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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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berührt ich war, ihnen im Nachthemd gegenüberzustehen. Lacey machte sich im Zimmer zu schaffen und räumte auf. In dem kärglich eingerichteten Raum gab es nicht viel zu tun, aber sie stellte das benutzte Geschirr zusammen, schürte das Feuer und betrachtete mißbilligend mein trübes Badewasser und die verstreuten Kleidungsstücke. Ich stand in die Enge getrieben mit dem Rücken zum Kamin, während sie mein Bett frisch bezog, naserümpfend die Schmutzwäsche aufsammelte und nach einem kritischen Blick in die Runde mit ihrer Ausbeute hinaussegelte.
    »Ich hätte das gleich selbst getan«, murmelte ich verlegen, aber Prinzessin Philia nahm keine Notiz davon. Sie winkte mich mit einer herrischen Gebärde zum Bett. Widerstrebend kroch ich hinein und fühlte mich ganz wie ein kleiner Junge, der nicht genau weiß, ob er etwas ausgefressen hat. Sie verstärkte den Eindruck noch, in dem sie sich vorbeugte und mir mit rigoroser Mütterlichkeit die Decke bis unters Kinn zog.
    »Wegen Molly«, sagte sie aus heiterem Himmel. »Dein Benehmen gestern abend war äußerst tadelnswert. Du hast deine Schwäche benutzt, um sie in dein Zimmer zu locken. Und hast sie mit deinen Vorwürfen völlig aus der Fassung gebracht. Fitz, ich werde es nicht dulden. Wärest du nicht so krank, würde ich dich schelten. Wie die Dinge liegen, bin ich zutiefst enttäuscht. Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll, wie du die arme Kleine getäuscht und hintergangen hast, deshalb nur soviel: es wird sich nicht wiederholen. Du wirst dich ihr gegenüber ehrenhaft verhalten, in jeder Hinsicht.«
    Ein simples Mißverständnis zwischen mir und Molly drohte sich zu einer Staatsaffäre auszuwachsen. »Hier liegt ein Irrtum vor«, versuchte ich klarzustellen. »Molly und ich müssen uns aussprechen, ungestört, unter vier Augen. Und damit Ihr beruhigt seid, es ist ganz und gar nicht so, wie Ihr denkt.«
    »Denk daran, wer du bist. Der Sohn eines Prinzen darf nicht…«
    »Bastard«, erinnerte ich sie nüchtern. »Ich bin FitzChivalric, Prinz Chivalrics Bastard.«
    Philias bestürztes Gesicht brachte mir wieder zu Bewußtsein, wie sehr ich mich durch den Aufenthalt im Bergreich verändert hatte. Sie mußte begreifen, daß ich nicht mehr ein Knabe war, den sie beaufsichtigen und maßregeln konnte. Dennoch versuchte ich, meine harten Worte etwas abzumildern. »Nicht Prinz Chivalrics ehelicher Sohn, Mylady. Nur der Bastard Eures Gemahls.«
    Sie saß am Fußende des Bettes und schaute mich an. Ihre haselnußbraunen Augen hielten meinen Blick fest, und hinter ihrer Zerstreutheit und Exzentrizität erkannte ich in den Tiefen ihrer Seele größeren Schmerz und größeres Bedauern, als ich je geahnt hatte.
    »Dachtest du wirklich, das könnte ich je vergessen?« fragte sie still.
    Die Stimme erstarb mir in der Kehle, während ich nach einer Antwort suchte. Laceys Rückkehr erlöste mich. Sie hatte zwei Knechte und ein paar junge Pagen rekrutiert. Im Nu waren der Badezuber und das schmutzige Geschirr verschwunden. Lacey stellte derweil einen Teller mit Pastetchen und zwei weitere Tassen auf den Tisch an meinem Bett und gab frische Teeblätter in die Kanne. Philia und ich schwiegen, bis die Dienstboten das Zimmer verlassen hatten. Lacey bereitete den Tee, schenkte ein und zog sich dann mit ihrem unvermeidlichen Häkelzeug in einen Winkel zurück.
    »Und wegen deiner Abstammung handelt es sich in diesem Fall um mehr als ein bloßes Mißverständnis.« Philia nahm den Faden wieder auf, als hätte ich nie gewagt, sie zu unterbrechen. »Wärst du weiter nichts als Fedwrens Gehilfe oder ein Stallbursche, könntest du der Stimme des Herzens folgen. Doch in deinen Adern, FitzChivalric, fließt königliches Blut. Selbst ein Bastard«, das Wort kam nur stockend über die Lippen, »hat die Pflicht, gewisse Regeln zu beachten. Und Zurückhaltung zu üben. Bedenke deine Stellung im königlichen Haushalt. Um zu heiraten, mußt du die Erlaubnis deines Souveräns einholen, wie du natürlich weißt. Die Achtung gegenüber dem König gebietet, ihn von deiner Absicht, einer Dame den Hof zu machen, in Kenntnis zu setzen, so daß er abwägen kann, was für die Auserwählte spricht, und dir mitteilen, ob deine Werbung seine Zustimmung findet oder nicht. Ist der Zeitpunkt günstig? Wird der Thron von der Heirat profitieren? Ist die Verbindung akzeptabel, oder könnte es einen Skandal geben? Wird dein Liebeswerben dich von deinen Pflichten abhalten? Ist die künftige Braut adliger

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