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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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zurück und fing an zu trinken. Nachdem ich gekommen war und ihm geholfen hatte, die Wunde zu versorgen, trank er weiter, bis er schlafen konnte. Er erwachte abends, gerade rechtzeitig, um etwas zu essen und sich dann zur nächsten Nachtwache vor Kettrickens Tür einzufinden. Um die Ställe kümmerte er sich nicht mehr. Er hatte sie Flink überlassen, der mit einer Miene umherging, als wäre diese Arbeit eine unverdiente Strafe.
    Mehr oder weniger regelmäßig jeden zweiten Tag schickte Philia Molly hinauf, um seine Kammer aufzuräumen. Ich wußte von diesen Besuchen nur, daß sie stattfanden und daß Burrich überraschenderweise keine Einwände dagegen erhob. Meine Gefühle waren gemischt. Auch wenn Burrich betrunken war, trat er einer Frau niemals zu nahe, aber die Reihe der leeren Schnapsflaschen mußte Molly an ihren Vater erinnern. Trotzdem, mir lag daran, daß sie sich gegenseitig besser kennenlernten. Eines Tages erzählte ich Burrich, Molly wäre bedroht worden, meinetwegen.
    »Deinetwegen?« fragte er scharf.
    »Es hat sich nicht geheimhalten lassen, daß sie mir etwas bedeutet«, gestand ich verzagt.
    »Ein Mann hält seine Schwierigkeiten fern von der Frau, die er liebt«, belehrte er mich streng.
    Darauf wußte ich nichts zu antworten. Ich erzählte ihm das Wenige, an das Molly sich hatte erinnern können, aber auch er wußte damit nichts anzufangen. Eine Zeitlang hatte er ins Leere gestarrt, dann sein Glas gehoben und ausgetrunken. Er sprach bedächtig. »Ich werde ihr sagen, daß du dir Sorgen um sie machst. Ich werde ihr sagen, wenn sie sich bedroht fühlt, muß sie zu mir kommen. Ich bin in einer besseren Position, um damit fertig zu werden.« Er schaute mich an. »Ich werde ihr sagen, daß es klug von dir ist, dich von ihr fernzuhalten, um ihretwillen.« Während er das Glas wieder füllte, fügte er, scheinbar an den Tisch gewandt, hinzu: »Philia hatte recht. Und sie tat gut daran, sie zu mir zu schicken.«
    Ich wurde blaß, als mir die volle Bedeutung der Worte aufging. Ausnahmsweise war ich schlau genug zu wissen, wann es besser war, den Mund zu halten. Er trank aus, dann schaute er auf die Flasche. Schob sie langsam über die Tischplatte zu mir hin. »Bist du so gut und stellst sie für mich aufs Regal zurück?« fragte er.
    Auch weiterhin wurden Tiere und Wintervorräte aus Bocksburg weggeschafft. Manches wurde um billiges Geld an die Inlandprovinzen verschleudert. Die allerbesten Jagd- und Reitpferde wurden den Bocksfluß hinauf verschifft, in der Nähe von Turlake. Edel behauptete, es läge ihm am Herzen, unser wertvollstes Zuchtmaterial vor dem Zugriff der Piraten in Sicherheit zu bringen. In Burgstadt jedoch wurde gemunkelt, erzählte mir Flink, wenn der König nicht imstande wäre, seine eigene Burg zu halten, welche Hoffnung gäbe es dann für sie? Als eine Schiffsladung kostbarer alter Tapisserien und Möbel ebenfalls den Fluß hinaufging, hieß es, bald würden die Weitseher Bocksburg ganz verlassen, ohne Not, ohne auch nur einen Angriff abzuwarten. Ich hatte den unbehaglichen Verdacht, daß es sich genau so verhielt.
    Da ich die Burg nicht verlassen durfte, erfuhr ich nur wenig von dem, was die einfachen Leute redeten. Wenn ich die Wachstube betrat, begrüßte mich Schweigen. Mein ›Hausarrest‹ hatte Klatsch und Spekulationen ausgelöst. Der Vorfall mit dem kleinen Mädchen, das ich nicht vor den Entfremdeten hatte retten können, wurde hervorgekramt und ausgeschmückt. Nur wenige der Soldaten redeten mit mir über anderes als über das Wetter oder dergleichen Belanglosigkeiten. Zwar machten sie mich nicht ganz zum Ausgestoßenen, aber ich war nicht mehr Teil der ungezwungenen Gespräche und hitzigen Wortwechsel, die gewöhnlich die Wachstube erfüllten. Mit mir zu sprechen konnte unerquickliche Folgen haben, und ich wollte nicht Männer und Frauen ins Unglück bringen, die ich einmal als meine Freunde betrachtet hatte.
    In den Stallungen war ich nach wie vor willkommen, aber auch dort achtete ich darauf, nicht zu lange oder zu oft mit einer bestimmten Person zu reden und den Anschein zu erwecken, daß ich eins der Tiere bevorzugte. Die Stallhelfer waren in diesen Tagen ein mürrischer Haufen. Es gab nicht genug Arbeit, um sie zu beschäftigen, also kam es häufig zu Streit und Raufereien. Die Pferdeknechte waren meine hauptsächliche Quelle für Neuigkeiten und Gerüchte. Erfreuliches wußten sie nicht zu berichten. Vage Greuelgeschichten von Überfällen auf Siedlungen in Bearns,

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