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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Bastards Kebse. Nach einer entsprechenden Frist kannst du anfangen, ihr deine Aufwartung zu machen, aber in der nächsten Zeit wäre es unschicklich für dich, sie allein zu treffen oder überhaupt den Versuch zu machen, sie zu treffen.«
    »Aber ich muß unter vier Augen mit ihr sprechen. Nur einmal, nur kurz, dann will ich mich an Eure Regel halten, Ehrenwort. Sie glaubt, ich hätte sie absichtlich hintergangen. Sie glaubt, ich wäre gestern nacht betrunken gewesen. Ich muß ihr erklären…«
    Doch Philia schüttelte den Kopf, bevor ich den ersten Satz ausgesprochen hatte, und fuhr damit fort, bis ich eingeschüchtert verstummte. »Es hat schon einiges Gerede gegeben, weil sie herkam und nach dir fragte. Ich habe das unterbunden, indem ich erklärte, Molly sei unverschuldet in Not geraten und hätte mich um Hilfe bitten wollen. Mit gutem Recht, diente doch ihre Mutter zu Lebzeiten von Königin Constance bei Lady Heather als Zofe, und war nicht Lady Heather meine gute Freundin, als ich zum erstenmal nach Bocksburg kam?«
    »Habt Ihr Mollys Mutter gekannt?« forschte ich neugierig.
    »Eigentlich nicht. Sie war fortgegangen, um einen Kerzenzieher zu heiraten. Aber ich kannte Lady Heather, und sie war mir wirklich eine gute Freundin.«
    »Aber könnte ich nicht in Eure Gemächer kommen und dort mit ihr sprechen? Ich…«
    »Ich dulde keinen Skandal!« erklärte sie fest. »Ich werde keinen Skandal herausfordern. Fitz, du hast Feinde am Hof. Ich werde nicht zulassen, daß sie Molly benutzen, um dich zu treffen. Habe ich mich jetzt endlich deutlich genug ausgedrückt?«
    Allerdings hatte sie deutlich gesprochen und eine von mir unvermutete Einsicht in die Machtverhältnisse am Hof offenbart. Wieviel wußte sie über meine Feinde? Glaubte sie, es handele sich um Rivalitäten auf rein gesellschaftlicher Ebene? Obwohl auch das schon tödlich sein konnte. Ich dachte an Edel und seine boshaften Bonmots. Wie er es verstand, sich bei einem Ball zu seinen Liebedienern umzuwenden und leise etwas zu sagen, worauf sie alle höhnisch lächelten und die Perfidie des Prinzen mit halblaut geäußerten, eigenen Kommentaren weiter ausschmückten. Über kurz oder lang würde ich ihn töten müssen.
    »Dein Mienenspiel sagt mir, daß du begriffen hast.« Philia erhob sich und stellte ihre Teetasse auf den Tisch. »Lacey, ich glaube, wir sollten FitzChivalric jetzt allein lassen, damit er sich ausruhen kann.«
    »Bitte sagt ihr wenigstens, sie soll nicht böse auf mich sein«, flehte ich. »Sagt ihr, ich wäre gestern nicht betrunken gewesen. Sagt ihr, es wäre nie meine Absicht gewesen, sie zu täuschen oder ihr Kummer zu bereiten.«
    »Ich werde nichts dergleichen tun! Und du auch nicht, Lacey! Glaubt ihr, ich hätte das Zwinkern hinter meinem Rücken nicht gesehen? Ihr alle beide – ich bestehe darauf, daß ihr die Gebote des Anstands befolgt. FitzChivalric, für dich gilt: du kennst Molly nicht. Mistress Chandler {3} . Und sie kennt dich nicht. So will ich es haben, so muß es sein. Nun komm, Lacey. FitzChivalric, ich erwarte, daß du zu Bett gehst und schläfst, damit du morgen wiederhergestellt bist.«
    Sie gingen hinaus. Ich versuchte, Laceys Blick aufzufangen, um mir ihre Unterstützung zu sichern, aber sie wollte nicht zu mir herschauen. Die Tür schloß sich hinter ihnen, und ich lehnte mich zurück. Gefühl und Verstand rebellierten gegen die von Philia auferlegten Einschränkungen, aber so schmerzlich es war: sie hatte recht. Ich konnte nur hoffen, daß Molly mein Benehmen eher als gedankenlos denn als hinterhältig oder arglistig sah.
    Schließlich stand ich auf und kümmerte mich um das Feuer, dann setzte ich mich auf die Einfassung und schaute mich in meinem Zimmer um. Nach den Monaten im Bergreich kam es mir wirklich trostlos vor. Der einzige schmückende Gegenstand im ganzen Raum war ein reichlich verstaubter Wandteppich, der die Begegnung König Weises mit den Uralten darstellte. Er gehörte zum Inventar des Zimmers, wie die Zedernholztruhe am Fuß des Bettes. Ich musterte ihn kritisch. Er war ausgeblichen und mottenzerfressen, leicht zu begreifen, weshalb man ihn hierher verbannt hatte. In der ersten Zeit hatte er mir Alpträume verursacht. In einem altertümlichen Stil gearbeitet, wirkte König Weise seltsam in die Länge gezogen, während die Uralten keinerlei Ähnlichkeit mit irgendeiner Kreatur hatten, die ich kannte. An ihren gewölbten Schultern waren angedeutete Flügel zu erkennen. Oder vielleicht sollte es ein

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