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Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe

Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe

Titel: Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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Gelegenheit spreche ich ihn an . – Aber er darf mir ja nicht antworten, da kann ich es genauso gut bleiben lassen. Außerdem habe ich Wichtigeres zu tun.
    Otulissa war schließlich nicht hergekommen, um Bekanntschaften zu schließen, sondern um sich fortzubilden. Dafür war der junge Fleckenkauz wohl kaum der richtige Gesprächspartner. Otulissa hatte den Eindruck, dass er kaum länger hier war als sie selbst und Gylfie.
    Das Nachtmahl war beendet und mindestens dreißig Eulen schwangen sich in den kühlen Nachthimmel empor. Sie flogen über den Wald, in dem einst Hoole geschlüpft war, und bildeten eine runde Formation, die den Birkenkreis symbolisieren sollte. Dabei hielten sie großzügigen Abstand voneinander, damit sich jeder Glaux-Bruder ungestört in seine Andacht versenken konnte. Die meisten Eulen fliegen beinahe lautlos, aber eine so tiefe Stille wie hier hatten Gylfie und Otulissa noch nie erlebt.
    Otulissa hatte sich vorgenommen, sich bei dieser Andacht mit der Legende von Hoole zu beschäftigen. Sie stellte sich gerade den Wald vor, in dem Hoole geschlüpft war, als sie neben sich gedämpfte Flügelschläge hörte. Ein Fleckenkauz hatte sich ihr genähert, aber nicht irgendeiner, sondern der junge, gut aussehende!
    „Die Stille geht mir allmählich auf die Nerven“, sagte er leise.
    Otulissa wandte erstaunt blinzelnd den Kopf.
    „Du willst mir doch wohl nicht weismachen, dass du nicht gesprächig bist!“, fuhr der Fleckenkauz mit gesenkter Stimme fort. „Ich erkenne aus einer Flugstunde Entfernung, dass du eine Eule bist, die viel zu sagen hat.“ Er plusterte im Flug sein Gefieder auf, damit seine Flecken besser zur Geltung kamen.
    Otulissa hätte am liebsten vor Wonne getschurrt. Endlich bricht mal jemand das Schweige n – herrlich! „Verstößt das nicht gegen die Vorschriften?“, raunte sie.
    „Hier gibt es keine Vorschriften. Jeder soll selbst herausfinden, was angemessen ist und was nicht. Und richtige Rhotgorts gibt es auch nicht.“
    „Meinst du Feuersteindienste?“ So nannte man Strafen im Großen Ga’Hoole-Baum.
    „Ja, so heißt es auf Hoolisch. Du sprichst übrigens sehr gut Krakisch!“
    „Danke schön. Nur mit dem Konjunktiv der unregelmäßigen Verben habe ich noch Schwierigkeiten“, erwiderte Otulissa bescheiden und schenkte dem Fleckenkauz einen verführerischen Augenaufschlag.
    „Wie heißt du eigentlich?“, fragte der.
    „Otulissa.“
    „Otuliss a … das ist ja mal ein schöner, alter Name!“
    Otulissa konnte kaum mehr an sich halten vor Freude. Der Fleckenkauz war genauso gebildet wie sie, sonst hätte er nicht gewusst, dass „Otulissa“ ein althergebrachter und sehr vornehmer Name für weibliche Fleckenkäuze war.
    „Und wie heißt du, wenn ich fragen darf?“
    „Darfst du. Ich heiße Cleve von Fjordmor.“
    „Cleve von Fjordmor! Bezieht sich das etwa auf die ‚Fjordmor‘ genannte Passage zwischen den Inseln des Dreizack-Archipels?“
    Der Fleckenkauz nickte.
    Otulissa war verzückt. „Demnach stammst du aus der königlichen Brut der Snarth!“
    Ihr Begleiter nickte wieder.
    „Du bist also ein Fürst und gehörst der Krakor-Sippe an“, schlussfolgerte Otulissa. Die Krakor-Sippe ist die älteste und edelste Sippe in den ganzen Nordlanden! Nach ihr ist die krakische Sprache benannt! Den Krakors entstammten berühmte Schriftsteller und Historiker und nicht zuletzt die verstorbene Strix Struma sowie Otulissas Vorfahrin Strix Emerilla, eine bedeutende Wetterwissenschaftlerin des letzten Jahrhunderts. Otulissa hatte alle ihre Werke verschlungen.
    „Was hat dich zu den Glaux-Brüdern geführt?“, erkundigte sie sich. „Ist so ein Aufenthalt bei jungen Adligen hier üblich?“
    „Eigentlich nicht. Ich bin hergekommen, wei l … wie soll ich es erklären? Daheim auf dem Dreizack-Archipel wurde ich vor allem in der Kriegskunst unterwiesen. Allerdings herrscht schon seit Jahren Frieden. Der Krieg der Eisklauen ist lange her.“
    „Sind militärische Kenntnisse denn nicht immer nützlich?“ Leiser Argwohn schwang in Otulissas Tonfall mit.
    „Für mich nicht“, entgegnete Cleve so gelassen, als sprächen sie über das Wetter. „Ich bin hier, weil ich Medizin studieren will. Weißt du, ich bin gegen Krie g … unter allen Umständen.“
    „Wie bitte?“
    Ein Schnee-Eulerich kam zu ihnen hinübergeflogen. „Bitte sei ein bisschen leiser“, sagte er freundlich zu Otulissa. „Wir wollen doch während der Andacht stille Betrachtungen pflegen. Ihr dürft

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