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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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von Feuern und von brandschatzenden Piraten. Ich meinem Traum gab es zwei Kinder, die du beschützt hast. Es sah aus, als wären es deine.« Die Worte prallten an ihrem Schweigen ab wie an einer Mauer. Sie hielt mich wahrscheinlich für nicht ganz bei Sinnen, ihr etwas von prophetischen Träumen auftischen zu wollen. Und warum, o warum nur, von allen Menschen auf der Welt, mußte es ausgerechnet Molly sein, die mich in einem derart würdelosen Zustand erlebte? Das Schweigen dauerte und dauerte. »Aber du warst hier, in Bocksburg und in Sicherheit.« Meine Stimme schwankte, ich mußte tief Luft holen. »Ich bin so froh, daß dir nichts geschehen ist. Aber wie bist du nach Bocksburg gekommen und weshalb, und was tust du hier?«
    »Was ich hier tue?« Ihre Stimme klang ebenso gepreßt wie meine und kalt vor Zorn, doch ich glaubte auch einen Anflug von Furcht herauszuhören. »Ich bin auf der Suche nach einem Freund hergekommen.« Sie unterbrach sich, um die Gefühle niederzuringen, die sie zu überwältigen drohten. Als sie weitersprach, war ihr Tonfall gezwungen ruhig, beinahe freundlich. »Mein Vater hinterließ mir nichts als Schulden, und ich mußte zusehen, als die Gläubiger kamen und mir das Geschäft wegnahmen. Um mir bei der Ernte etwas Geld für den Neuanfang zu verdienen, ging ich zu Verwandten. Nach Syltport. Woher du das gewußt hast, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Mein Lohn machte einen Teil der benötigten Summe aus, und mein Vetter erklärte sich bereit, mir den Rest vorzustrecken. Die Ernte war gut gewesen. Am nächsten Tag wollte ich nach Burgstadt zurückkehren. Aber Syltport wurde überfallen. Ich war da, mit meinen Nichten…« Ihre Stimme erstarb unter dem Ansturm der Erinnerungen. Vor meinem inneren Auge entstanden die gleichen Bilder: die Schiffe, die lodernden Flammen, die lachende Frau mit dem Schwert. Ich wollte ihren Blick einfangen, aber sie schaute über mich hinweg ins Leere und sprach im gleichmütigen Ton eines unbeteiligten Berichterstatters weiter.
    »Meine Verwandten verloren alles, was sie besaßen, und schätzten sich dennoch glücklich, weil ihre Kinder am Leben geblieben waren. Natürlich konnte ich sie nicht mehr bitten, mir Geld zu leihen. Ich fragte nicht einmal nach meinem Lohn, sie hätten ihn mir schuldig bleiben müssen. So kam ich nach Burgstadt zurück. Der Winter war nicht mehr fern, und ich hatte kein Unterkommen. Aber, dachte ich, Neuer ist mir immer ein guter Freund gewesen. Wenn es jemanden gibt, den ich bitten kann, mir mit etwas Geld wieder auf die Beine zu helfen, dann ist er es. Ich stieg also zur Burg hinauf und fragte nach dem Gehilfen des Schreibers, doch man zuckte nur die Achseln und schickte mich zu Fedwren. Fedwren hörte zu, als ich dich beschrieb, runzelte die Stirn und schickte mich weiter zu Prinzessin Philia.« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. Ich schauderte davor zurück, mir diese Begegnung auszumalen. »Sie nahm mich als Zofe an«, schloß Molly leise. »Sie meinte, das wäre das mindeste, was sie für mich tun könnte, nachdem du mich entehrt hättest.«
    »Dich entehrt?« Ich fuhr auf. Die Welt um mich geriet ins Wanken, vor meinen Augen sprühten Funken. »Wie? Wie soll ich dich entehrt haben?«
    Molly antwortete sehr gelassen. »Sie sagte, du hättest dir offenbar meine Zuneigung erschlichen und mich dann sitzenlassen. Unter der stillschweigenden Voraussetzung, daß du mich eines Tages heiraten würdest, hätte ich mir von dir den Hof machen lassen.«
    »So ist das nicht…« Bestürzt, verwirrt, benommen, fiel es mir schwer, Worte zu finden. »Wir waren Freunde. Ich wußte nicht, daß du andere Gefühle hattest…«
    »Wirklich nicht?« Sie reckte das Kinn vor, eine Geste, die ich sehr gut kannte. Vor sechs Jahren hätte man einen Fausthieb in die Magengrube zu gewärtigen gehabt. Auch heute noch machte ich unwillkürlich eine Abwehrbewegung, doch ihre Stimme klang eher noch etwas ruhiger, als sie sagte: »Ich nehme an, ich hätte mit dieser Antwort rechnen sollen. So kannst du dich am leichtesten herauswinden.«
    Nun wurde ich ärgerlich. »Du bist diejenige, die weggegangen ist, ohne ein Wort. Und mit diesem Seemann, Jade. Glaubst du, ich wüßte nichts von ihm? Ich war da, Molly. Ich habe gesehen, wie du seinen Arm genommen hast, und ihr seid weggegangen. Wenn es dir so ernst war, weshalb bist du nicht erst zu mir gekommen, bevor du dich mit ihm eingelassen hast?«
    Sie richtete sich hoch auf. »Ich war eine Frau

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