Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
beste Einfall, aber ich bin sicher, Philia hat es gut gemeint. Und unter anderen Umständen hätte es dir das Leben retten können. Nein, Dummkopf, erst die Hände waschen. Hast du mir nicht zugehört?«
    Erst jetzt bemerkte ich die Schale mit Essigwasser neben den Speisen. Ich wusch meine Hände sorgfältig, um restlos zu entfernen, was immer daran haften mochte, und anschließend mein Gesicht. Es überraschte mich, wieviel frischer ich mich gleich fühlte. »Es kam mir vor wie ein nicht enden wollender Traum, der ganze Tag… geht es König Listenreich genauso?«
    »Ich habe keine Ahnung. Vielleicht wird dort unten Räucherwerk verbrannt, von dem ich nichts weiß. Das war eins der Dinge, über die ich heute nacht mit dir sprechen wollte. Wie geht es Listenreich? Ist die Verschlechterung in seinem Zustand plötzlich eingetreten? Seit wann nennt Wallace sich einen Medikus?«
    »Ich weiß nicht.« Beschämt mußte ich Chade gestehen, wie nachlässig ich in seiner Abwesenheit gewesen war. Und wie dumm. Als ich zu Ende war, stimmte er meiner Selbsteinschätzung zu.
    »Nun«, meinte er nachdenklich. »Wir können nichts ungeschehen machen, wir können nur Schlimmeres verhüten. Was hier vorgeht, ist zu vielschichtig, als daß wir es bei diesem einen Treffen besprechen könnten.« Er musterte mich sinnend. »Vieles von dem, was du mir erzählst, überrascht mich nicht. Entfremdete, die sich um Bocksburg zusammenrotten, das Siechtum des Königs. Aber sein Gesundheitszustand hat sich schneller verschlechtert, als ich mir erklären kann, und diese Zustände in seinen Gemächern sind mir ein Rätsel. Außer…« Er sprach den Gedanken nicht aus. »Vielleicht glaubt man, Lady Quendel wäre seine einzige Verteidigerin gewesen. Vielleicht glaubt man, niemand sorgte sich mehr um ihn, er wäre ein vereinsamter alter Mann, ein Hindernis, das leicht aus dem Weg zu schaffen sei. Deine Achtlosigkeit hat die Ratten aus ihren Löchern hervorgelockt, und dadurch bietet sich uns womöglich die Gelegenheit, sie zu packen.« Er seufzte. »Ich dachte, ich könnte Wallace als Werkzeug benutzen, ihn durch den Rat Dritter unauffällig lenken. Der Mann besitzt keinerlei nennenswerte medizinische Kenntnisse, er ist ein Pfuscher. Aber das Werkzeug, daß ich unbewacht herumliegen ließ, hat sich, wie es scheint, ein anderer zunutze gemacht. Wir werden sehen. Dennoch. Es gibt Wege, diesen Umtrieben Einhalt zu gebieten.«
    Ich biß mir auf die Zunge, bevor mir Edels Name entschlüpfen konnte. »Wie?« fragte ich statt dessen.
    Chade lächelte. »Wie hat man dich im Bergreich als Meuchelmörder unschädlich gemacht?«
    Die Erinnerung schmerzte. »Edel hat Kettricken mein Vorhaben verraten.«
    »Genau. Wir werden etwas Licht in die Vorgänge in des Königs Gemächern bringen. Iß, während ich rede.«
    Also hörte ich zu, wie er meine Aufträge für den nächsten Tag erläuterte, doch gleichzeitig prüfte ich, was er mir zu essen aufgetischt hatte. An Knoblauch war nicht gespart worden, ich wußte von seinem Vertrauen in dessen reinigende Eigenschaften. Ich fragte mich, was ich unwissentlich in mich aufgenommen hatte und inwieweit die Droge meine Erinnerung an das Gespräch mit dem Narren beeinflußte. Bei dem Gedanken daran, wie ich ihn förmlich hinausgeworfen hatte, brannten mir die Ohren. Noch jemand, zu dem ich einen Bußgang antreten mußte. Chade bemerkte meine Geistesabwesenheit. »Manchmal«, bemerkte er hintergründig, »muß man darauf vertrauen, daß die anderen Menschen wissen, daß man nicht perfekt ist.«
    Ich nickte, dann mußte ich plötzlich furchtbar gähnen. »Entschuldigung«, murmelte ich. Von einer Sekunde zur anderen wurden mir die Lider so schwer, daß ich kaum den Kopf hochhalten konnte. »Was hast du gesagt?«
    »Nichts, unwichtig. Geh zu Bett. Schlaf. Schlaf ist der beste Heiler.«
    »Aber ich habe dich nicht einmal gefragt, wo du gewesen bist. Oder was du getan hast. Du kommst mir vor, als wärst du zehn Jahre jünger geworden.«
    Chade spitzte die Lippen. »Ist das ein Kompliment? Aber laß gut sein. Solche Fragen wären ohnehin sinnlos, also kannst du sie dir für einen anderen Tag aufsparen und dich aufregen, wenn ich mich weigere, sie zu beantworten. Was meine wundersame Verjüngung angeht – nun, je mehr man seinen Körper zwingt, etwas zu leisten, desto mehr kann er leisten. Die Reise war nicht leicht, doch ich glaube, die Anstrengung hat sich gelohnt.« Als ich den Mund aufmachte, hob er Einhalt gebietend die Hand.

Weitere Kostenlose Bücher