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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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mitkommen?
    Nein, es wäre zu gefährlich. Nun sei still und laß mich in Ruhe.
    Am Tor machte ich halt, um die Wächter auszufragen. Ja, heute vormittag war eine Frau zu Fuß hier vorbeigekommen. Mehrere sogar, die zum Broterwerb hinausmußten, bei jedem Wetter. Die Königin? Die Wachposten wechselten Blicke. Keiner gab Antwort. Ich half ihnen auf die Sprünge. Eine Frau in einem dicken Umhang, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen? Eine mit weißem Pelz verbrämte Kapuze? Ein junger Soldat nickte. Der Umhang bestickt? Am Saum in Weiß und Purpur? Sie machten betretene Gesichter. Eine solche Frau hatten sie gesehen. Sie hatten nicht gewußt, um wen es sich handelte, aber jetzt, wo ich es sagte…
    Mit kalter, ausdrucksloser Stimme beschimpfte ich sie als Idioten und Schwachköpfe. Ohne sich auszuweisen, durften fremde Personen unsere Tore passieren? Sie hatten weißen Pelz und purpurne Stickerei vor Augen gehabt und nicht einmal geahnt, das könnte die Königin sein? Und keiner hatte sich bemüßigt gefühlt, sie zu begleiten? Für ihre Sicherheit zu sorgen? Nicht einmal nach dem, was gestern vorgefallen war? Ein feiner Ort war Bocksburg neuerdings, wenn unsere Königin nicht einmal einen gewöhnlichen Soldaten als Beschützer bei sich hatte, wenn sie zu Fuß hinunter nach Burgstadt ging. Ich stieß Querkopf die Fersen in den Leib und konnte hören, kaum daß ich den Rücken gekehrt hatte, wie sie versuchten, sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe zu schieben.
    Es war ein schlechtes Vorankommen. Der launische Wind änderte unfehlbar die Richtung, sobald ich ihm mit Kragen und Kapuze Paroli zu bieten versuchte. Außerdem wirbelte er den pulvrigen Schnee vom Boden auf und blies ihn mir unter den Umhang. Unter der weißen Decke war der holprige Weg zur Stadt hinunter mit einer tückischen Eisschicht überzogen. Querkopf war alles andere als glücklich, doch er setzte Fuß vor Fuß. Ich blinzelte die körnigen Flocken von meinen Wimpern und versuchte, ihn zu einer schnelleren Gangart zu ermuntern. Schreckensbilder von der Königin, leblos am Wegesrand, vom Schnee langsam zugedeckt, drängten sich mir auf. Unsinn, rief ich mich zur Ordnung. Unsinn.
    Erst am Rand von Burgstadt holte ich sie ein. Ich hätte sie in jedem Fall erkannt, auch ohne den Umhang in ihren Farben, allein daran, wie sie aufrecht und frei durch das Schneetreiben schritt. In den Bergen geboren und aufgewachsen, war sie gegen die Kälte immun wie ich gegen Salzluft und Feuchtigkeit. »Majestät! Hoheit! Wartet auf mich!«
    Sie drehte sich um, und als sie mich erkannte, blieb sie lächelnd stehen. Bei ihr angelangt, rutschte ich von Querkopfs Rücken. Ich hatte nicht gemerkt, wie groß meine Sorge gewesen war, bis mich jetzt die Erleichterung durchflutete. »Was tut Ihr hier draußen, allein, bei diesem Wetter?« verlangte ich von ihr zu wissen und fügte verspätet hinzu: »Hoheit.«
    Sie schaute sich um, als hätte sie das Flockengestöber und den böigen Wind erst jetzt wahrgenommen. Tatsächlich schien sie weder zu frieren noch sich sonstwie unbehaglich zu fühlen, im Gegenteil, ihre Wangen waren vom Gehen gerötet, und ihre blauen Augen leuchteten. Hier, inmitten all der Weiße, wirkte sie nicht blaß und farblos, sondern golden und rosig und lebendiger als seit langem. Gestern war sie der reitende Tod gewesen und Gram, als sie die Leiber der Erschlagenen wusch. Doch jetzt sah ich ein frisches, unbeschwertes Mädchen vor mir, der Enge von Burg und Rang entflohen, um durch den Schnee zu wandern. »Ich will meinen Gemahl besuchen.«
    »Allein? Weiß er, daß Ihr kommt – und so, zu Fuß?«
    Erst war sie überrascht, dann reckte sie trotzig das Kinn vor. »Sind wir nicht Mann und Frau? Muß ich um Audienz ersuchen, wenn ich mit ihm sprechen will? Weshalb sollte ich nicht zu Fuß und allein gehen? Bin ich in deinen Augen so arm im Geiste, daß man befürchten muß, ich verirre mich auf der Straße nach Burgstadt?«
    Sie setzte ihren Weg fort, und ich mußte wohl oder übel an ihrer Seite bleiben. Das wenig begeisterte Maultier zog ich hinter mir her. »Hoheit«, begann ich, aber sie schnitt mir das Wort ab.
    »Ich bin es so leid.« Sie blieb mit einem Ruck stehen und wandte sich mir zu. »Gestern fühlte ich mich zum erstenmal seit meiner Ankunft in eurem Land, als wäre ich am Leben und hätte einen eigenen Willen. Ich gedenke nicht, mir das wieder nehmen zu lassen. Wenn ich den Wunsch habe, meinen Gemahl bei seiner Arbeit aufzusuchen, werde ich es

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