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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Kind zur Welt zu bringen. Unvernünftig, aber so bezeichnend, daß ich Lust verspürte, sie zu umarmen, sie zu schütteln.
    Plötzlich umklammerte sie wieder haltsuchend die Tischkante, ihre Augen wurden groß, und die Gewalt, die sich in ihr regte, machte sie stumm.
    Sie war allein. Sie hielt mich für tot. Und sie brachte mein Kind zur Welt, ohne Beistand, in dieser winzigen, sturmumtosten Hütte in einem gottverlassenen Wer-weiß-wo.
    Ich griff hinaus zu ihr, Molly, Molly, doch sie war ganz in sich selbst versunken, lauschte auf ihren Körper. Wie gut ich Veritas’ zornige Verzweiflung nachfühlen konnte, all die Male, wenn er nicht zu mir durchzudringen vermochte und mir doch dringend etwas mitzuteilen hatte.
    Plötzlich flog die Tür auf, ein Windstoß peitschte Regen in die Hütte. Molly hob den Kopf und richtete den Blick auf das dunkle Rechteck. »Burrich?« Es klang hoffnungsvoll.
    Mein Staunen ging unter in ihrer Dankbarkeit und ungeheuren Erleichterung, als Burrichs breitschultrige Gestalt im Türrahmen erschien. »Ich bin es nur, naß bis auf die Haut. Dörräpfel habe ich nicht mitgebracht. Nicht für Geld und gute Worte sind welche zu bekommen. Der Krämer im Dorf ist wie ausgeplündert. Hoffentlich ist das Mehl nicht naß geworden. Ich wäre früher zurückgekommen, aber dieses Unwetter...« Er trat über die Schwelle, während er redete, ein Hausvater, der von Besorgungen im Dorf heimkehrte, einen Habersack über der Schulter. Regen strömte über sein Gesicht und tropfte aus seinem Umhang.
    »Es ist soweit, es hat angefangen«, sagte Molly drängend.
    Burrich stellte den Beutel hin, um die Tür zu schließen und zu verriegeln. »Was hat angefangen?« fragte er.
    »Das Baby kommt.« Ihre Stimme klang jetzt merkwürdig ruhig.
    Er schaute sie einen Augenblick verständnislos an, dann sagte er entschieden: »Nein. Du hast nachgerechnet, ich habe nachgerechnet; es ist noch nicht die Zeit.« Fast zornig argumentierte er gegen den Augenschein an. »Noch fünfzehn Tage, vielleicht länger. Die Wehmutter, ich war heute bei ihr und habe alles besprochen. Sie sagt, sie käme in den nächsten Tagen vorbei, um...«
    Seine Stimme erstarb, als Molly erneut die Hände um die Tischplatte krampfte. Ihre Lippen zogen sich von den Zähnen zurück, während die Wehe sich in ihr entfaltete und als unbarmherzige Faust um ihren Leib schloß. Burrich stand da wie versteinert; ich hatte ihn nie so blaß gesehen. »Soll ich ins Dorf laufen und sie holen?« fragte er tonlos.
    Das Prasseln von Wasser auf dem rohen Bretterboden. Nach einer Ewigkeit holte Molly Atem. »Ich glaube, dafür ist es zu spät.«
    »Wenigstens solltest du dich hinlegen.« Burrich rührte sich noch immer nicht, dachte nicht einmal daran, seinen durchnäßten Umhang abzunehmen.
    »Ich hab’s versucht, aber es tut furchtbar weh, wenn ich liege und eine Wehe kommt. So weh, daß ich schreien muß.«
    Er nickte ruckartig wie eine Marionette. »Dann ist es wohl besser im Stehen. Natürlich.«
    Molly schaute ihn flehend an. »Es kann doch... es kann doch nicht viel anders sein als bei einem Fohlen oder einem Kalb...«
    Seine Augen wurden so groß, daß man das Weiße ringsum sehen konnte. Er schüttelte heftig den Kopf.
    »Aber Burrich, hier ist sonst niemand, der mir helfen kann. Und ich bin...« Ihre Beine gaben nach, und sie sank in sich zusammen, bis ihre Stirn auf der Tischkante ruhte. Schmerz und Angst rangen ihr einen kehligen Wehlaut ab.
    Das war es, was Burrich endlich aus seiner Erstarrung riß. Er richtete sich auf und straffte die Schultern. »Nein, du hast recht; es kann nicht so viel anders sein. Ich habe das Hunderte Male getan. Alles ganz genauso – im Grunde. Nun gut, wir werden sehen. Es wird schon gutgehen, ich muß nur...« Er riß den Umhang auf und ließ ihn zu Boden fallen, wischte sich fahrig über das Gesicht, dann kniete er neben Molly nieder. »Ich werde dich jetzt anfassen«, warnte er, und ich sah, wie Molly mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken ihre Zustimmung gab.
    Dann lagen Burrichs erfahrene Hände auf ihrem Leib, strichen mit sanften, gleichmäßigen Bewegungen von oben nach unten, wie ich es ihn hatte tun sehen, wenn eine Stute sich zu lange quälte und er den Geburtsvorgang beschleunigen wollte. »Nicht mehr lange, bald hast du es überstanden«, erklärte er. »Es hat sich schon gesenkt.« Plötzlich strahlte er Zuversicht aus, die sich auf Molly übertrug. Er half mit seinen streichelnden Bewegungen nach, als die nächste

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