Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
Schädelbrummen ihm nicht erlaube, seinen Platz auf dem Bock einzunehmen, überließ er ihn Creece und legte sich hinten im Karren zum Schlafen nieder. Während er schnarchte, hing Creece dösend über den Zügeln, und das Pony trottete hinter den vorausfahrenden Wagen her. Sie hatten den Leithammel ans Heck gebunden, und die Herde folgte ihm. Mehr oder weniger. Mir fiel die Aufgabe zu, Ausreißer und Nachzügler wieder auf den rechten Weg zu bringen. Der Himmel war blau, doch es blieb kühl; ein böiger Wind hüllte uns in eine Wolke aus aufgewirbeltem Staub. Ich hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan, und bald schmerzte auch mein Kopf, als wolle er zerspringen. Gegen Mittag befahl Madge eine kurze Rast. Die meisten der Nachtschwärmer hatten sich inzwischen soweit erholt, daß sie Hunger verspürten. Ich holte mir an den Wasserfässern auf Madges Wagen einen frischen Trunk; dann machte ich mein Kopftuch naß und wischte mir den gröbsten Staub vom Gesicht. Als Merle herankam, trat ich zur Seite, um ihr Platz zu machen, damit sie trinken konnte, doch statt den Schöpfer einzutauchen, sprach sie mich mit halblauter Stimme an.
    »An deiner Stelle würde ich das Tuch nicht abnehmen.« Ich wrang es aus und band es wieder um. »Das war auch nicht meine Absicht. Leider hilft es nicht gegen den Staub, der mir in die Augen fliegt.«
    Merle schaute mich an. »Es sind nicht deine Augen, um die du dir Sorgen machen solltest. Die weiße Strähne in deinem Haar – ich gebe dir den guten Rat, sie in einer stillen Minute mit Fett und Asche schwarz zu färben, damit sie nicht mehr so auffällt.«
    Ich erwiderte fragend ihren Blick und hoffte, daß mir mein Erschrecken nicht anzusehen war.
    Sie lächelte herablassend. »König Edels Soldaten waren nur wenige Tage vor uns an dem Ort am Quellsee. Sie erzählten den Leuten, der König glaube, der Narbenmann sei auf dem Weg durch Farrow. Und du mit ihm.« Sie schwieg und wartete darauf, daß ich etwas sagte. Als ich sie nur anschaute, wurde ihr Lächeln noch breiter. »Oder vielleicht ist es ein anderer Bursche mit einer gebrochenen Nase, einer Narbe an der Wange, einer weißen Strähne im Haar und...« sie zeigte auf meinen Arm, »... einer frischen Wunde von einem Schwertstreich am Unterarm.«
    Ich fand die Sprache wieder und soviel Geistesgegenwart, daß ich den Hemdsärmel hochstreifte und ihr meinen Arm hinstreckte. »Meinst du das? Das ist bloß ein Kratzer von einem vorstehenden Nagel an einer Schänkentür. Beim Hinausgehen habe ich mich daran gerissen. Sieh’s dir an, aber die Schramme ist schon fast verheilt.«
    Sie tat mir den Gefallen, beugte sich vor und betrachtete meinen Arm. »Ach ja, sehr schön. Nun, da scheine ich mich geirrt zu haben. Trotzdem«, und sie hielt meinen Blick fest, »würde ich das Kopftuch aufbehalten. Zur Sicherheit. Damit nicht noch jemandem der gleiche Irrtum unterläuft.« Sie legte eine Pause ein; dann neigte sie den Kopf in meine Richtung. »Ich bin eine Vagantin, wie du weißt. Ich bin lieber Augenzeugin der Geschichte, statt sie zu machen oder ihren Lauf zu beeinflussen. Doch ich bezweifle, daß all unsere Reisegefährten ebenso empfinden.«
    Stumm schaute ich ihr nach, als sie sich pfeifend entfernte. Ich trank noch einmal und kehrte zu meinen Schafen zurück.
    Creece schien sich etwas erholt zu haben und ging mir den Rest des Nachmittags in Maßen zur Hand. Ungeachtet dessen kam mir der Tag länger und mühseliger vor als die anderen. Die Arbeit war dieselbe wie immer, daran lag es nicht. Nein, ich hatte wieder angefangen zu denken. Über der Sehnsucht nach Molly und unserem Rind war ich unvorsichtig geworden, hatte vergessen, auf meine eigene Sicherheit bedacht zu sein. Jetzt kam mir zu Bewußtsein, wenn es Edels Häschern gelang, mich aufzuspüren, bedeutete das meinen Tod. Meine Tochter würde niemals ihren Vater kennenlernen. Zu meiner eigenen Verwunderung erschien mir das schlimmer als die Aussicht, sterben zu müssen.
    An diesem Abend setzte ich mich beim Essen weiter weg vom Feuer als sonst, auch wenn ich mich in meinen Umhang wickeln mußte, um nicht zu frieren. An meine Schweigsamkeit hatte man sich gewöhnt. Die anderen redeten um so mehr – natürlich über den feuchtfröhlichen Abend in der Schänke. Ich erfuhr, daß das Bier gut gewesen war, der Wein schlecht und der ansässige Spielmann verständlicherweise nicht sehr davon erbaut, daß Merle ihm sein Publikum abspenstig machte. Die Mitglieder unseres Trecks schienen es als

Weitere Kostenlose Bücher