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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sagen.
    »Nun, wenn sie unbedingt ausreiten muß, hat sie jetzt wenigstens Schutz. Obwohl ich es vorziehen würde, wenn sie nicht mehr mit Entfremdeten in Berührung käme. Wenn ich nur wüßte, womit ich sie beschäftigen könnte«, fügte er müde hinzu.
    »Der Garten der Königin«, schlug ich vor, weil mir einfiel, daß Philia kürzlich davon erzählt hatte.
    Veritas hob fragend eine Augenbraue.
    »Der ehemalige Garten auf dem Turm«, erklärte ich. »Seit Jahren hat sich niemand mehr darum gekümmert. Ich habe gesehen, was davon übrig war, bevor Galen uns befahl, alles zur Seite zu räumen, um Platz für unsere Exerzitien zu schaffen. Es muß früher ein schöner Ort gewesen sein. Kübel mit Blumen, Statuen, Kletterpflanzen…«
    Veritas lächelte versonnen. »Und Wasserbecken mit Teichlilien darin und Fischen und sogar winzigen Fröschen. Sommers kamen die Vögel, um zu trinken und zu baden. Als Kinder haben Chivalric und ich da oben gespielt. Sie ließ Schnüre mit kleinen Pendants aus Glas und Metall aufhängen, und wenn sie sich im Wind bewegten, klingelten sie melodisch oder blitzten wie Edelsteine in der Sonne.« Seine Erinnerungen an den Ort und die lange zurückliegende Zeit erfüllten mich mit Wärme. »Meine Mutter hielt sich eine kleine Jagdkatze, sie pflegte sich auf den warmen Seiten zu sonnen. Speifauch, das war ihr Name. Geflecktes Fell und Pinselohren. Während wir eigentlich die Listen der heilkräftigen Pflanzen und ihrer Wirkungsweise studieren sollten, neckten wir sie mit Bindfaden und Federbüscheln, und sie lauerte uns versteckt hinter den Blumentöpfen auf. Ich habe nicht viel gelernt, fürchte ich, es kam mir vor wie Zeitverschwendung. Nur über Thymian wußte ich Bescheid. Ich kannte jede Sorte, die in ihren Töpfen wuchs. Meine Mutter zog viel Thymian. Und Katzenminze.« Er lächelte.
    »Kettricken wäre begeistert«, sagte ich. »Zu Hause hat sie viel im Garten gearbeitet.«
    »Wirklich?« Er sah überrascht aus. »Ich hätte bei ihr einen – kriegerischen Zeitvertreib vermutet.«
    Ich spürte einen Anflug von Verärgerung. Nein, es war mehr als Verärgerung. Wie konnte es sein, daß ich seine Frau besser kannte als er? »Sie hatte große Gärten«, erklärte ich steif, »und kannte Namen und Wirkung aller Kräuter, die dort wuchsen. Ich habe Euch davon berichtet.«
    »Ja, das mag sein.« Er seufzte. »Du hast recht, Fitz. Sprich du in meinem Auftrag zu ihr vom Garten der Königin. Es ist jetzt Winter, sie wird nicht viel tun können. Doch wenn der Frühling kommt, wäre es schön, ihn wieder grünen zu sehen…«
    »Vielleicht solltet Ihr selbst…« warf ich vorsichtig ein, doch er schüttelte den Kopf.
    »Ich habe nicht die Zeit. Aber ich mache dich zu meinem Botschafter. Und nun hinunter zu den Karten! Es gibt einiges, das ich mit dir besprechen möchte.«
    Ich nickte und hielt ihm die Tür auf, doch er folgte seiner eigenen Aufforderung nur langsam, blieb auf der Schwelle stehen und warf einen verlangenden Blick zu dem offenen Fenster. »Sie ruft mich«, gestand er mir, ruhig, selbstverständlich, als redete er über eine Vorliebe für Pflaumen. »Sie ruft mich, sobald ich auch nur einen Augenblick müßig bin. Also muß ich beschäftigt sein, Fitz. Zu beschäftigt.«
    »Ich verstehe«, sagte ich zweifelnd.
    »Nein, du verstehst nicht.« Veritas sprach im Brustton der Überzeugung. »Es ist wie eine erdrückende Einsamkeit. Ich kann hinausgreifen und andere Menschen berühren. Manche ganz ohne Mühe. Aber niemand antwortet mir je. Als Chivalric noch lebte… Manchmal fühle ich mich unbeschreiblich verlassen ohne ihn; als wäre ich der letzte Überlebende einer ausgestorbenen Art. Der letzte der Wölfe, ein einsamer Jäger.«
    Mir lief es kalt über den Rücken. »Was ist mit König Listenreich?« fragte ich hastig.
    Er schüttelte den Kopf. »Er macht nur noch selten von der Gabe Gebrauch. Seine Kraft hat nachgelassen, und das Weitsehen strengt ihn sowohl körperlich als auch geistig zu sehr an.« Wir gingen hintereinander die ersten Stufen hinunter. »Du und ich, wir sind die einzigen, die das wissen«, sagte er leise über die Schulter. Ich nickte.
    Nach kurzem Schweigen erkundigte er sich: »Hast du dem Heiler deinen Arm gezeigt?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Auch Burrich nicht.« Es war eine Feststellung, keine Frage.
    Wieder schüttelte ich den Kopf. Nachtauges spielerische Bisse hatten zu deutliche Spuren an meinem Körper hinterlassen. Ich konnte Burrich nicht die von

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