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Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Titel: Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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Anfangs kämpfte nur Schleiereule gegen Schleiereule, und auch Soren musste etliche Schnabelhiebe abwehren, als er das Felsbecken durchquerte. Doch auch die anderen Eulen waren empört über den Verrat und warfen sich ins Getümmel. In ihren Augen waren sämtliche Schleiereulen Spione und Feinde von Sankt Ägolius.
    Finny steuerte auf Soren zu. „Du gehörst auch zu den Verrätern, 82-85!“ Ihre Stimme knarrte heiser wie ein morscher Baum im Wintersturm. Die schwarze Zickzacknarbe in ihrem weißen Gesicht zuckte bedrohlich.
    „Schleiereulen hab ich zum Fressen ger n – oh ja!“ Sie schmatzte gierig. Soren fiel wieder ein, dass Finny Eier und frisch geschlüpfte Küken fraß. Ihr Geruch schlug ihm entgegen und ihm wurde übel. Sie war schon ganz nah heran, die Krallen vorgestreckt, den Schnabel aufgerissen.
    „Eierfresserin!“, schrie Soren und wich im Flug aus. Doch Finny ließ nicht von ihm ab. Sie zog eine stinkende Wolke hinter sich her. Eine andere Eule hieb nach Sorens Schwanz. Finny drängte Soren in eine Ecke, damit er nicht mehr davonfliegen konnte. Sie war doppelt so groß wie er! Doch da erscholl auf einmal heiserer Gesang. Morgengrau kam Soren zu Hilfe geflogen und grölte dabei ein Spottlied:
    Tante mit dem Narbengesicht
Ich blas dir aus das Lebenslicht!
Eins und zwei und drei und vier,
Endlich ist’s vorbei mit di r –
Fünf und sechs und sieben, acht,
Du Ausgeburt der Niedertracht.
Beim Glaux, du stinkst wie ein Stück Aa s –
Dich in ’ner Supp e – was für ein Fraß!
    Finny wurde vor lauter Schreck flügelstarr. Sie trudelte zu Boden und schaute mit aufgerissenen Augen zu Morgengrau hoch. Der Bartkauz führte einen Siegestanz über ihr auf. Soren versetzte Finny einen letzten Stoß, dass sie auf den Rücken fiel, dann schwang er sich zu seinen Freunden empor. „Kommt, wir hauen ab!“
    „Warte doch mal!“, protestierte Morgengrau. „Mir ist eben noch eine Strophe eingefallen!“
    „Bist du gaga?“, rief Otulissa.
    „Los jetzt, Morgengrau!“ Auch Gylfie war zu ihnen gestoßen. In diesem Augenblick kam Finny wieder zu sich, streckte den Fuß nach der Elfenkäuzin aus und riss sie zu Boden. Gylfie hockte zitternd in der Ecke. Die Schnee-Eule baute sich vor ihr auf. Sie schäumte vor Wut.
    „Dich kenn ich doch!“, zischte sie. „Und deinen Freund 82-85 auch. Als er noch in meiner Gruppe war, hieß er allerdings 12-01.“
    Soren traute seinen Augen nicht, als Finny seine Freundin an der Kehle packte. Er legte sofort die Flügel an und ging in den Sturzflug. Finny taumelte und ließ Gylfie los. Eine Staubwolke stieg auf, als beide Eulen zu Boden plumpsten. Mit einem gezielten Krallenhieb traf Soren die Narbe an Finnys Hals. Ihr schneeweißes Gefieder färbte sich rot.
    Da stieß Otulissa einen Warnschrei aus: „Hinter dir, Soren!“
    Skench kam angerannt. „Elender Schwindler! Die Jungeule, die damals aus der Bibliothek geflohen is t – das warst du!“, kreischte sie. Die Generalin hatte Spoorn und drei riesige Uhuwachen im Gefolge. Es stand vier gegen einen. Da half auch kein Spottlied mehr. Soren war erledigt. Hoffentlich gelang wenigstens den anderen die Flucht!
    Doch da vernahm er auf einmal Gylfies Stimme:
    „Vor langer, langer Zeit, bevor es Eulenkönigreiche gab, in einer Zeit nicht enden wollender Kriege, erblickte im Land der Nordwasser ein Eulenküken das Licht der Welt. ,Hoole‘ nannten seine Eltern ihren kleinen Sohn. Dies ist die erste Legende von Ga’Hoole und vom Großen Ga’Hoole-Baum. Manche behaupten, schon als Hoole geschlüpft sei, habe sich ein Zauber gezeig t …“
    Skench, Spoorn und die beiden Uhus blieben wie angewurzelt stehen. Ihre Flügel hingen lahm herunter. Wären sie geflogen, hätten sie sich beim Absturz das Genick gebrochen. Da sie aber auf dem Boden standen, konnten sie sich nur auf einmal nicht mehr vom Fleck rühren.
    Gylfie begann die größte aller Legenden aufzusagen. So wie ich damals, als man uns in die weiße Schlucht gesperrt hat, damit wir einen Mondstich bekommen!, dachte Soren. Und Skench und Spoorn krümmen sich jedes Mal, wenn das Wort „Hoole“ oder „Ga’Hoole“ fällt! Soren stimmte ein:
    „Hoole besaß von Anfang an ungewöhnliche Fähigkeiten. Man weiß, dass er andere Eulen zu großen Taten anspornte und dass ihn seine Miteulen als ihren König anerkannten, auch wenn er keine goldene Krone trug. Denn seine Hilfsbereitschaft, seine Rechtschaffenheit und sein Mut adelten ihn und kamen einer Krone gleich. Er

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