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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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fünf Roten Schiffe lagen hoch am Ufer. Die Boote der Fischereiflotte von Guthaven bedeckten als Saum verbrannter Trümmer den Strand, vom Wechsel der Gezeiten immer wieder neu geordnet. Geschwärzte Ruinen und Rauchsäulen bezeichneten wie ein wucherndes Geschwür den Weg, den die Piraten nach ihrer Landung genommen hatten. Fuchsrot richtete sich in den Steigbügeln auf, zeigte mit der ausgestreckten Hand auf die einzelnen Punkte im Gelände und verband ihre Beobachtungen mit dem, was sie über die Burg und den Ort wußte, zu einem kurzen Lagebericht.
    »Die Bucht ist sehr flach, sandig. Bei Ebbe zieht sich das Wasser sehr weit zurück. Die Roten Schiffe liegen zu hoch auf dem Strand, bei ablaufendem Wasser fallen sie trocken, und den Korsaren wäre eine schnelle Flucht unmöglich. Die Tatsache sollten wir in unsere Pläne einbeziehen.
    Sie sind durch die Stadt gegangen wie ein heißes Messer durch Butter – ich bezweifle, daß man viel Widerstand geleistet hat. Der Ort läßt sich von der Anlage her kaum verteidigen. Wahrscheinlich sind sämtliche Einwohner beim ersten Auftauchen eines Korsaren in die Burg geflüchtet. Für mich sieht es aus, als hätten die Outislander sich bis hinter den dritten Wall vorgekämpft, aber Kelvar sollte in der Lage sein, innen fast unbegrenzt standzuhalten. Der vierte Wall ist ein Bollwerk aus Stein, an dem jahrelang gebaut wurde. Seewacht hat einen guten Brunnen, und die Speicher dürften jetzt, Anfang Winter, noch wohlgefüllt sein. Die Burg wird nicht fallen, außer durch Verrat.« Fuchsrot ließ sich wieder in den Sattel sinken. »Aber was versprechen sie sich davon?« fragte sie leise, als spräche sie zu sich selbst. »Wie können die Roten Korsaren hoffen, eine lange Belagerung aufrechtzuerhalten, erst recht, wenn sie ihrerseits von unseren Truppen angegriffen werden?«
    »Eine Erklärung könnte sein, daß sie nicht damit gerechnet haben, jemand könnte Kelvar zur Hilfe kommen«, meinte Kettricken knapp. »In der Stadt finden sie alles, was sie brauchen, und vielleicht erwarten sie weitere von ihren Schiffen.« Sie winkte Kerf heran, der sein Pferd neben Fuchsrot lenkte. »Ich bin noch nie gegen einen Feind gezogen«, bekannte sie schlicht. »Ihr beide müßt uns einen Schlachtplan entwerfen. Ich höre euch zu wie ein Soldat. Was tun wir als nächstes?«
    Ich sah, wie Burrich das Gesicht verzog. Solche Offenheit ist bewunderungswürdig, aber nicht immer empfehlenswert. Fuchsrot und Kerf maßen sich gegenseitig mit abschätzenden Blicken. »Hoheit, Kerf hat mehr Kampferfahrung als ich. Ich bin bereit, mich seinem Kommando zu unterstellen«, äußerte Fuchsrot nüchtern.
    Kerf senkte den Blick als fühlte er sich von ihr beschämt. »Burrich war Chivalrics rechte Hand. Er hat viel mehr Schlachten mitgemacht als ich«, erklärte er, den Blick fest auf den Mähnenkamm seiner Stute gerichtet, dann hob er ruckartig den Kopf. »Ich rate Euch, ihm den Befehl zu übertragen, Hoheit.«
    Burrichs Gesicht war eine Studie widerstreitender Gefühle. Erst leuchteten seine Augen auf, dann merkte ich, wie ihm Bedenken kamen.
    Dem-wir-folgen, sie werden gut für dich jagen, drängte Nachtauge.
    »Burrich, übernehmt Ihr den Befehl. Euch werden die Leute folgen und gut für Euch kämpfen.«
    Mir lief es kalt den Rücken hinunter, als ich hörte, wie Königin Kettricken fast wörtlich Nachtauges Gedanken wiederholte. Burrich straffte die Schultern und richtete sich im Sattel auf. »Aufgrund des flachen Geländes können wir nicht hoffen, sie zu überraschen, und wir müssen damit rechnen, daß sie sich hinter den drei Wällen, die sie bereits überwunden haben, verschanzen. Wir sind keine große Streitmacht. Was wir am reichlichsten haben, Hoheit, ist Zeit. Wir können sie einschließen. Sie haben keinen Zugang zu Trinkwasser. Wenn Seewacht standhält und wir die Outislander festnageln, wo sie jetzt sind, zwischen dem dritten Wall und der Mauer, können wir in Ruhe auf das Eintreffen unserer Schiffe warten. Dann liegt es an uns, ob wir gemeinsam einen Angriff unternehmen oder sie einfach aushungern.«
    Die Königin nickte. »Das hört sich vernünftig an.«
    »Sie wären Dummköpfe, wenn sie nicht wenigstens eine Wache bei ihren Schiffen zurückgelassen hätten. Darum müssen wir uns als erstes kümmern. Dann sollen einige von unseren eigenen Leuten dort bleiben, mit dem Befehl, die Schiffe zu zerstören, wenn es aussieht, als wäre es den Outislandern gelungen, durchzubrechen, und sie

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