Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
meinem Körper. Ich stolperte zur Küche hinunter, aß etwas, ging zum Badehaus, fing an zu zittern, ging wieder nach oben in mein Zimmer und kroch zurück ins Bett. Später kam jemand herein und sprach zu mir. Ich erinnere mich nicht an das, was gesprochen wurde, aber daran, daß man mich schüttelte. Es war lästig, aber ich ließ mich einfach etwas tiefer sinken und achtete nicht darauf.
    Das nächste Mal erwachte ich gegen Abend. Ein Feuer brannte hell, der Holzkorb war gefüllt. Man hatte einen kleinen Tisch neben mein Bett gezogen und mit Brot und Fleisch und Käse gedeckt. Eine bauchige Kanne mit Teeblättern wartete auf einen Guß aus dem sehr großen dampfenden Kessel über dem Feuer. Das restliche heiße Wasser war vermutlich zum Füllen des Waschzubers neben dem Kamin bestimmt. Ein Riegel Seife gehörte dazu. Über dem Fußende des Bettes hing ein frisches Nachthemd und keins von meinen alten. Es sah aus, als könnte es passen.
    Die Dankbarkeit war größer als meine Verwirrung. Ich fand die Kraft, aus dem Bett zu steigen und von all den guten Gaben Gebrauch zu machen. Anschließend kam ich mir vor wie ein neuer Mensch. Anstelle des Schwindelgefühls empfand ich eine schwebende Leichtigkeit, aber dafür erwiesen sich Brot und Käse als das geeignete Heilmittel. Der Tee schmeckte nach Elfenborke, und sofort mußte ich an Chade denken. Ich fragte mich, ob er derjenige gewesen war, der versucht hatte, mich zu wecken. Aber nein, Chades Zeit war die Nacht.
    Ich zog gerade das frische Nachthemd über den Kopf, als leise die Tür aufging und der Narr ins Zimmer schlüpfte. In seinem weiten, formlosen schwarzweißen Winterhabit sah er noch bleicher aus als gewöhnlich und dürr wie ein Zaunpfahl, zumal er – wie ich – ein gutes Stück in die Höhe geschossen war. Wie immer wirkten seine milchigen Augen bestürzend, selbst in seinem bleichen Gesicht. Er lächelte mich an und wackelte dann geringschätzig mit der blaßrosa Zunge.
    »Du«, sagte ich und deutete in die Runde. »Vielen Dank.«
    »Nein«, wehrte er ab. Das farblos seidige Haar, das unter seiner Kappe hervorquoll, breitete sich zu einem Glorienschein aus, als er den Kopf schüttelte. »Aber ich habe geholfen. Begrüßenswert, daß du gebadet hast. Es macht mein Amt, nach dir zu sehen, weniger anrüchig. Ich bin froh, daß du wach bist. Du schnarchst abscheulich.«
    Ich überhörte die Stichelei. »Du bist gewachsen«, bemerkte ich.
    »Ja. Du ebenfalls. Und du warst krank. Und du hast sehr lange geschlafen. Und jetzt bist du wach und gebadet und satt. Du siehst immer noch furchtbar aus. Aber du riechst nicht mehr. Es ist mittlerweile später Nachmittag. Gibt es noch irgendwelche offensichtlichen Fakten, über die du reflektieren möchtest?«
    »Ich habe von dir geträumt. Während ich fort war.«
    Er warf mir einen schrägen Blick zu. »Wirklich? Wie rührend. Ich kann nicht behaupten, daß ich von dir geträumt hätte.«
    »Ich habe dich vermißt«, fügte ich hinzu und hatte die Genugtuung, einen Ausdruck der Überraschung über sein Gesicht huschen zu sehen.
    »Wie drollig. Sollte das erklären, weshalb du dich in letzter Zeit mit solcher Begeisterung selbst zum Narren machst?«
    »Mag sein. Setz dich. Erzähl mir, was während meiner Abwesenheit alles passiert ist.«
    »Keine Zeit. König Listenreich erwartet mich. Vielmehr, er erwartet mich nicht, und das ist präzise der Grund, weshalb ich gerade jetzt zu ihm gehen muß. Sobald du dich besser fühlst, solltest du ihm auch einen Besuch abstatten. Erst recht, wenn er dich nicht erwartet.« Er drehte sich auf dem Absatz herum und verschwand, doch gleich steckte er noch einmal den Kopf ins Zimmer, hob die silbernen Schellen am Zipfel eines überlangen Ärmels und bimmelte damit. »Lebwohl, Fitz. Gib dir etwas Mühe dabei, dich nicht umbringen zu lassen.« Die Tür schloß sich lautlos hinter ihm.
    Ich goß mir Tee ein und nahm einen Schluck. Wieder ging die Tür auf, aber diesmal war es nicht der Narr, sondern Lacey. »Oh, er ist wach«, verkündete sie und fügte streng hinzu: »Warum hast du nicht gesagt, wie müde du bist? Was glaubst du, wie du mich erschreckt hast, einen ganzen Tag zu schlafen wie ein Toter.« Ohne meine Aufforderung abzuwarten, kam sie geschäftig hereingewieselt, frische Laken und Decken über dem Arm und dichtauf gefolgt von Prinzessin Philia.
    »Oh, er ist wach!«, rief sie aus, als hätte sie daran gezweifelt. Beide nahmen nicht die geringste Rücksicht darauf, wie peinlich

Weitere Kostenlose Bücher