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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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auf dem Übungsplatz. Ich bin nicht besser als sonst ein Mann. Ich wollte nicht denken, nicht überlegen. Ich wünschte mir, ich wäre fähig, mich auf sie zu stürzen und in ihr zu verlieren; doch statt dessen hörte ich mich fragen: »Und wenn ich dir ein Kind mache?«
    »Oh«, und sie lachte unbekümmert, als hätte sie daran nicht gedacht. »Dann kannst du mich heiraten und Maestro Dell meine Lehrjahre abkaufen. Oder auch nicht«, fügte sie hinzu, als sie sah, wie meine Miene sich veränderte. »Ein solch kleines Ding ist nicht so schwer loszuwerden, wie ein Mann vielleicht glaubt. Ein paar Silberstücke für die richtigen Kräuter – aber daran brauchen wir jetzt nicht zu denken. Weshalb sich um etwas Sorgen machen, das vielleicht nie geschieht?«
    Ja, weshalb? Ich schaute sie an und begehrte sie mit der ganzen aufgestauten Leidenschaft all meiner einsamen Monate. Doch ich wußte auch, für den tieferen Hunger nach Zuneigung und Verständnis bot sie mir nicht mehr Befriedigung, als ein Mann in seiner eigenen Hand finden kann. Ich schüttelte langsam den Kopf, eine unwillkürliche Geste der Verneinung. Sie lächelte verheißungsvoll zu mir auf und streckte die Arme nach mir aus.
    »Nein.« Ich sagte es mit fester Stimme. Sie schaute mich an, so erstaunt und verständnislos, daß ich beinahe lachen mußte. »Das ist keine gute Idee«, sagte ich und wußte, ich tat das Richtige. Meine Beweggründe hatten nichts mit Dünkelhaftigkeit zu tun, mit der Vorstellung ewiger Treue zu Molly oder mit Scham, weil ich schon eine Frau mit der Bürde eines Kindes allein gelassen hatte. All diese Gefühle kannte ich, aber nicht sie waren in diesem Augenblick entscheidend. Was ich spürte, war eine Leere in meinem Innern, die nur noch größer werden würde, wenn ich bei einer Fremden Erfüllung suchte. »Es liegt nicht an dir«, beteuerte ich, als ich sah, wie ihr das Blut in die Wangen stieg und ihr Lächeln verblaßte. »Es liegt an mir. Ich bin schuld.« Es sollte tröstend klingen, aber ich erreichte eher das Gegenteil.
    Sie sprang zornig auf. »Das weiß ich, Dummkopf«, fauchte sie. »Ich wollte nur nett zu dir sein, weiter nichts.« Zornbebend wandte sie sich ab und ging. Ich hörte die Tür des Wagens zuschlagen.
    Müde bückte ich mich nach meinem Umhang, hob ihn auf und schüttelte ihn aus. Es war kalt geworden. Ich legte mir den Umhang um die Schultern, setzte mich ans Feuer und starrte in die Flammen.

Kapitel 12
Verdächtigungen
     
    Der Gebrauch der Gabe bewirkt Abhängigkeit, alle Schüler dieser besonderen Art von Magie werden vor dieser Gefahr gewarnt. Sie besitzt eine Faszination, der schwer zu widerstehen ist. Nur der Starke vermag es. In dem Maß, wie Erfahrung und Macht des Kundigen zunehmen, wächst auch die Verlockung der Gabe. Es kann sogar soweit kommen, daß alle anderen Dinge des Lebens daneben zunichte werden. Jemand, der nicht selbst über die Gabe verfügt, wird ihren verhängnisvollen Reiz kaum begreifen können. Ein aufstiebender Schwarm Fasane an einem klaren Herbstmorgen, die volle Kraft des Windes im Segel einfangen oder der erste Löffel heiße Suppe nach einem kalten und hungrigen Tag – diese Genüsse währen nur einen Augenblick. Die Macht der Gabe vermag das Glücksgefühl zu erhalten, solange die Kraft des Kundigen reicht.
     
    Erst sehr spät kehrten die anderen ins Lager zurück. Meister Dämon war nicht mehr nüchtern und stützte sich kameradschaftlich auf Creece, ebenfalls betrunken und mürrisch und nach Glimmkraut riechend. Sie zerrten ihre Decken vom Wagen und rollten sich hinein. Niemand erbot sich, mich abzulösen. Ich seufzte, denn bis zum nächsten Abend war für mich wohl nicht an Schlaf zu denken.
    Der Tag begann früh wie stets, und die Wegweise jagte die Schläfer unnachsichtig aus den Decken. Wahrscheinlich handelte sie klug. Wenn sie ihnen gestattet hätte, nach Belieben auszuschlafen, wären die Frühaufsteher wieder in den Ort verschwunden und in absehbarer Zeit zu nichts mehr zu gebrauchen gewesen. Doch die Stimmung war entsprechend miserabel. Nur die Fuhrmänner und Merle, die Vagantin, schienen gewußt zu haben, wie man beim Trinken Maß hält. Wir kochten und teilten uns einen Topf Hafergrütze, während die anderen sich gegenseitig von ihren Kopfschmerzen und sonstigen Malaisen erzählten. Ich habe beobachtet, daß gemeinsames Trinken, besonders wenn es in ein Zechgelage ausartet, die Menschen verbindet. Als deshalb unser Herr beschloß, daß sein

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