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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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erinnert.
    Gleiches Interesse erregte nur noch das Gerücht, ein Junge hätte den Narbenmann am Brunnen im Burghof gesehen. Gegen Mitternacht sollte es gewesen sein. Keiner kam auf den Gedanken zu fragen, was der Bursche um diese Zeit da draußen gesucht hatte oder wie er im Dunkeln diese unglückverheißende Erscheinung gesehen haben wollte. Statt dessen beteuerten die Männer, vorläufig dem Genuß von Wasser zu entsagen. Dieses Omen konnte doch nur bedeuten, daß mit dem Brunnen etwas nicht seine Richtigkeit hatte. Bei der Geschwindigkeit, mit der sie das Bier in sich hineinschütteten, hatten sie meiner Meinung nach kaum etwas zu befürchten. Ich blieb, bis es hieß, daß sich auf Prinz Edels Befehl umgehend drei kräftige Männer mit Äxten bei den Gemächern des Königs einfinden sollten. Das löste neue Spekulationen aus und gab mir eine Gelegenheit, unauffällig den Raum zu verlassen und den Weg zu den Ställen einzuschlagen.
    Ich wollte zu Burrich gehen und sehen, ob der Narr ihn gefunden hatte, doch vergaß ich mein Vorhaben, als mir auf der Stiege zu seiner Kammer Molly von oben entgegenkam. Sie schaute in mein verdutztes Gesicht und lachte, aber es war ein gezwungenes Lachen und erreichte nicht ihre Augen.
    »Was hast du bei Burrich gewollt?« fragte ich scharf und erschrak über mich selbst, weil ich sie in diesem Ton angefahren hatte. Schuld war die plötzliche Angst, weil ich glaubte, sie hätte bei Burrich Hilfe gesucht.
    »Er ist mein Freund«, antwortete sie kühl und wollte weitergehen. Ohne mir bewußt zu sein, was ich tat, blieb ich mitten auf der Treppe stehen. »Laß mich vorbei!« zischte sie erbost.
    Statt dessen legte ich die Arme um sie. »Molly, Molly, bitte«, sagte ich heiser, als sie sich halbherzig gegen mich sträubte. »Suchen wir einen Platz, wo wir miteinander reden können, wenn auch nur für einen Moment. Ich kann es nicht ertragen, daß du mich so ansiehst, wenn ich dir doch nichts getan habe. Du benimmst dich, als hätte ich dich verlassen, aber ich trage dich immer in meinem Herzen. Wenn ich nicht bei dir bin, dann doch nur, weil ich dich schützen möchte.«
    Sie hörte auf, sich zu wehren.
    »Molly? Sag etwas.«
    Sie schaute sich in dem dämmerigen Stallgebäude um. »Wir können uns hier unterhalten, aber wirklich nur kurz.«
    »Weshalb bist du so zornig auf mich?«
    Fast hätte sie geantwortet. Ich sah, wie sie die Worte zurückdrängte, die ihr über die Lippen wollten, dann wirkte sie plötzlich kalt. »Weshalb glaubst du, daß sich mein ganzes Leben nur um dich dreht?« fragte sie zurück. »Wie kommst du auf den Gedanken, ich hätte keine anderen Sorgen als dich?«
    Im ersten Moment wußte ich nicht, was ich sagen sollte. »Vielleicht, weil es bei mir so ist.«
    »Ist es nicht.« Sie verbesserte mich, als wäre ich ein Kind, das darauf beharrte, der Himmel sei grün.
    »Ist es doch.« Ich zog sie an mich, aber sie lag in meinen Armen wie ein Stück Holz.
    »Dein König-zur-Rechten Veritas war wichtiger. König Listenreich ist wichtiger. Königin Kettricken und ihr ungeborenes Kind sind wichtiger.« Sie zählte an den Fingern ab, als numerierte sie meine Charakterfehler.
    »Ich tue, was meine Pflicht ist«, sagte ich ruhig.
    »Und ich weiß, wo dein Herz ist, und es ist nicht in erster Linie bei mir.«
    »Veritas ist – Veritas ist nicht mehr hier, um seine Gemahlin, sein Kind und seinen Vater zu beschützen«, erklärte ich geduldig. »Deshalb hat meine Pflicht ihnen gegenüber Vorrang, vor meinem eigenen Leben, vor allem anderen, was mir teuer ist. Nicht, weil ich sie mehr liebe, sondern…« Ich suchte vergebens nach Worten. »Ich bin ein Vasall des Königs«, sagte ich schließlich hilflos.
    »Ich bin niemandes Vasall.« Ein stolzes Wort und einsam. »Ich sorge für mich selbst.«
    »Aber doch nicht für immer«, protestierte ich. »Eines Tages werden wir frei sein. Frei, um zu heiraten, um…«
    »Um zu tun, was immer dein König von dir verlangt«, beendete sie den Satz für mich. »Nein, Fitz.« Endgültigkeit in ihrer Stimme. Schmerz. Sie machte sich los und ging auf der Stiege an mir vorbei. Als sie zwei Stufen unter mir war und es mir vorkam, als wehte der Eisatem des Winters zwischen uns, sprach sie weiter, in sanfterem Ton.
    »Ich muß dir etwas sagen. Es gibt jetzt einen anderen in meinem Leben. Einen, der für mich das ist, was dein König dir bedeutet. Einen, der mir wichtiger ist als mein eigenes Leben, der Vorrang hat vor allem anderen, was mir teuer

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