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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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einen Blick auf die grimmig zusammengepreßten Lippen, die kämpferische Miene. Dann, für einen kurzen Moment, zeichnete sich das stolze Profil deutlich vor dem hellen Feuerschein ab. »Molly!« ächzte ich und streckte die knochige Altmännerhand nach ihr aus. Sie bückte sich, hob eine Klappe auf und scheuchte die Kinder in einen Erdkeller hinter dem lichterloh brennenden Haus, dann senkte sie die Brettertür behutsam über ihnen allen. Gerettet?
    Nein. Sie bogen um die Ecke, ein Mann und eine Frau. Der Mann trug eine Axt. Sie gingen gemächlich mit wiegenden Schritten und lachten laut. Die Zähne und das Weiß ihrer Augen leuchteten grell in den rußgeschwärzten Gesichtern. Die Frau war sehr schön, eine Kriegerin. Furchtlos. Ihr Haar war mit Silberdraht durchflochten und sprühte im Feuerschein rötliche Funken. Bei der Tür des Erdkellers blieben die Korsaren stehen, der Mann schwang die Axt hoch über den Kopf und ließ sie niedersausen. Die Schneide fuhr tief in das Holz, dem dumpfen Schlag antwortete der angstvolle Aufschrei einer Kinderstimme aus der Tiefe. »Molly!« stöhnte ich und raffte all meine Kraft zusammen, um aufzustehen, aber meine Beine trugen mich nicht. Ich kroch zu ihr hin.
    Die Tür brach ein, und die Korsaren lachten. Der Mann starb lachend, als Molly aus der Öffnung sprang und ihm das Messer in den Hals stieß. Aber die wunderschöne Frau mit dem blinkenden Silber im Haar hatte ein Schwert. Und während Molly sich bemühte, dem Sterbenden das Messer aus der Wunde zu ziehen, senkte sich dieses Schwert tiefer, tiefer, tiefer.
    In diesem Moment ertönte aus dem brennenden Haus ein lautes Krachen. Der Bau schwankte und stürzte funkensprühend in sich zusammen. Noch einmal loderten die Flammen hoch auf, eine Feuerwand erhob sich zwischen mir und dem Geschehen und verwehrte mir die Sicht. Waren die Trümmer auf den Kellereinstieg und die beiden Korsaren gefallen? Ich warf mich nach vorn und streckte die Hände nach Molly aus.
    Schlagartig war alles verschwunden. Kein brennendes Haus, kein geplündertes Dorf, keine Roten Korsaren im Hafen. Nur ich selbst, auf den Knien, vor dem Kamin. Ich hatte mitten in das Feuer gegriffen und hielt ein glosendes Stück Kohle umfaßt. Der Narr schrie auf und wollte mich zurückreißen. Ich schüttelte ihn ab und starrte dann verständnislos auf die Brandblasen an meinen Fingern.
    »Majestät«, sagte der Narr bekümmert. Er befeuchtete ein Mundtuch mit dem Wein, den er mir eingeschenkt hatte, und breitete es über meine Hand. Ich ließ ihn gewähren. Der körperliche Schmerz war nichts, verglichen mit der Wunde in meinem Inneren. Mit besorgtem Blick versuchte er in meinem Gesicht zu lesen, doch ich nahm ihn kaum wahr. Er kam mir unwirklich vor, ein Schatten wie all die anderen Schatten, die kamen, um mich zu quälen.
    Meine verbrannten Finger begannen zu pochen, und ich barg sie in der gesunden Hand. Was hatte ich getan, was war in meinem Kopf vorgegangen? Die Gabe war über mich gekommen wie ein Rausch, doch in ihrem Gefolge strömte Mattigkeit in mich ein, um die Leere zu füllen, und brachte mir die Schmerzen zurück. Ich zwang mich, die Erinnerung an das, was ich gesehen hatte, festzuhalten. »Was für eine Frau war das? Ist sie von Bedeutung?«
    »Ah.« Der Narr schien noch erschöpfter zu sein als ich, doch er nahm sich zusammen. »Eine Frau in Syltport?« Er dachte nach. »Nein. Ich kann nichts finden. Es ist alles verworren, Majestät. Schwer zu durchschauen.«
    »Molly hat keine Kinder«, erklärte ich ihm. »Sie kann es nicht gewesen sein.«
    »Molly?«
    »Ihr Name ist Molly«, fuhr ich ihn an. Mein Schädel schmerzte zum Zerspringen, unvermittelt wallte Zorn in mir auf. »Weshalb spannst du mich auf die Folter?«
    »Majestät, ich weiß von keiner Molly. Kommt. Legt Euch wieder zu Bett, und ich bringe Euch etwas zu essen.«
    Er half mir aufzustehen, und ich duldete seine Berührung. Mit war unwirklich zumute, die Dinge verschwammen vor meinen Augen. Einmal fühlte ich seine Hand auf meinem Arm, dann wieder schien es mir, als träumte ich das Zimmer und die Menschen, die dort redeten. Ich fand die Kraft zu sprechen. »Ich muß wissen, ob diese Frau Molly gewesen ist. Ich muß wissen, ob sie stirbt. Ich muß es wissen.«
    Der Narr seufzte tief. »Es ist nicht etwas, dem ich befehlen kann, Majestät. Ihr wißt das. Wie bei Eurer Gabe, werde ich von meinen Visionen beherrscht, nicht umgekehrt. Ich kann nicht einen Faden aus dem Gewebe herauslösen,

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