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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sich die Bilder, ich sah ihn, ich sah mich selbst, aber dann wandte er sich ab, richtete mit Bedacht seinen Blick wieder auf den Horizont und schloß mich aus dieser Wahrnehmung aus. Nach dem Wegfall der körperlichen Berührung war diese geistige Zweisamkeit schwieriger zu bewältigen. Mit vorsichtigen Schritten verließ ich das Zimmer und ging die Treppe hinunter, als balancierte ich ein bis zum Rand gefülltes Weinglas auf einem Tablett. Genau. Und in beiden Fällen ist es leichter, wenn man nicht hinschaut und nicht so krampfhaft daran denkt. Ganz locker.
    Ich ging in die Küche hinunter, wo ich ein herzhaftes Frühstück zu mir nahm und versuchte, mich zu benehmen wie immer. Veritas hatte recht. Es war leichter, unseren Kontakt aufrechtzuerhalten, wenn ich mich nicht darauf konzentrierte. Als gerade niemand herschaute, schüttete ich einen Teller voll Ingwerplätzchen in meinen Proviantbeutel.
    »Gehst du auf die Jagd?« erkundigte sich die Köchin. Ich nickte.
    »Nun, dann paß auf dich auf. Worauf hast du es abgesehen?«
    »Schwarzkittel«, improvisierte ich. »Nur aufspüren, nicht erlegen. Ich dachte, eine Eberjagd wäre eine schöne Abwechslung beim Winterfest.«
    »Für wen? Prinz Veritas? Den lockst du nicht aus der Burg, Schätzchen. Ein Stubenhocker ist er geworden, ein Kalmäuser, und unser armer König Listenreich hat seit Wochen nicht mehr seine Gemächer verlassen, um in der Halle seine Mahlzeit einzunehmen. Ich weiß nicht, warum ich immer noch seine Leibspeisen zubereite, wenn das Tablett so unberührt wieder herunterkommt, wie ich es hinaufgeschickt habe. Nun, Prinz Edel, der würde sich vielleicht aufraffen, solange ihm nur nicht die Locken durcheinandergeraten.« Sämtliche Küchenmägde brachen in Gekicher aus, während mir das lose Mundwerk der Köchin das Blut ins Gesicht trieb. Ruhig. Sie wissen nicht, daß ich zugegen bin, Junge. Und nichts von dem, was sie zu dir sagen, soll ihnen von mir übelgenommen werden. Verrate uns nicht. Ich spürte Veritas’ Erheiterung, aber auch seine Besorgnis. Deshalb gestattete ich mir ein Lächeln, dankte der Köchin für eine Pastete, die sie mir gutmütig aufdrängte, und verließ die Küche.
    Rußflocke stampfte unruhig in ihrer Box. Sie konnte kaum erwarten, daß es hinausging. Als ich ihr den Sattel auflegte, kam Burrich vorbei. Seinen dunklen Augen entging weder meine winterliche Lederbekleidung noch die verzierte Scheide und der schön gearbeitete Griff des Schwertes. Er räusperte sich, sagte aber nichts. Ich hatte mir nie darüber klar werden können, wie genau Burrich über meine ›Arbeit‹ Bescheid wußte. Einmal, in den Bergen, hatte ich über meine Ausbildung in der Kunst des Mordens mit ihm gesprochen. Aber das war, bevor man ihm fast den Schädel zertrümmert hatte, weil er versucht hatte, mich zu beschützen. Als er sich davon erholt hatte, behauptete er, jede Erinnerung an den vorhergehenden Tag verloren zu haben. Doch manchmal kamen mir Zweifel. Vielleicht war es seine wohlüberlegte Art. Ein Geheimnis als Geheimnis zu bewahren – daß selbst die Eingeweihten nicht darüber sprachen. »Sei vorsichtig«, meinte er schließlich bärbeißig. »Daß mir das alte Mädchen nicht zu Schaden kommt.«
    »Wir passen auf«, versprach ich und führte Rußflocke an ihm vorbei nach draußen.
    Immer noch war es erst früher Morgen, gerade hell genug, um guten Gewissens einen leichten Kanter wagen zu können. Ich gewährte Rußflocke genügend Spielraum, daß sie etwas von der überschüssigen Kraft abarbeiten konnte und warm wurde, jedoch ohne in Schweiß zu kommen. Die Wolkendecke war stellenweise aufgerissen. Frostumhüllte Bäume und die verharschten Schneewehen gleißten in den blassen Wintersonnenstrahlen. Rußflockes Atem dampfte, willig fiel sie nach einiger Zeit in einen wiegenden Paßgang. Wir würden uns dem Bachbett auf einem Umweg nähern, ich wollte die gebahnten Wege nicht früher verlassen als nötig.
    Jede Sekunde spürte ich Veritas’ Anwesenheit, den stillen Teilhaber an meinen inneren Zwiegesprächen. Er genoß die frische Morgenluft, Rußflockes Rittigkeit und die Jugend meines Körpers. Doch je weiter ich mich von der Burg entfernte, desto deutlicher wurde ich mir einer Veränderung bewußt. Von der anfänglich von ihm ausgehenden Berührung hatte sich unser Verhältnis zu einer Art gegenseitigen An-den-Händen-Halten entwickelt. Ich fragte mich, ob auf die Dauer meine Kraft ausreichen würde. Denk nicht darüber nach, tu es

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