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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Waffenmeisterin aus der Burg, lehrte sie kämpfen und sortierte diejenigen aus, die ihr für den Dienst in Veritas’ Flotte geeignet schienen. Den übrigen wurde angeboten, in die Armee einzutreten. Das also waren die Fremden, von denen die Stadt überquoll und die sich in den Speisehäusern und Tavernen drängten. Wenig Begeisterung herrschte darüber, daß es sich bei einigen der Freiwilligen um eingewanderte Outislander handelte, aus der Heimat vertrieben von denselben Roten Korsaren, die nun unsere Küsten unsicher machten. Auch sie behaupteten, Rache nehmen zu wollen, aber man traute ihnen nicht, und mancherorts in der Stadt weigerte man sich, sie zu bedienen. Diese häßliche Unterströmung vergiftete die Atmosphäre in der vollbesetzten Taverne. Am Schanktisch erzählte man hämisch von einem Outislander, der tags zuvor auf der Pier zusammengeschlagen worden war. Kein Mensch hatte die Stadtwache gerufen. Als die Hetzreden noch weiter ausarteten, bis zu der Parole, diese Outislander seien allesamt Spione und sie zu verbrennen eine kluge und vernünftige Vorsichtsmaßnahme, konnte ich es nicht mehr aushalten und ging. Gab es denn keinen Ort, an dem man von Verdächtigungen und Intrigen verschont blieb, nicht einmal für eine Stunde?
    Ich wanderte allein durch die winterlichen Straßen. Ein Unwetter braute sich zusammen, sein Vorbote, ein unbarmherziger Wind, pfiff um die Häuserecken und versprach Schnee. Die gleiche feindselige Kälte schwoll und brodelte in meinem Inneren, wandelte sich von Zorn zu Haß und wieder zu Zorn, bis der Druck nahezu unerträglich wurde. Man hatte kein Recht, mich so zu behandeln. Ich war nicht ihr Werkzeug. Ich hatte das Recht, ein Leben nach meinem Gutdünken zu führen, der zu sein, als der ich geboren war. Glaubten sie, mich ihrem Willen unterwerfen, mich benutzen zu können, und ich würde nie zurückschlagen? Nein. Die Zeit würde kommen. Meine Zeit würde kommen.
    Ein Mann kam mir entgegen, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Als er den Kopf hob und unsere Blicke sich trafen, wurde er bleich, machte kehrt und hastete dorthin zurück, woher er gekommen war. Gut für ihn. Ich spürte, wie der Grimm in mir sich zur Weißglut steigerte. Der Wind zerrte an meinem Haar und wollte mich frieren machen, aber ich ging nur um so schneller, berauscht von meinem Haß. Er lockte mich weiter, und ich folgte ihm wie der Witterung von frischem Blut.
    Ich bog um die Ecke und fand mich am Rand des Marktplatzes wieder. Vor der Drohung des aufziehenden Wetters packten die fliegenden Händler ihre auf Decken und Matten ausgebreiteten Waren zusammen. Die wohlhabenden Kaufleute verrammelten ihre Buden. Ich ging vorbei. Passanten wichen zur Seite, machten einen Bogen um mich, ich scherte mich nicht um ihre befremdeten, erschrockenen Blicke. Ich kam zum Platz des Tierhändlers und stand ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
    Er war mager und hatte kalte schwarze Augen, die mich tückisch musterten. Blanker Haß schlug mir von ihm entgegen. Unsere Herzen schlugen im gleichen Takt. Ich fühlte meine Oberlippe zucken, als wollte sie sich kräuseln und meine armseligen Menschenzähne entblößen. Sofort beherrschte ich meine Züge und bezwang gewaltsam den Aufruhr meiner Gefühle, aber der räudige junge Wolf in dem Käfig starrte mich an und zeigte drohend sein Gebiß. Ich hasse dich. Euch alle. Komm doch, komm näher. Ich werde dich töten. Ich werde dir die Kehle aufreißen, ich werde dein Blut trinken. Ich hasse dich.
    »Willst du etwas?«
    »Blut«, sagte ich geistesabwesend. »Ich will dein Blut.«
    »Wie?«
    Ich riß meinen Blick von dem Wolf los, um den Mann anzusehen. Eine schmierige, heruntergekommene Gestalt. Er stank, bei El, wie er stank! Nach Schweiß und schlechtem Essen und seinen eigenen Exkrementen. Seine Kleider waren aus schlecht gegerbtem Leder, und ihr üblicher Geruch vermischte sich mit den Ausdünstungen seines Körpers. Er hatte kleine Frettchenaugen und grausame, schmutzige Hände und einen messingbeschlagenen Eichenknüppel am Gürtel. Kaum vermochte ich mich daran zu hindern, den verhaßten Knüppel zu packen und dem Mann den Schädel einzuschlagen. Er trug derbe Stiefel an den Füßen, die mitleidlose Tritte auszuteilen pflegten. Jetzt trat er dicht an mich heran, und ich krallte die Hände in meinen Umhang, damit ich ihn nicht tötete.
    »Wolf«, stieß ich hervor. Meine Stimme klang kehlig, gepreßt. »Ich will den Wolf.«
    »Bist du sicher, Junge? Das ist ein wilder

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