Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
machte darin ein Tuch naß und wischte über die blutunterlaufenen Stellen an meinem Hals. »Der Schmied hatte große Hände«, meinte er.
    »Du hast ihn gekannt?« Der Medikus schaute Burrich an.
    »Nicht vom Reden. Ich habe ihn ein- oder zweimal beim Frühlingsfest gesehen, wenn auch die Leute von außerhalb mit ihren Waren in die Stadt kommen. Er bot silberne Beschläge und Schnallen für Zaumzeug feil.«
    Wieder Schweigen. Burrich fuhr fort mit seinen ärztlichen Bemühungen. Das Blut, das das Wasser färbte, stammte nur zum Teil von mir. Abgesehen von zahlreichen blauen Flecken und Prellungen war ich mit Kratzern, Abschürfungen und einer großen Beule an der Stirn davongekommen. Irgendwie erfüllte mich diese Tatsache mit Scham. Das kleine Mädchen war tot, ich hätte wenigstens verwundet sein sollen. In meinem benommenen Zustand erschien mir dieser Gedankengang vollkommen logisch.
    Ich sah zu, wie Burrich meinen Arm verband. Der Medikus brachte einen Becher Tee, den Burrich nahm, um erst prüfend daran zu riechen, bevor er ihn an mich weitergab. »Ich hätte weniger Baldrian genommen«, lautete sein Kommentar. Der Medikus trat zurück und setzte sich neben den Kamin.
    Charim kam mit einem beladenen Tablett herein. Er räumte einen kleinen Tisch frei und stellte die Speisen zurecht. Unmittelbar nach ihm trat Veritas ins Zimmer, nahm den Umhang ab und warf ihn über die Stuhllehne. »Ich habe ihren Mann auf dem Markt gefunden«, sagte er. »Er ist jetzt bei ihr. Das Kind spielte auf der Türschwelle, während sie unten am Bach war, um Wasser zu holen. Als sie wiederkam, war die Kleine verschwunden.« Ich spürte seinen Blick, aber ich konnte ihn nicht erwidern. »Wir fanden sie, wie sie durch den Wald irrte und nach dem kleinen Mädchen rief. Ich wußte…« Er verstummte und nickte dem Medikus zu. »Vielen Dank, Dem. Wenn du mit FitzChivalric fertig bist, kannst du gehen.«
    »Ich hatte noch nicht einmal Gelegenheit.«
    »Unnötig.« Burrich hielt stirnrunzelnd das Ende eines Verbandstreifens in der Hand, den er quer über meine Brust geführt hatte, unter dem rechten Arm hindurch und wieder zurück, um das Stoffpolster auf der Bißwunde zu befestigen. Vergebliche Mühe. Sie befand sich genau auf dem Muskel zwischen der Schulterspitze und dem Hals. Ich bemühte mich, etwas Amüsantes an dem vernichtenden Blick zu finden, mit dem der Medikus Burrich bedachte, bevor er hinausging. Burrich nahm ihn überhaupt nicht zur Kenntnis.
    Veritas zog sich einen Sessel heran und nahm mir gegenüber Platz. Ich wollte den Becher an die Lippen heben, doch Burrich nahm ihn mir aus der Hand. »Nachdem ihr gesprochen habt. Da drin ist genug Baldrian, um dich wie mit einem Keulenschlag außer Gefecht zu setzen.« Ich sah zu, wie er mit dem Becher zum Kamin ging, die Hälfte von dem Tee ausschüttete und den Rest mit heißem Wasser auffüllte. Danach lehnte er sich mit verschränkten Armen an den Kaminsims und beobachtete uns.
    Ich richtete den Blick auf Veritas und wartete darauf, daß er das Wort ergriff.
    Er seufzte. »Ich sah mit deinen Augen das Kind. Sah, wie die Entfremdeten um die Kleine kämpften. Dann warst du plötzlich verschwunden. Unsere Verbindung löste sich, und ich konnte trotz meiner starken Gabe den Halt nicht wiederfinden. Ich wußte, du warst in Gefahr, und brach sofort auf, um dich zu suchen. Es tut mir leid, daß ich nicht früher gekommen bin.«
    Ich wollte es, ich wollte mich öffnen und Veritas alles anvertrauen. Doch es wäre möglicherweise zu vieles dabei zur Sprache gekommen, was besser unerwähnt blieb. Die Geheimnisse eines Prinzen zu kennen gibt einem nicht das Recht, leichtfertig damit hausieren zu gehen. Ich schaute zu Burrich, der angelegentlich das Mauerwerk studierte. In förmlichen Ton sagte ich: »Vielen Dank, mein Prinz. Ich bin sicher, Ihr seid so schnell gekommen wie möglich, und auch ein früheres Eingreifen wäre für die Kleine zu spät gewesen. Sie starb fast im selben Augenblick, als ich ihrer ansichtig wurde.«
    Veritas senkte den Blick auf seine Hände. »Das wußte ich. Wußte es besser als du. Meine Sorge galt dir.« Er hob den Kopf und versuchte ein Lächeln. »Das hervorstechendste Merkmal an deiner Kampfesweise ist deine Fähigkeit, trotzdem am Leben zu bleiben.«
    Aus dem Augenwinkel sah ich Burrich von einem Fuß auf den anderen treten, den Mund öffnen und wieder schließen. Eiseskälte durchströmte mich. Er hatte die Leichen der Entfremdeten gesehen, die Spuren. Er

Weitere Kostenlose Bücher