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Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Titel: Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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Südsüdost nach Ambala, lautete ihr Kur s – zu den Adlern und der Fleckenkäuzin Nebel.

Die Flucht

    Soren hockte sich auf sein Nest. Er bebrütete ein Gelege aus drei Eiern. Die Eier waren aus dem Nest einer Streifenkäuzin im Schattenwald geraubt. Inzwischen arbeiteten alle sieben Mitglieder der Brigade der Besten in der Brüterei, entweder als Glucken oder als Polsterer. Das zu erreichen, war sehr anstrengend gewesen, vor allem für Otulissa. Die Freunde waren entsetzt gewesen, als ihnen die Fleckenkäuzin von der Doppelagentin berichtet hatte. Ein paar Tage lang hatte Otulissa dann Skench und Spoorn lauter erfundene Informationen geliefert und sich dadurch gewisse Vorrechte erworben. Dank ihrer Klugheit und ihres vorgeblichen Eifers als Spitzel hatte sie schließlich erwirkt, dass sie allesamt in der Brüterei eingesetzt wurden. Von dort aus wollten sie auch zusammen fliehen.
    Eigentlich wäre der beste Zeitpunkt für die Flucht nachts gewesen. Doch inzwischen war wieder Vollmond und sie mussten im Glaucidium zum Schlafmarsch antreten. Dank der Legenden von Ga’Hoole war keiner von ihnen mondwirr geworden. Sie beschlossen, die Flucht im Morgengrauen anzutreten. Dabei konnte ihnen allerdings keine Legende helfe n – sie mussten sich ganz auf ihre Flügel, Schnäbel und Krallen verlassen. Wenn alles gut ging, kam es nicht zum großen Kampf. Sie wollten Aufruhr unter den Eulen stiften und sich dann im Getümmel unbemerkt davonstehlen. Soren hatte trotzdem Angst. Er musste sich immer wieder vorsagen, dass all dies nicht mit seiner ersten Flucht aus dem Sankt Äggie zu vergleichen war. Damals waren Gylfie und er noch nicht richtig flügge gewesen, obendrein hatten sie in der engen Bibliothek einen Steilstart hinlegen müssen. Letzteres galt zwar auch für die Brüterei, aber hier war immerhin so viel Platz, dass man die Flügel vernünftig ausbreiten konnte.
    Ihr Plan war einfach. Nach Otulissas Bericht hatten Soren, Ruby und Gylfie in der Brüterei Ausschau nach weiteren Doppelagenten gehalten, die Uklah halfen, die Tupfen wieder aus den Nestern zu holen und in die Bibliothek zurückzubringen. Die drei hatten einige Eulen entlarvt und daraufhin ihren Plan entwickelt. Sie wollten die Doppelagenten öffentlich enttarnen. Daraufhin würde es zum Kampf der Schleiereulen untereinander komme n – die Spione der Reinen gegen die Doppelagenten. Blut würde fließen, Federn würden umherstieben. Diesen Tumult wollte die Brigade der Besten zur Flucht nutzen.
    Soren drehte den Kopf weit herum. Alle waren auf ihren Posten. Martin, Digger und Otulissa eilten hin und her und polsterten leere Nester mit Moos aus, damit es die Eier schön weich und warm hatten. Soren, Ruby und Morgengrau brüteten. Morgengrau war es am schwersten gefallen, sich den Abläufen in Sankt Ägolius unterzuordnen. Er war von Natur aus freiheitsliebend und sehr stolz auf die „harte Schule einer echten Waise“, die er durchlaufen hatte. Doch im Sankt Äggie war Selbstständigkeit nicht gefragt. Hier musste man sich völlig unterordnen und bereitwillig gehorchen, ohne nach dem Warum zu fragen. Zum Glück war Morgengrau ein hervorragender Schauspieler. Deshalb hatten ihn seine Freunde dazu bestimmt, die Wendehälse öffentlich bloßzustellen.
    Eine Schleiereule kam mit einem Moospolster zu seinem Nest hinüber. Sie gehörte auch zu den Doppelagenten. Ausgezeichnet!, dachte Soren. Auf eine solche Gelegenheit hatten sie gewartet. Vorhin hatte eine echte Spionin der Reinen Tupfen in dem Nest versteckt und jetzt wollte die Doppelagentin die Tupfen unauffällig wieder herausklauben. Morgengrau würde beide auf einmal enttarnen.
    „Ihr Schleiereulen geht mir echt auf die Nerven.“ Der Bartkauz gähnte und fuhr laut und deutlich fort: „Deine Kollegin 78-02 hat mir doch gerade erst neues Moos gebracht und jetzt rupfst du es wieder heraus.“
    In der Brüterei wurde es still. „Was sagst du da?“ Die Doppelagentin war so überrumpelt, dass sie das Frageverbot vergaß.
    „Bei mir ist es dasselbe“, rief Ruby von ihrem Nest herüber. „Nie hat man seine Ruhe. Andauernd kommen irgendwelche Schleiereulen an un d …“ Sie kam nicht dazu, den Satz zu Ende zu führen. Die Schleiereule, die Morgengrau das Moos gebracht hatte, segelte quer durch die Brüterei und stürzte sich auf die Doppelagentin. Mit ihren spitzen Fängen schlitzte sie ihrem Opfer die Kopfhaut auf.
    „Los geht’s!“, rief Morgengrau.
    Im Nu flogen überall in der Brüterei die Federn.

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