hassen, ist gar nicht so schwer. Aber das war natürlich nur der Anfang. Die nächsten Übungen werden schwieriger.“
    Das kümmerte Nyroc nicht. Er freute sich, dass ihm die erste Lektion so leichtgefallen war. Sein Magen war auf einmal ganz heiß. So fühlt sich also Hass an, dachte er verwundert. Wenn Hassen so einfach war, würde er alles andere bestimmt auch rasch lernen.
    „Du musst deinen Onkel hassen“, sagte Nyra eindringlich. „Jedes Mal, wenn du den Namen ,Soren‘ oder die Worte ,Wächter von Ga’Hoole‘ hörst, sollst du an das gebrochene Rückgrat deines Vaters denken.“
    „Das mache ich, Mama. Ich versprech’s dir.“
    „Schwöre auf die Kampfkrallen deines Vaters“, sagte Nyra leise.
    Nyroc hüpfte zu der Wand, an der die Krallen hingen, und hob den Fuß. „Ich schwöre bei den Kampfkrallen meines Vaters, dass ich meinen Onkel hassen werde.“
    „Und dass ich ihn schließlich töten werde“, ergänzte seine Mutter.
    „Und dass ich ihn schließlich töten werde“, wiederholte Nyroc, und abermals bekamen seine Augen einen harten Glanz wie schwarz funkelnde Diamanten.
    Nyra streckte den Kopf aus der Höhle. Die Frühstunde war angebrochen. „Geh schlafen, mein kleiner Schatz. Ich bin sehr stolz auf dich.“ Doch als sie es aussprach, regten sich tief in ihrem Magen Zweifel. Warum bloß? Nyrocs Augen hatten den gleichen Ausdruck gezeigt wie die seines Vaters. Er hatte sich genauso verhalten, wie sie es von ihm erwartet hatte. Trotzdem dachte sie: Er ist immer noch viel zu lieb, mein Sohn. Die Gabe zu lieben sitzt tief drinnen in seinem Magen. Am liebsten würde ich sie herausreißen und ihm stattdessen den erbitterten Zorn seines Vaters einpflanzen. Aber seine Augen – seine Augen sind eindeutig Mörderaugen … oder täusche ich mich?

Der Freie Schmied war samt Werkzeug und Glutbehälter vom Himmel geplumpst. Jetzt lag er im Bau der Höhlenkäuze. Die Höhlenkauztochter, Kalo hieß sie, kam eben herein. Ihr Vater fragte: „Hast du die letzte Kohle gefunden?“
    „Ja. Sie war unter einen Stein gerollt.“
    Höhlenkäuze besitzen lange, ungefiederte Beine und sind ausdauernde Läufer. Sie graben sich lieber unterirdische Bauten, als in Baumhöhlen zu wohnen.
    „Da freut er sich bestimmt“, meinte der Vater.
    „Hoffentlich wacht er bald auf. Er stöhnt und schreit ja, als hätte er die schlimmsten Albträume.“
    „Er brabbelt die ganze Zeit irgendwas von Krähen und Geisterschnäbeln“, setzte die Höhlenkauzmutter hinzu. „Wahrscheinlich wurde er von Krähen verfolgt und verwundet. Auf den Schwanz gehen die Biester immer zuerst los.“
    „Der Kampf hat sich direkt über uns abgespielt und wir haben nichts davon mitgekriegt!“, sagte der Höhlenkauzvater zum dritten Mal.
    Seine Frau Mistel erwiderte: „Und wenn wir es mitgekriegt hätten – was hätten wir schon tun können, Harry? Womöglich war es ein ganzer Schwarm Krähen. Dann wären wir jetzt alle tot.“
    „Vielleicht waren es aber auch nur zwei oder drei“, hielt der Vater dagegen. „Ich sag’s ja immer – das kommt davon, wenn man unter der Erde lebt. Man bekommt nichts mit.“
    Der Höhlenkauzvater war ein bisschen wunderlich. Eine ganze Zeit lang hatte er seine Familie unbedingt überreden wollen, wenigstens im Sommer auf einen Baum umzuziehen.
    „Das haben wir doch schon hundertmal besprochen, Harry“, sagte seine Frau nun.
    „Hör mal, Mistel …“ Mistel wusste schon, was jetzt kam.
    „Ich brauche dich ja wohl nicht daran zu erinnern“, fuhr ihr Gatte fort, „dass die Mistel eine Pflanze ist, die auf Bäumen wächst, oder? Du wärst in deiner natürlichen Umgebung!“
    „Lieber Harry, bestimmt gibt es auch irgendwo ein Schleiereulenweibchen, das den Namen ,Wurzel‘ trägt. Ihr Gefährte versucht bestimmt auch nicht ständig, sie zu überreden, in einen unterirdischen Bau zu

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