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Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe

Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe

Titel: Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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du schon.“ Die beiden Eulen landeten auf einer Klippe an der Spitze der Landzunge.
    „A… a… abe r …“, stotterte Gylfie ängstlich.
    „Ich kann nicht weiter mitkommen. Ich muss zu den Glaux-Brüdern zurückfliegen und ihnen von Ifghars und Gräggs Verrat berichten. Du brauchst wirklich keine Angst zu haben. Ich bringe dir jetzt ein Lied bei, das dir beim Fliegen hilft. Der Text ist auch gar nicht lang.“ Twilla sang auf Krakisch, aber Gylfie verstand diese Sprache inzwischen sehr gut.
    Der warme Dampf wird dich tragen,
Durch Zeit und Raum,
Und lass dir von mir sagen:
Glaub an deinen Traum.

Der Seewind ist dein Freund,
Der Himmel dein Revier,
Hör die fernen Stimmen,
Sie meinen es ehrlich mit dir.
    „Das ist aber schön, Twilla! Wo hast du dieses Lied gelernt?“
    „Ich habe es selbst komponiert. Als ich noch eine Skog war. Weißt du, was das ist, eine Skog? “
    „Ja, wir sind auf der Schwarzhuhninsel einer Skog begegnet. Einer Schnee-Eule namens Snorri.“
    „Snorri kenne ich gut. Sie ist die Skog der Moss-Sippe, einer großen, einflussreichen Eulenfamilie bei uns im Norden. Die meisten Skogen sind Schnee-Eulen. Es kommt selten vor, dass eine Sumpfohreule wie ich zur Skog ernannt wird. Aber meine Sippe war ziemlich klein.“
    „Bist du denn heute keine Skog mehr?“
    „Leider gibt es keine Geschichten mehr, die ich erzählen, und keine Lieder mehr, die ich singen könnte.“
    „Wieso denn nicht?“
    „Meine ganze Sippe wurde ermordet. Ich bin die einzige Überlebende.“
    „Großer Glaux!“
    „Meine Verwandten sind im Krieg der Eisklauen umgekommen, bei einem Blutbad unter Führung von Ifghar. Er hat aus reiner Mordlust alle töten lassen, sogar die Küken.“
    „Wie hast du es dann über dich gebracht, ihn so lange zu pflegen?“
    „Als Glaux-Schwester habe ich gelernt, dass Vergebung das größte Geschenk ist, das eine Eule Glaux machen kann. Erst als ich Ifghar vergeben habe, konnte meine Seele wieder genesen.“
    „Aber Ifghar hat sich überhaupt nicht geänder t – das haben wir vorhin erlebt!“
    „Darum geht es nicht. Ich habe mich verändert. Ich habe meinen Frieden gefunden. Er nicht.“
    Twilla war wirklich eine bemerkenswerte Eule, fand Gylfie. Sie betrachtete ihr Gegenüber. Während des Fluges war die Goldfarbe von Twillas Gefieder abgeblättert. Nur noch ein paar funkelnde Streifen waren übrig.
    „Guten Flug, Kleine“, sagte Twilla. „Und denk dran: Das Lied wird dir Kraft geben.“
    Gylfie trippelte an den Klippenrand und breitete die Flügel aus. Dann stimmte sie Twillas Lied an, und ihr war, als würde sie schon jetzt von einem warmen Wind emporgetragen. Ihre Flügel bewegten sich wie von selbst auf und ab und schon war sie in der Luft.
    Das Lied durchströmte ihre Brust und trug sie wohlbehalten durch die gefürchteten Fallwinde. Bald sah sie über dem aufgewühlten Meer eine strudelnde Dampfsäule aufsteigen. Gylfie fing wieder mit der ersten Strophe an und schlug dabei kräftig mit den Flügeln. Doch bei der letzten Zeile hielt sie inne. Glaub an deinen Trau m … an welchen Traum denn?
    Auf einmal bekam der Text eine tiefere Bedeutung. Anfangs hatte Gylfie gedacht, das Lied sollte ihr helfen, in den Großen Baum zurückzukehren, zu Soren und ihren Freunden. Jetzt kam es ihr vor, als forderte das Lied sie gerade zum Gegenteil auf. Unter sich spürte sie die angenehm warme Luftströmung aus dem Spundloch, die sie bis zum Hoolemeer und zur Insel Hoole tragen würde. Das Lied jedoch schien sie herauszufordern, daraus auszubrechen und sich dem Seewind anzuvertrauen. Will mir Twillas Lied sagen, ich solle mich trauen zu träumen?
    Gylfie spürte ein sonderbares Zwicken im Magen, aber es war keine Furcht, sondern eher eine Art freudige Erregung. Aber ich bin niemand, der träumt. Soren träumt. Soren hat das Sterngesicht. Es sind Sorens Träume, die wahr werden.
    Soren konnte sozusagen durch die Sterne hinter seine Träume blicken wie durch lauter kleine Öffnungen. Gerade eben kam es auch Gylfie vor, als blickte sie durch eine Öffnung auf einen Traum. Vielleicht schaut Soren ja auf denselben Traum. Aber es ist, als schauten wir durch die gegenüberliegenden Mündungen eines Ganges.
    Hab noch ein wenig Geduld, Soren! , rief sie ihrem Freund in Gedanken zu. Ich habe noch etwas zu erledigen . Sie musste umkehren und die Frostschnäbel verständigen. Ifghar und Grägg hatten zwar nicht viel in Erfahrung gebracht, aber doch genug, um die Reinen zu warnen. Dazu durfte es

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