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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ist. Wenn du gerecht sein willst, kannst du mir daraus keinen Vorwurf machen.« Sie schaute zu mir hinauf.
    Ich weiß nicht, wie ich ausgesehen habe, nur daß sie den Blick abwandte, als könne sie es nicht ertragen.
    »Ihm zuliebe gehe ich fort«, sagte sie. »An einen Ort, wo es sicherer ist als hier.«
    »Molly, bitte, er kann dich unmöglich so lieben wie ich«, beschwor ich sie.
    »Auch dein König kann dich nicht so lieben wie – ich es getan habe, und trotzdem ist es so weit mit uns gekommen. Aber es geht auch nicht darum, was er für mich empfindet, wichtig ist, was ich für ihn fühle. Er muß in meinem Leben an erster Stelle stehen. Er braucht das von mir. Versteh mich recht – es ist nicht so, daß ich mir nichts mehr aus dir mache, sondern ich kann dieses Gefühl nicht über das stellen, was für ihn das beste ist.« Sie ging die letzten Stufen hinunter. »Lebwohl, Neuer.« Nur ein Flüstern, aber die beiden Worte brannten sich in mein Herz.
    Ich stand auf der Treppe und schaute ihr hinterher, und plötzlich war diese Empfindung allzu vertraut, der Schmerz allzu bekannt. Ich stürzte hinter ihr her, ich griff nach ihrem Arm, ich zog sie in die Dunkelheit unter der Stiege. »Molly«, sagte ich, »bitte.«
    Sie sagte nichts. Sie wehrte sich nicht einmal gegen meine Hand, die ihren Arm umklammerte.
    »Was kann ich dir geben, was dir sagen, um dir begreiflich zu machen, was du mir bedeutest? Ich kann dich nicht einfach gehenlassen!«
    »Du kannst mich auch nicht zwingen zu bleiben«, entgegnete sie hölzern. Ich fühlte, wie etwas in ihr erlosch. Zorn, Kampfgeist, Wille – ich weiß nicht. »Bitte«, sagte sie, und das Wort tat mir weh. »Mach es nicht so schwer. Bring mich nicht zum Weinen.«
    Ich ließ ihren Arm los, aber sie blieb stehen.
    »Vor langer Zeit«, meinte sie bedächtig, »habe ich dir gesagt, du seist wie Burrich.«
    Ich nickte in der Dunkelheit, es war mir gleich, daß sie es nicht sehen konnte.
    »In mancher Hinsicht bist du ihm ähnlich, in anderer nicht. Ich treffe heute die Entscheidung für uns, wie er sie einmal für Philia und sich getroffen hat. Es gibt für uns keine Zukunft. Dein Herz ist bereits vergeben. Und die Kluft zwischen der Dienstmagd und dem Sohn eines Prinzen ist zu groß, als daß irgendeine Liebe sie überbrücken könnte. Ich weiß, daß du mich liebst. Aber deine Liebe ist – anders als meine. Ich wünsche mir, daß wir unser Leben teilen. Du möchtest mich in einer Schachtel aufheben, getrennt von deinem Leben. Ich will nicht jemand sein, auf den du dich besinnst, wenn du an nichts Wichtigeres zu denken hast. Ich weiß nicht einmal, was du tust, wenn du nicht bei mir bist. So wenig gibst du mir von dir.«
    »Es würde dir nicht gefallen«, sagte ich beschwörend. »Du willst es eigentlich gar nicht wissen.«
    »Hör auf damit«, fauchte sie wütend. »Begreifst du nicht, daß ich damit nicht leben kann, daß du nicht einmal diese Entscheidung mir selber überläßt? Du kannst nicht für mich entscheiden. Dazu hast du nicht das Recht! Wenn du mir das nicht einmal sagen kannst, wie soll ich glauben, daß du mich liebst?«
    »Ich töte Menschen«, hörte ich mich sagen. »Für meinen König. Ich bin ein Meuchelmörder, Molly.«
    »Ich glaube dir nicht!« Der Ton ihrer Stimme schwankte zwischen Grauen und Verachtung. Tief drinnen wußte sie, daß ich ihr die Wahrheit gesagt hatte. Endlich. Schweigen schob sich wie ein Gletscher zwischen uns, als sie darauf wartete, daß ich zugab, gelogen zu haben. Und damit die wirkliche Lüge aussprach. Zu guter Letzt leugnete sie die Tatsache für mich.
    »Du, ein Mörder? Du hast es damals nicht einmal fertiggebracht, an den Wachen vorbeizulaufen, um zu sehen, was mir zugestoßen war! Du hattest nicht den Mut, dich meinetwegen mit ihnen anzulegen! Aber ich soll glauben, daß du für den König Menschen tötest?« Sie stieß einen erstickten Laut aus, halb empört, halb den Tränen nahe. »Weshalb sagst du so etwas jetzt? Weshalb ausgerechnet jetzt? Um mich zu beeindrucken?«
    »Wenn ich geglaubt hätte, daß es dich beeindruckt, hätte ich es dir schon vor langer Zeit gesagt«, antwortete ich müde. Auch das die Wahrheit. Was mir so lange den Mund verschlossen hatte, war zu einem guten Teil die Angst gewesen, ich könnte Molly verlieren, wenn ich ihr von den dunklen Seiten meines Lebens erzählte. Und ich hatte recht gehabt.
    »Lügen«, sagte sie, mehr zu sich selbst als zu mir. »Lügen, alles Lügen. Von Anfang an. Ich bin so

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